Gestrandete Passanten, lange Schlangen Lufthansa fliegt wieder – doch der nächste Streik droht
Das Reisechaos an den deutschen Flug-Drehkreuzen bringt Reisende an ihre Grenzen. Bald könnte alles von vorn losgehen. Alle Infos im Newsblog zum Nachlesen.
Inhaltsverzeichnis
- Lufthansa-Piloten stimmen über unbefristeten Streik ab
- Reisende auf vollen Flug umgebucht: "Es ist ein verfluchtes Chaos"
- "Es ist die Hölle" – Lufthansa-CEO stellt sich Demonstrierenden in München
- Münchner Lufthansa-Mitarbeiterin berichtet von verzweifelten Passagieren
- Zahlreiche Reisende stranden in Frankfurt – Flughafen kann "kaum helfen"
- "Es ist völlig grundlos, dass wir hier stehen"
- Streik-Ankündigung sorgt für Chaos am Vortag: "Die Hotline war tot"
Rund 1.000 abgesagte Flüge, über 130.000 betroffene Passagiere: Ein Streikaufruf der Gewerkschaft Verdi hatte den Betrieb der Fluggesellschaft Lufthansa mitten in der Sommer-Reisezeit zum Erliegen gebracht – doch auch am Donnerstag warten Reisende immer noch auf eine Weiterreisemöglichkeit.
Nahezu das gesamte Programm an ihren deutschen Drehkreuzen Frankfurt und München war am Mittwoch gestrichen worden, bereits am Dienstag hatte die Airline in beiden Städten Flüge canceln müssen.
Der ganztägige Warnstreik der rund 20.000 Mitarbeitenden des Bodenpersonals soll Druck bei den laufenden Gehaltsverhandlungen aufbauen. Der Arbeitsausstand lief von Mittwochmorgen um 3.45 Uhr und soll bis am Donnerstagmorgen um 6 Uhr.
Insgesamt fielen nach Angaben der Lufthansa in Frankfurt am Main 678 Flüge aus – 32 davon bereits am Dienstag. In München wurden 345 Flüge gestrichen, davon 15 am Dienstag. Betroffen waren nach Konzernangaben insgesamt 134.000 Passagiere.
- Das sind Ihre Rechte: Was tun, wenn Ihr Flug bestreikt wird?
Lufthansa-Piloten stimmen über unbefristeten Streik ab
Donnerstag, 10.55 Uhr: Bis zu den nächsten Tarifgesprächen am 3. und 4. August sind laut Verdi zwar keine weiteren Arbeitsniederlegungen beim Bodenpersonal geplant, trotzdem bahnt sich bereits das nächste Reisechaos an: Aktuell läuft die Urabstimmung der Lufthansa-Piloten über einen unbefristeten Streik.
Ab wann gestreikt wird, hängt zunächst von dem Ergebnis der Urabstimmung ab. Ein Ergebnis wird am kommenden Sonntag (31. Juli) erwartet, wie die Gewerkschaft Vereinigung Cockpits mitteilt. Dann könnte es für Urlauber heftig werden – es geht nämlich um einen unbefristeten Streik.
Gestreikt wird, wenn 75 Prozent der Mitglieder der Urabstimmung zustimmen. Der Streik wird für diesen Sommer erwartet, wenn die Urabstimmung positiv ausfällt. Genaue Termine für die Abstimmung oder Fristen nannte die Gewerkschaft zunächst nicht.
Lufthansa will Donnerstag wieder in Normalprogramm übergehen
14 Uhr: Das befürchtete Chaos an den Flughäfen blieb nach Angaben der Lufthansa aus. "Es ist weitestgehend ruhig und überschaubar", sagte eine Sprecherin der Lufthansa auf Anfrage. Zwar befänden sich "etliche" Passagiere an den Umbuchungsschaltern. Viele Reisende seien aber dem Aufruf der Lufthansa gefolgt und nicht an den Flughäfen erschienen.
Die Konzernsprecherin betonte, dass die Lufthansa damit rechne, dass "morgen nach Streikende sich der Flugbetrieb dann wirklich schnell normalisieren wird". Bereits am Donnerstag könne das geplante Flugprogramm voraussichtlich wieder umgesetzt werden.
Reisende auf vollen Flug umgebucht: "Es ist ein verfluchtes Chaos"
13.15 Uhr: Belen Amengual und Sergio Rubio haben eine Woche Ferien in Bayern und Österreich gemacht. Als sie am Dienstag die Nachricht aufs Handy bekamen, dass ihr Flug storniert wird, waren sie noch in Salzburg und ratlos. Jetzt stehen sie seit Stunden am Flughafen in der Schlange.
