Essen Sturmtief wirbelt durch NRW: Bahnverkehr massiv betroffen
Ein Sturmtief hat am Donnerstag in Nordrhein-Westfalen vor allem Bahnreisende ausgebremst. Im Nahverkehr sollte es bis spätabends noch zu Zugausfällen zwischen Köln und Bergisch Gladbach sowie Solingen, Düsseldorf und Hilden kommen. Dort waren aufgrund von Unwetterschäden und Reparaturarbeiten keine Zugfahrten möglich, wie die Deutsche Bahn mitteilte.
Den Fernverkehr hatte die Deutsche Bahn am Donnerstagvormittag im gesamten Bundesland mehr als drei Stunden lang komplett eingestellt. Erst ab dem Mittag rollten auf den wichtigen Strecken von Berlin oder Hamburg wieder erste Schnellzüge. Andere Verbindungen etwa über Wuppertal oder zwischen Köln und Düsseldorf blieben zunächst unterbrochen. Am Abend aber waren auch hier die Züge wieder unterwegs, wenn auch zum Teil laut Abfahrtstafeln der Bahn mit erheblichen Verspätungen.
Auch im Regionalverkehr sorgten umgestürzte Bäume und auf die Gleise und in die Oberleitungen gewehte Äste oder Gegenstände für Zugausfälle und zum Teil erhebliche Verspätungen. Die Reparaturtrupps seien zu mehr als einem Dutzend unwetterbedingten Schadensstellen ausgerückt, sagte ein Bahnsprecher. Wie lange es dauert, bis der Schienenverkehr nach dem Sturm wieder reibungslos läuft, sei zunächst nicht absehbar, hieß es am Nachmittag.
Auch die Feuerwehr war seit der Nacht landesweit zu Hunderten Einsätzen ausgerückt - dramatische Sturmauswirkungen wurden jedoch nicht bekannt. Es wurden vor allem umgekippte Bäume und herabgestürzte Äste gemeldet, die vereinzelt Bahnstrecken oder Straßen blockierten oder geparkte Autos beschädigten.
"Gott sei Dank sind größere Schäden bislang ausgeblieben", teilte Innenminister Herbert Reul (CDU) am Mittag mit. Reichlich zu tun hatten die rund 1800 Einsatzkräfte der Feuerwehren dennoch: Allein bis zum Morgen seien sie zu 366 Einsätzen ausgerückt. Vor allem in den Regierungsbezirken Arnsberg und Köln häuften sich die Einsätze.
Im Tagesverlauf hielten umgestürzte Bäume, umherwehende Bauzäune oder herabfallende Dachziegel die Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr weiter auf Trab - allein im Märkischen Kreis wurden mehr als 100 sturmbedingte Einsätze registriert. In Lüdenscheid kippte eine Ampel um, in Essen wehte ein Kreuz von einer Kirchturmspitze, blieb aber am Blitzableiter in großer Höhe hängen. Später holten Höhenretter der Feuerwehr das Kreuz vom Turm.
In Ratingen gab es drei Leichtverletzte, als ein Stand auf einem Wochenmarkt vom Wind umgeweht wurde. Zwei Zelte, die unter anderem als Corona-Testzentrum genutzt wurden, mussten in der Landeshauptstadt gesichert werden, wie die Düsseldorfer Feuerwehr meldete.
In einigen Städten wie Köln und Dortmund blieb der Zoo geschlossen. Duisburg verzichtete an einigen Standorten auf Impfungen. Auch der Essener Grugapark öffnete am Donnerstag vorsichtshalber nicht. In Köln wurde ein Teil des Dom-Vorplatzes gesperrt - "Vorsicht Steinschlag" war auf Warnschildern zu lesen.
Zahlreiche Städte, Polizeibehörden und Feuerwehren mahnten Bürger angesichts herabstürzender Äste und umgefallener Bäume zur Vorsicht. "Vermeidet nach Möglichkeit den Aufenthalt im Freien", empfahl die Feuerwehr Neuss via Twitter. "Wer jetzt die Anlagen und Wälder betritt, begibt sich in Lebensgefahr", warnte die Feuerwehr in Mönchengladbach. "Passt weiter auf euch auf", hieß es bei den Kollegen aus Dortmund.
In Grevenbroich schimpfte der Feuerwehrsprecher, die Einsatzkräfte seien auch gerufen worden, obwohl kein Eingreifen nötig gewesen sei: "Bei Ästen mit zwei bis drei Zentimetern Durchmesser auf Straße oder Gehweg sollte geprüft werden, ob auch wirklich eine Behinderung oder Gefahr besteht", sagte er laut Mitteilung.
Im Oberbergischen Kreis erwischte es eine Autofahrerin: Bei einem durch den Sturm ausgelösten Unfall wurde die 36-Jährige in Nümbrecht schwer verletzt. Wie die Polizei mitteilte, war die 36-Jährige auf der Landstraße 320 unterwegs, als der Baum auf das Dach ihres Autos kippte. Die Fahrerin verlor die Kontrolle über das Fahrzeug, kam von der Fahrbahn ab und überschlug sich.
Der Herbststurm war seit der Nacht über Nordrhein-Westfalen hinweggezogen. Laut Deutschem Wetterdienst (DWD) wurden dabei an vielen Messstellen schwere Sturmböen gemessen - in Wuppertal sogar Windgeschwindigkeiten von 117 Stundenkilometern. Den Angaben einer DWD-Meteorologin zufolge waren die ersten schweren Sturmböen in den frühen Morgenstunden des Donnerstags in der Eifel aufgekommen. Das Sturmfeld habe sich dann vor allem über das Bergland nach Osten bewegt.
Der Norden des Bundeslandes sei von den ganz kräftigen Böen stärker verschont geblieben. Zwar sollte bis zum Abend eine durchziehende Kaltfront die eine oder andere Sturmböe und Regen bringen. "Das Gröbste ist aber durch", stellte die Meteorologin am frühen Nachmittag fest.
Nach Angaben des Tornado-Experten des DWD, Andreas Friedrich, hatte es bereits am Mittwochabend im Grenzgebiet NRW-Niederlande einen Tornado gegeben. "Er hatte aber nur wenige Minuten Bodenberührung. Über größere Schäden ist nichts bekannt." Der Tornado sei im Gebiet zwischen Emmerich am Niederrhein und Heerenberg in der NL-Provinz Gelderland aufgetreten. Der Bodenkontakt habe sich auf niederländischer Seite ereignet. Zuvor hatte der WDR berichtet.