Prozess um tödliches Autorennen Gutachter über Angeklagte: Aussagen "einstudiert"
Im Prozess um ein mutmaßliches Autorennen mit tödlichem Ausgang gibt es einen schweren Verdacht: Versucht die Angeklagte, das Gericht zu täuschen?
Im neuerlichen Mordprozess wegen eines verbotenen Autorennens mit zwei toten Kindern bescheinigen die Sachverständigen der Hauptangeklagten manipulative Tendenzen. Die Aussagen der 41-Jährigen "wirkten manipulativ, künstlich und einstudiert", wie der forensische Psychiater Felix Wedegärtner im Landgericht Hannover sagte.
Für die Neuauflage des Mordprozesses gilt eine Antwort auf die Frage, ob die Frau einen bedingten Tötungs- und Gefährdungsvorsatz hatte, als entscheidend. Der Prozess könnte sich in die Länge ziehen, ein zusätzlicher Verhandlungstag (25. Juli) wurde vorsorglich anberaumt.
Kommunikation der Angeklagte auf Täuschung ausgelegt
Die Kommunikation der 41-Jährigen sei strategisch und auf Täuschung angelegt, es sei "alles ganz oberflächlich", sagte Wedegärtner. Gutachterin Susanne Cordes Welzel erklärte, anhand der wenigen Materialien seien Empathielosigkeit und Verantwortungslosigkeit bei der Frau zu erkennen.
In der Neuauflage des Prozesses geht es für die 41-jährige Polin und den gleichaltrigen mitangeklagten Deutsch-Italiener um viel: Richterin Britta Schlingmann sagte zur Prozesseröffnung, es komme eine Verurteilung etwa wegen Mordes, versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung sowie wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge in Betracht.
Mögliche Mordmerkmale könnten Heimtücke und niedrige Beweggründe sein. Die Sachverständigen konnten nur wenig zur Persönlichkeit der Frau beitragen. Sie habe im Gespräch "nicht authentisch" gewirkt, sagte Wedegärtner.
Bundesgerichtshof hebt Urteil auf – Neuverhandlung
Der Fall muss am Landgericht neu verhandelt werden, weil der Bundesgerichtshof das vorherige Urteil vom April 2023 wegen Rechtsfehlern weitgehend aufhob – die Hauptangeklagte war zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden, der mitangeklagte zweite Autofahrer zu vier Jahren. Ursprünglich wurden die beiden 41-Jährigen wegen Mordes beziehungsweise Beihilfe zum Mord angeklagt, verurteilt wurden sie wegen unerlaubten Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge.
Das Landgericht sah es als erwiesen an, dass die 41-Jährigen sich im Februar 2022 auf einer Straße in Barsinghausen im Raum Hannover ein verbotenes Autorennen geliefert hatten. Demnach sollen sie mit bis zu 180 Kilometern pro Stunde nebeneinanderher gerast sein - erlaubt war Tempo 70. In einer Kurve verlor die Frau die Kontrolle über ihren Wagen, es kam zum Zusammenstoß mit entgegenkommenden Autos. Der Wagen einer Familie wurde auf einen Acker geschleudert, die angeschnallten zwei und sechs Jahre alten Jungen auf der Rückbank starben.
Tochter und Kollegen sollen Licht ins Dunkel bringen
Eine Anwältin der 41-Jährigen regte wegen der Schwierigkeiten, sich ein Bild von der Persönlichkeit der Frau ein Bild zu machen, weitere Zeugenbefragungen an. So sollten eine Tochter der Angeklagten sowie Arbeitskollegen für mehr Licht im Dunkel sorgen.
Ursprünglich waren für den Prozess drei Verhandlungstage angesetzt, die Plädoyers sollten bereits am Freitag gehalten werden. Das wurde nun auf den nächsten Termin am kommenden Mittwoch (24. Juli) vertagt, für den bisher die Urteilsverkündung vorgesehen war. Das könnte sich jetzt verzögern.
- Nachrichtenagentur dpa