Lufthansa hatte sie auf einen anderen Flug bei Air Europa umgebucht. Doch die Freude hielt nicht lange an: Beim Versuch einzuchecken erfuhren sie, dass der Flug längst voll ist.
Also zurück in die lange Schlange vor dem Serviceterminal. "Es ist ein verfluchtes Chaos", sagt Rubio.
Lage in Frankfurt scheint sich zu beruhigen
12.30 Uhr: Am Terminal 1 im Frankfurter Flughafen ist die Schlange vor den Umbuchungsschaltern deutlich kürzer geworden: Etwas mehr als eine Handvoll Reisender steht am Schalter für einen Hotel-Voucher an.
Die Wartenden sind nach wie vor geduldig, wirken aber sehr müde. Die Lage scheint sich zu entspannen.
"Es ist die Hölle" – Lufthansa-CEO stellt sich Demonstrierenden in München
12 Uhr: In München ist am Rande der Kundgebung eine emotionale Diskussion zwischen den Streikenden und Jens Ritter, CEO von Lufthansa Airlines, ausgebrochen. Ritter verteidigt die Maßnahmen der Lufthansa und verweist auf Planungsunsicherheit nach der Corona-Pandemie. Das wolle das Bodenpersonal nicht akzeptieren.
"Über 250 Mitarbeiter sind während der Pandemie verschwunden", sagt Corinna Karow, die hier demonstriert. Sie seien mit Abfindungen zum Gehen bewegt worden. "Jetzt laufen wir mit zu wenig Personal jeden Tag ins offene Messer", erzählt sie. "Es ist die Hölle".
Dennis Dacke ist örtlicher Streikleiter in München und schon seit den frühen Morgenstunden vor Ort am Münchner Flughafen. "Wir wollen der Lufthansa beweisen, dass wir es ernst meinen", sagt er.
Dacke: "Die Mitarbeiter brauchen jetzt mehr Geld in der Tasche, deswegen lassen wir uns in den Tarifverhandlungen nicht abspeisen. In der Corona-Krise wurden mit unserer Hilfe Impfstoffe durch die Welt transportiert, und jetzt sollen wir nichts bekommen?"
Verdi-Streik in der Hauptstadt: BER streicht sämtliche Lufthansa-Flüge
11.45 Uhr: Passagiere der Lufthansa haben wegen des Bodenpersonal-Warnstreiks am Mittwoch auch am Hauptstadtflughafen BER ihre Flüge nicht antreten können. Die Fluggesellschaft hat sämtliche seiner rund 20 Flüge in Schönefeld gestrichen, wie der Flughafen auf seiner Internetseite mitteilt. Lufthansa fliegt von dort aus ausschließlich die innerdeutschen Drehkreuze Frankfurt und München an.
Die Lufthansa-Tochter Eurowings blieb am BER von den Auswirkungen des Warnstreiks am Mittwoch eigenen Angaben zufolge unberührt. Der Flugbetrieb laufe normal.
Lufthansa will den betroffenen Passagieren möglichst Alternativen anbieten, wie es in einer Kundeninformation heißt. Passagiere ohne Umbuchungen sollten nicht zu den Flughäfen kommen, weil dort "nur wenige oder gar keine" Serviceschalter geöffnet sein würden, teilte Lufthansa weiter mit.
"Wer es jetzt noch nicht mitbekommen hat, dem ist nicht zu helfen"
11.30 Uhr: Auch am Flughafen in Düsseldorf gibt es lange Schlangen an den Schaltern. Die Security arbeitet allerdings schnell, sodass die Wartezeit relativ kurz ist. Eine Familie berichtet am Morgen, sie habe sieben Minuten in der Schlange gewartet. Am Schalter von "Sand Air" für den Flug nach Beirut hat sich eine lange Schlange gebildet, weil er mit 20 Minuten Verspätung geöffnet hatte.
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Insgesamt sind hier am Mittwoch je zwölf Ankünfte und Abflüge gestrichen, ähnlich viele Flüge haben Verspätung. Auf der Anzeigetafel tauchen diese Flüge über den Tag verteilt immer wieder auf.
Bei all der Vorbereitung auf den Streik gibt es doch etwas Chaos: Am Schalter für British Airways staut es sich. Hier läuft eine Reisegruppe Gefahr, beim Flug über London nach New York den Anschluss zu verpassen. Auch bei TUI warten einige Passagiere inzwischen 30 Minuten. Eine Mitarbeiterin am Schalter: "Wer es jetzt noch nicht mitbekommen hat, dem ist nicht zu helfen".
