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10 Euro für einen Döner in Frankfurt: Aber wo bleibt die Geschmacksexplosion?


Zehn-Euro-Klopper in der Innenstadt
Teuerster Döner Frankfurts: Wo bleibt die Geschmacksexplosion?

Von Stefan Simon, Frankfurt

Aktualisiert am 11.11.2022Lesedauer: 4 Min.
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t-online-Reporter Stefan Simon begutachtet den Döner: Einfach zu essen war er nicht.Vergrößern des Bildes
t-online-Reporter Stefan Simon begutachtet den Döner: Einfach zu essen war er nicht. (Quelle: Stefan Simon/t-online)

Der Luxus-Döner in der Frankfurt Innenstadt sieht optisch top aus, aber schmeckt er denn auch gut? Ein Selbsttest.

Nach dem vierten Bissen verliere ich plötzlich die Kontrolle über meinen Döner. Ich beiße in das Brot mit Fleisch, Gemüse und Rucola – garniert mit einer Knoblauchsoße. Doch dann spüre ich in der linken Hand einen Gewichtsverlust. Der halbe Inhalt meines Zehn-Euro-Döners fällt auf den kleinen braunen Plastikteller. Meine Wut steigt. Rund fünf Euro liegen verteilt vor mir, Soße klebt an meiner Hand. Ich resigniere.

Es ist Mittwoch, 18 Uhr. Ich sitze mit meiner Partnerin in der Frankfurter Innenstadt an einem kleinen Holztisch am "Ton Bul Grill- und Kebabhaus". Der Imbiss sorgte bundesweit für Aufsehen, weil Inhaber Ugor Yumusakbas seit Mitte Oktober den Preis für seinen Döner auf 10 Euro erhöht hat. Seine Begründung: Die Rahmenbedingungen am Fleisch- und Rohstoffmarkt hätten sich in den letzten Jahren deutlich zugespitzt. Ihm sei es wichtig, seinen Kunden weiterhin gute Produkte anbieten zu können.

Nun überlegen sicherlich einige Menschen, ob der Döner diesen Preis tatsächlich auch wert ist. Deswegen habe ich für Sie, liebe Leserinnen und Leser, den Luxus-Döner getestet.

Wir bestellen zwei Döner, beide mit Knoblauchsoße, einen mit extra Chili. Dazu ein Wasser. Preis: 23 Euro. Das Wasser soll ich mir selbst aus dem Kühlschrank holen. Ein Wasser der Marke "Hassia", 0,25 Liter für drei Euro. Na gut, auch teuer. Aber was soll's, ich bin ja schließlich für den Döner hier. Garniert wird er am Ende der Zubereitung mit Rucola und aus der Hand gepressten Zitronenspritzern.

Wir setzen uns an den Tisch. Und sind beide zunächst überfordert, wie wir den Döner am besten essen sollen. Er sieht anders aus als die üblichen mit Kalbfleisch und Gemüse befüllten Fladenbrote. Der "Ton Bul"-Döner gleicht einem Sandwich. Wir messen ihn ab: Er ist etwa 30 Zentimeter lang. Okay, für den Preis erwarte ich auch eine angemessene Größe. Wie ist der Döner befüllt? Klassisch mit rotem und weißem Kohl, Eisbergsalat, Tomaten, Gurken, dazu rote Zwiebeln und Rucola. Und natürlich das Kalbfleisch.

Ich versuche, das Teil wie ein Sandwich zu essen. Zu einer Geschmacksexplosion kommt es jedoch nicht. Das Fleisch ist trocken, das Brot zu dick, die Soße durchschnittlich. Bei einem Preis von zehn Euro erwarte ich selbstgemachte Soße und saftiges Fleisch. Da reichen etwas Rucola und ein paar Spitzer Zitronensaft nicht aus. Zu allem Überdruss steht auf unserem Tisch eine stinkende Pflanze.

