Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Wohl Anschlag an NRW-Schulen verhindert Schuldirektor: "Er war ein guter Schüler, schrieb Zweien und Dreien"
In Essen konnte die Polizei wohl einen geplanten Bombenanschlag eines 16-jährigen Schülers verhindern. Wie reagiert die betroffene Schule? Der Direktor des Gymnasiums hat mit t-online gesprochen.
Eine Armbrust mit Pfeilen, 16 Rohrkörper – teilweise mit Nägeln präpariert –, Explosivstoffe, dazu rechtsextreme Schriften. Was die Essener Polizei im Kinderzimmer des 16-Jährigen sicherstellte, lässt erahnen, wie ein Szenario am Don-Bosco-Gymnasium hätte aussehen können, wäre die Polizei nicht rechtzeitig eingeschritten.
Der Schüler soll einen Bombenanschlag auf das kirchliche Don-Bosco-Gymnasium oder die Realschule Schloss Borbeck, die er bis vor etwa einem Jahr besuchte, geplant haben. Hinweise dazu waren bereits am Mittwoch bei der Polizei eingegangen, nachdem der Tatverdächtige Drohungen gegenüber Mitschülern ausgesprochen hatte.
Amokalarm in Essen: Schuldirektor äußert sich
Spezialkräfte nahmen den 16-Jährigen am frühen Donnerstagmorgen fest, die beiden Schulen blieben geschlossen. Mit zehn Sprengstoff-Spürhunden durchsuchten Einsatzkräfte bis zum späten Nachmittag die Schulgebäude im Essener Stadtteil Borbeck. Mehr als 120 Beamte waren im Einsatz.
Gegen 16 Uhr kam dann die Entwarnung: Gefährliches Material hatte der Schüler noch nicht in den Schulen deponiert. "Das war eine ziemliche Erleichterung", sagt der Direktor des Don-Bosco-Gymnasiums, Pater Otto Nosbisch, im Gespräch mit t-online.
Der Schock, als die Schule von dem bedrohlichen Verdacht erfuhr, habe tief gesessen. "Das, was uns die Hinweisgeber schon am Vortag schilderten, klang sehr glaubwürdig, das hat uns bestürzt", berichtet Nosbisch. Die Polizei habe geholfen, diesen Schock "zu versachlichen".
"Die Anwesenheit der Polizei sowie die Gespräche mit den Einsatzkräften waren sehr beruhigend. Wir hatten das Gefühl, in guten Händen zu sein", so der Direktor. Die Polizei hatte die Schulgelände bereits früh am Morgen abgesperrt, die Schulgemeinschaft war dazu aufgefordert worden, zu Hause zu bleiben.
Schüler soll "unauffällig" gewesen sein
"Nicht jeden hat diese Nachricht pünktlich erreicht", sagt Nosbisch. Die Beamten hätten die Schülerinnen und Schüler aber behutsam nach Hause geschickt. "Wir sind froh, nun sagen zu können: Es bestand zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für unsere Schulgemeinschaft", so der Pater.
Der 16-Jährige habe das Gymnasium erst seit etwa einem Jahr besucht. "Er war ein guter Schüler, schrieb Zweien und Dreien", erzählt Nosbisch. Als "unauffällig" beschreibt er den Jugendlichen. "In keiner Weise hätte man rechtsextremistisches Gedankengut oder solche Pläne vermutet. Aber man kann natürlich nicht hinter die Menschen schauen."
Vorfall wird aufgearbeitet
Am Freitag bleibt die Schule noch geschlossen, der reguläre Schulbetrieb wird erst am Dienstag wieder aufgenommen. Am Montag finden mündliche Abiturprüfungen statt. "Das Lehrerkollegium kommt am Freitag zusammen, auch ein Psychologe wird dabei sein", informiert der Schuldirektor.
In den einzelnen Klassengemeinschaften würden die Lehrerinnen und Lehrer dann den Vorfall aufarbeiten. "Wir werden fragen: Wo sind noch Ängste? Welche Probleme sind aufgetaucht? Muss in Einzelfällen vielleicht weitere Hilfe eingeschaltet werden?" Man sei in engem Kontakt mit dem schulpsychologischen Dienst, berichtet Nosbisch.
"Enge und ruhige Gemeinschaft"
Carolin Klein (Name geändert) war Schülerin am Don-Bosco-Gymnasium, heute ist sie selbst Lehrerin. Die Nachricht über den Vorfall hat sie schockiert. "Das passt überhaupt nicht zur Schule. Sie hat eine sehr enge und ruhige Gemeinschaft", sagt sie. In Ehemaligen-Gruppen habe am Donnerstagmorgen eine Frage dominiert: "Hast du schon mitbekommen?", berichtet Klein.
Bei ihr hat die Meldung Erinnerungen geweckt. "Vor vielen Jahren gab es schon einmal eine Amokdrohung – aber das war etwas ganz anderes", erinnert sie sich. Damals sei auf eine Tafel eine entsprechende Drohung geschrieben worden. "Im Endeffekt hat man einen schlechten Scherz vermutet.
Jemand wollte wohl nur an dem Tag nicht zur Schule, wegen einer Klassenarbeit." Das jetzige Szenario sei deutlich bedrohlicher gewesen. Nun habe sie es aus Lehrerperspektive verfolgt. "Ich würde nun mit meinen Schülern sprechen – über mentale Probleme, aber auch die Gefahren des Rechtsextremismus", sagt sie.
- Eigene Recherchen
- Gespräche mit Schuldirektor und Lehrerin des Don-Bosco-Gymnasiums