Bodenpersonal demonstriert vor Frankfurter Flughafen
11.15 Uhr: Unterdessen läuft die Demonstration von rund 1.000 Streikenden des Bodenpersonals in Frankfurt am Main. Sie laufen in Richtung Lufthansa Aviation Center am Terminal 1. Vorne an der Demospitze halten sie ein Transparent mit der Aufschrift "Ready for Respekt".
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Sie pusten in ihre Trillerpfeiffen, setzen sich auf den Boden, springen auf und rufen: "Wer nicht hüpft ist Arbeitgeber."
Münchner Lufthansa-Mitarbeiterin berichtet von verzweifelten Passagieren
11 Uhr: Ähnlich sieht das in München, dem zweiten Lufthansa-Drehkreuz, aus: Die Schlange vor dem Serviceterminal der Airline wird minütlich länger. Eine Lufthansa-Mitarbeiterin, die ihren Namen nicht nennen will, sagt, die Passagiere seien verzweifelt – Tausende werden in Hotels übernachten müssen, sogar bis zu drei Nächte lang.
Derweil positioniert sich das streikende Bodenpersonal auf dem großen Vorplatz vor dem Terminal zur Kundgebung.
Zahlreiche Reisende stranden in Frankfurt – Flughafen kann "kaum helfen"
10.55 Uhr: Wegen des Verdi-Warnstreiks bei Lufthansa sind zahlreiche Passagiere am Frankfurter Flughafen gestrandet. Nach anfänglicher Leere im Terminal bildeten sich am Mittwochvormittag vor den wenigen besetzten Schaltern lange Schlangen von Reisenden. Es handelte sich Augenzeugen zufolge meist um ausländische Touristen, die ihren Weiterflug umbuchen wollten.
Lufthansa hatte die Passagiere bereits am Dienstag gebeten, sich möglichst auf digitalen Wegen mit dem Unternehmen in Verbindung zu setzen, um neue Flüge oder zwischenzeitliche Unterkünfte zu organisieren. "Hier am Flughafen können wir derzeit leider kaum helfen", sagte ein Unternehmenssprecher vor Ort.
Es sei zudem wegen der meist stark gebuchten Flüge sehr schwierig, in den kommenden Tagen alternative Reisemöglichkeiten zu finden. In einzelnen Fällen könne es sein, dass Gäste mehrere Tage lang auf ihren Weiterflug warten müssten.
"Es ist völlig grundlos, dass wir hier stehen"
10.30 Uhr: Ganz hinten in der wohl mittlerweile einhundert Meter langen Schlange steht Marco Grenz mit seinem Bruder. Die beiden wollen für vier Tage nach Mallorca fliegen, gebucht hatten sie ihre Pauschalreise über All Tours. Ihren Flug konnten sie jetzt aber nicht umbuchen – weil ihre Buchung bei der Lufthansa nicht im System zu finden sei.
"Es ist völlig grundlos, dass wir hier stehen. Um das Problem zu lösen habe ich bei Condor angefragt, ob ich den Flug dort umbuchen lassen kann. Ich hätte sogar mehr gezahlt. Es ging aber nicht", erzählt Grenz. Gestern Morgen noch teilte All Tours Grenz mit, dass mit dem Flug alles in Ordnung sei. "Bis heute habe ich keine Mail von All Tours erhalten, dass der Flug gecancelt ist".
Dennoch zeigt er Verständnis für den Streik – und kritisiert die Lufthansa. "Sie sollten schauen, dass sie hier die Probleme besser lösen, statt Verdi die Schuld zu geben."
Flughafen versorgt Wartende mit Snacks und Getränken
10 Uhr: Die Warteschlange vor den Umbuchungsschaltern wird indes immer länger. Die Menschen stehen weiter geduldig an, doch man blickt mittlerweile auch in ernste Gesichter. Wohlbemerkt, dass das Gros der Lufthansa-Passagiere gar nicht hier ist, sondern lediglich Passagiere, die ihre Flüge umbuchen wollen. Laut Verdi sind 130.000 Personen betroffen – kaum auszumalen, was hier los wäre, wäre der Streik nicht 40 Stunden vorab angekündigt worden.
Dann hätte die Lufthansa wohl nicht rechtzeitig reagieren können und am heutigen Morgen wäre am Frankfurter Flughafen das Chaos ausgebrochen – mit weniger abwartenden und geduldigen Fluggästen.
Streik-Ankündigung sorgt für Chaos am Vortag: "Die Hotline war tot"
9.15 Uhr: Mitten in der ellenlangen Schlange vor den Umbuchungsschaltern der Lufthansa steht Joachim Lodderstedt mit seiner Tochter Nadine. Eigentlich wollte Nadine heute um 15 Uhr per Direktflug nach Seoul fliegen, doch am Dienstag kam die Hiobsbotschaft der Lufthansa per SMS: Der Flug fällt aus. "Darin stand, dass wir uns an die Hotline wenden oder auf der Internetseite uns weiter informieren sollen. Aber keine Chance, die Hotline war tot", sagt Joachim Lodderstedt.