Nicht nur der Döner ist vergleichweise teuer

Um uns herum sitzen einige, die auch den teuren Döner essen. Allein am Nachbartisch sitzen fünf junge Männer. Umgerechnet also 50 Euro. Ich kann es Inhaber Yumusakbas nur schwer abkaufen, dass er die Preise aufgrund steigender Kosten erhöht hat. Ein kleines Wasser für drei Euro spricht Bände und an einer hohen Qualität des Fleisches hege ich ebenso Zweifel. Zudem ist hier nicht nur der Döner teuer, andere Gerichte sind es auch. Ein vegetarischer Döner kostet zum Beispiel acht Euro. Bei einem Kebab-Imbiss etwa fünf Minuten Fußweg entfernt, kostet ein Döner zum Vergleich 6,50 Euro.

Vor fünf Monaten lag der Preis für den Döner im "Ton Bul" bei sieben Euro. Im Januar 2021, so versichert mir ein Freund, waren es noch 5,50 Euro.

Mir fällt zudem auf, dass die Gäste so aussehen, als könnten sie sich leicht für zehn Euro einen Döner gönnen. Junge Großstadthipster eben. Für mich ist der Döner immer noch das schnelle Essen für wenig Geld, das sich jeder Mensch leisten kann. Wie die Currywurst eben auch. Der Arbeiter am Flughafen wird sich wohl beim "Ton Bul" keinen Döner zum Feierabend kaufen, wenn er dafür fast einen Stundenlohn hinblättern muss.

Zurück zum Döner: Mit dem Essen klappt es zunächst auch ganz gut, bis zum verhängnisvollen vierten Biss. Mein halber Döner liegt nun also vor mir, meine rechte Hand ist voller Knoblauchsoße. Es liegt nicht an meinem Unvermögen, sondern an der schlechten Qualität des Brotes. Zur Hälfte, das sind etwa 15 Zentimeter, ist es durchgeweicht. Wie kann das nur passieren? Zu viel Knoblauchsoße? Nein, es liegt am Brot. Es hat eher die Konsistenz eines Ciabatta. Ich vermute, dass es durch das Fett der Soße aufgeweicht wurde.

Ich stehe auf und besorge ein paar Servietten. Denn nicht nur ich habe enorme Probleme, diesen Döner zu essen, sondern auch meine Partnerin. Erst tropft die Soße auf ihr neues Kleid, dann entdecke ich Flecken an ihrer linken Schulter. Sie kann sich das nicht ganz erklären. Vermutlich hat sie sich mit ihrer Hand an die Schulter gefasst, denn auch ihre Finger sind voller Knoblauchsoße.

Ich kämpfe mich durch meinen malträtierten Döner und versuche zunächst nicht mehr seitlich reinzubeißen wie bei einem Sandwich. Ich esse ihn stattdessen wie ein doppelt belegtes Käsebrot. Doch auch das misslingt, denn weiterer Inhalt verteilt sich auf meinem Teller. Ich beiße nun die offene, durchgeweichte Seite ab bis zu dem Punkt meines Brotes, das nicht wie in einem OP-Saal halb aufgeschnitten vor mir liegt. Währenddessen ist auch meine Partnerin genervt, dazu verteilen sich verbrauchte Servietten quer über dem Tisch. Dann stellt sie die stinkende Pflanze auf den Nachbartisch. Endlich.

"Höchstens fünf Euro wert"

Ich frage meine Partnerin nach ihrem Fazit des Zehn-Euro-Döners: "Er ist höchstens 5 Euro wert. Und nur weil er groß ist, heißt es auch nicht, dass er gut schmeckt. Ich glaube, die Leute lassen sich vom Preis, von der Größe und dem Rucola-Topping blenden. Außerdem erwarte ich bei dem Preis eine gute Chilisoße und keine getrockneten Chiliflocken."

Als wir aufstehen, kommt eine Gruppe Großstadtyuppies und stellt sich vor dem Verkaufsfenster an. Wir verlassen das "Ton Bul" leicht kopfschüttelnd und enttäuscht.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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