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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kita-Todesfälle in NRW "Unsere Kinder sind grundsätzlich sicher"

Zwei Todesfälle an zwei Tagen in Kitas in NRW:
In Nordrhein-Westfalen sind am Montag und Dienstag zwei Kinder in Betreuungseinrichtungen verstorben. "Derartige Unglücksfälle sind immer furchtbar", sagt Klaus Bremen, NRW-Landesvorsitzender des Deutschen Kitaverbandes. Es handele sich dabei um "tragische Unfälle, von denen nicht feststeht, ob sie vermeidbar gewesen wären. Dem muss man auf jeden Fall nachgehen." Es müsse geprüft werden, ob ein menschliches Versagen vorliegt.
Wie genau es zu den Unglücken kam, ist noch unklar. Im Gelsenkirchener Fall veröffentlichte die Oberstaatsanwaltschaft am Mittwoch aber das Ergebnis der Obduktion: Der zweijährige Junge erstickte in seinem Bett. In Lemgo hatte ein Fünfjähriger bisherigen Erkenntnissen der Polizei zufolge am Dienstagmittag an einem auf dem Gelände der Kita im Ortsteil Lieme abgestellten Fahrzeuganhänger mit kippbarer Ladefläche gespielt. Er war dann zwischen der Kippvorrichtung und dem Fahrgestell des Anhängers eingeklemmt worden. Auch er starb.
Forderung nach mehr Personal
"Selbstverständlich trägt eine gute Personalausstattung vor allem dazu bei, die Sicherheit der Kinder zu erhöhen", so Bremen. Aber obwohl in Nordrhein-Westfalen im Bereich der Kitas Erzieherinnen und Erzieher fehlen, gebe es mit Blick auf die Unglücke "keinen notwendigen Zusammenhang zur Personalsituation", sagt Bremen. "Es hat auch schon Unfälle gegeben, bei denen drei Erwachsene danebengestanden haben."
Laut einer Auswertung der Bertelsmann Stiftung muss eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft in Nordrhein-Westfalen auf durchschnittlich 8,5 ganztagsbetreute Kindergartenkinder aufpassen. "Gemäß wissenschaftlichen Empfehlungen sollte der Personalschlüssel für Kinder ab drei Jahren bei 1 zu 7,5 liegen", heißt es da. Die Personalsituation im Land sei schwierig, berichtet auch Bremen, und Kita-Leitungen seien deshalb besorgt. Er erwartet insbesondere vom Land deutlich stärkere Anstrengungen, um für mehr Fachkräfte zu sorgen.
Keine pauschale Lösung des Problems
In Kindertageseinrichtungen, so wie in Lemgo, liegt die Frage der Sicherheit zunächst bei dem Träger. Dieser ist in der doppelten Verantwortung, da er sowohl für die Sicherheit der Kinder als auch für die der Mitarbeiter sorgen muss.
In Lemgo hat die Polizei nun Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung gegen einen 46-Jährigen eingeleitet. Er soll den Anhänger auf dem Gelände abgestellt haben. Den Angaben zufolge gehört der Kippanhänger dem kirchlichen Träger des Kindergartens und war für die Entsorgung von Sperrmüll auf dem Grundstück geparkt. Zum Zeitpunkt des Unglücks sei er aber noch nicht beladen gewesen. In Gelsenkirchen ermittelt die Polizei gegen zwei Erzieherinnen im Alter von 24 und 36 Jahren.
Eine Lösung, solche "erschütternden Tragödien" pauschal zu verhindern, gebe es aus Sicht von Bremen nicht. Eines sei jedoch klar: "Kleinkinder brauchen unsere besondere Fürsorge, Aufsicht und Zuwendung. Wenn es dann solche Unglücke gibt, dann sind das überhaupt keine guten Nachrichten."
- Gespräch mit Klaus Bremen, NRW-Landesvorsitzender des Deutschen Kitaverbandes
- Eigene Recherchen
- Länder-Monitoring der Bertelsmann-Stiftung vom August 2021
- Mit Informationen der Nachrichtenagenturen dpa und AFP