Also setzten sich Vater und Tochter noch am Dienstag ins Auto. Am Flughafen angekommen, wurde Nadine gegen 16 Uhr mit weiteren Passagieren auf eine Warteliste für den Flug nach Seoul um 21.30 Uhr gesetzt. Nach der Gepäckabgabe der nächste Rückschlag: Der Flug war überbucht. "Niemand von der Warteliste hat es ins Flugzeug geschafft", sagt Nadine. An ihr Gepäck kommt die junge Frau nicht mehr. "Mir wurde daraufhin versichert, dass heute am Streiktag jemand da wäre", berichtet sie.
Seit heute früh um 7 Uhr sind sie wieder am Flughafen. Lufthansa-Mitarbeitende teilte ihnen mit, dass das Gepäck nach oben an einen der Umbuchungsschalter geschickt werde, erzählt Joachim. Also stehen sie nun seit mehr als einer halben Stunde in der Schlange. Einen Flug soll Nadine übrigens heute auch bekommen – um 15 Uhr.
Hunderte Passagiere an den Lufthansa-Schaltern
8.30 Uhr: An Terminal 1 im Frankfurter Flughafen zeigt der Warnstreik seine Wirkung – für Lufthansa-Passagiere eine sichtbar negative. In der Halle A stehen Hunderte Passagiere vor den 15 geöffneten Lufthansa-Schaltern an, um ihre Flüge umzubuchen. Zwar konnten sich Fluggäste seit Montag auf die gestrichenen Flüge einstellen – doch offenbar haben es nicht alle geschafft, ihre Reisen zu verschieben.
Für chaotische Zustände sorgt der Ausstand bislang noch nicht: Es ist ruhig, die Passagiere warten geduldig, vereinzelt sitzen sie auf dem Boden. Man blickt in müde Gesichter.
1.023 Lufthansa-Flüge abgesagt – weitere Verbindungen betroffen
7.30 Uhr: Allein in Frankfurt müssen insgesamt 678 Flüge gestrichen werden, 32 davon bereits am Dienstag, weitere 646 am Mittwoch. Betroffen sind dort voraussichtlich 92.000 Fluggäste, teilt die Lufthansa in einer Mitteilung mit. Auch in München streicht die Airline insgesamt 345 Flüge, davon 15 bereits am Dienstag und 330 am Mittwoch. Hier seien voraussichtlich 42.000 Fluggäste betroffen.
An den dezentralen Flughäfen fallen voraussichtlich jeweils nur die Lufthansa-Flüge von und nach München und Frankfurt aus. Neben den 1.023 abgesagten Flügen mit LH-Flugnummer können weitere Verbindungen von Konzerngesellschaften wie Swiss, Austrian und Air Dolomiti kommen, da sie an den Drehkreuzen von Lufthansa-Bodenpersonal abgefertigt werden.
Die nicht bestreikte Direktflug-Tochter Eurowings geht hingegen von einem weitgehend normalen Flugbetrieb im gesamten Netz aus.
Lufthansa-Streik: Kundgebungen in Frankfurt, Hamburg und München
6 Uhr: Bestreikt werden laut Verdi verschiedene Lufthansa-Gesellschaften an den Drehkreuzen Frankfurt und München sowie in Düsseldorf, Hamburg, Berlin, Bremen, Hannover, Stuttgart und Köln. Aufgerufen sind ganz unterschiedliche Beschäftigtengruppen wie das Schalterpersonal, Flugzeugtechniker und die Fahrer der riesigen Schlepper, die Flugzeuge am Flughafen auf die richtigen Positionen bringen. Der Ausstand soll bis Donnerstag, 6 Uhr, dauern. Verdi hat zu Kundgebungen an den Flughäfen Frankfurt, Hamburg und München aufgerufen.
Die stellvertretende Verdi-Chefin, Christine Behle, die gleichzeitig auch Verhandlungsführerin im Tarifkonflikt ist, bat die Passagiere laut Mitteilung um Verständnis und wies auf die äußerst problematische Situation der Beschäftigten hin, die "vor allem durch Missmanagement verursacht" worden sei. Die Lufthansa hingegen hält den Streik für unzumutbar für Passagiere und Mitarbeitende.
- Reporter vor Ort
- Nachrichtenagentur dpa
- Mitteilung der Lufthansa vom 25. Juli und 26. Juli