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Jan Böhmermann vs. Imker aus Meißen: Chancen in zweiter Instanz?


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Kurioser Streit mit Imker
Wie stehen die Chancen, dass Böhmermann in zweiter Instanz gewinnt?

InterviewVon Marvin Graewert

Aktualisiert am 10.06.2024Lesedauer: 3 Min.
Imker Rico HeinzigVergrößern des Bildes
Imker Rico Heinzig neben einem Plakat mit dem Foto von Jan Böhmermann: Laut Landgericht muss sich der ZDF-Moderator die satirische Reaktion auf die Sendung gefallen lassen. (Quelle: Sebastian Kahnert/dpa/dpa-bilder)

Der Rechtsstreit zwischen Jan Böhmermann und einem sächsischen Imker geht in die nächste Runde. Eine Rechtsexpertin erklärt, warum der Satiriker wohl erneut den Kürzeren ziehen dürfte.

Jan Böhmermann ist vor Gericht gezogen, weil sein Bild ungefragt auf dem Etikett eines Honigglases eines sächsischen Imkers verwendet worden ist. Auslöser war ein Beitrag in Böhmermanns Sendung "ZDF Magazin Royale" im November 2023.

Der TV-Satiriker beschuldigte Imker Rico Heinzig mit Bienenpatenschaften sogenanntes "Beewashing" zu betreiben – ein Wortspiel aus Greenwashing und dem englischen Wort für Bienen. Als satirische Reaktion darauf brachte Heinzig einen "Beewashing"-Honig heraus – und warb dafür in einem Dresdner Supermarkt mit Böhmermanns Bild.

Wie stehen Böhmermanns Chancen dieses Mal? Medienrechtlerin Linda Kuschel erklärt im Interview mit t-online, worauf es in diesem Rechtsstreit ankommt und woran sich das Gericht orientieren dürfte.

t-online: Frau Kuschel, wird der Böhmermann-Prozess in die Rechtslehrbücher eingehen?

Linda Kuschel: Ich glaube nicht, dass anhand des Falls neue rechtliche Grundsätze entwickelt werden. Was in Dresden verhandelt wird, ist rechtlich nicht ganz neu.

An welchen vergleichbaren Fällen kann sich das Oberlandesgericht orientieren?

Es gibt eine Reihe von höchstrichterlichen Entscheidungen, was die Nutzung von Bildnissen Prominenter für Werbezwecke angeht. Das begann schon in den 1950ern, als sich beispielsweise Paul Dahlke gegen die Nutzung eines Fotos von sich auf seinem Lambretta-Motorroller wehrte. Am ehesten vergleichbar mit dem Böhmermann-Prozess sind die Verfahren gegen die Autovermietung "Sixt" Anfang der 2000er.
Auf einem Plakat etwa hatte die Firma Fotos des damaligen Bundeskabinetts, darunter ein durchgestrichenes Bild von Oskar Lafontaine, abgebildet, mit dem Text: "Sixt verleast auch Autos für Mitarbeiter in der Probezeit." Diese Fälle gehen in eine ähnliche Richtung.

(Quelle: Martin Bieling)

Prof. Dr. Linda Kuschel

ist Juniorprofessorin an der Bucerius Law School, Hamburg. Sie studierte Rechtswissenschaften an der Universität Freiburg und der Harvard Law School, USA. Sie forscht und lehrt u.a. auf den Gebieten des Urheberrechts und des Medienrechts und beschäftigt sich insbesondere mit Rechtsfragen der Digitalisierung.

Ist dieser Fall nicht grundlegend anders, weil Böhmermann mit seiner Satire zumindest einen Anlass für eine Reaktion geboten hat – im Gegensatz zu "Sixt"?

Bei potenziellen Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wird in der Tat berücksichtigt, wie sehr der Betroffene ausgeteilt hat und dementsprechend auch einstecken muss. Bei der rechtlichen Bewertung von Werbung steht hingegen meist die Frage im Mittelpunkt, ob der Eindruck entsteht, der Abgebildete wolle das Produkt bewerben, also der Image- und Werbewert ausgenutzt wird. Wenn eindeutig erkennbar ist, dass es Satire ist, ist das nicht mehr der Fall. Deshalb würde ich sagen, dass der Imker-Fall durchaus mit den "Sixt"-Fällen vergleichbar ist. In beiden Fällen wird aus dem Kontext klar, dass die Prominenten das Produkt nicht bewerben wollen.
Die vorausgegangene Sendung von Jan Böhmermann ist Teil dieses Kontextes. Letztlich läuft es immer auf eine Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht, genauer: dem Recht am eigenen Bild, auf der einen Seite und der Meinungsäußerungsfreiheit des Werbenden sowie dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf der anderen Seite hinaus.

Für die Richterin der Vorinstanz war ein wesentliches Argument, dass es sich um ein limitiertes Angebot handelte und daher die kaufmännische Absicht nicht im Vordergrund stehe.

Das ist sicherlich ein relevanter Faktor, allerdings wären Geschäftsinteressen nicht zwingend schädlich: Die Meinungsäußerungsfreiheit erstreckt sich auch auf reine Wirtschaftswerbung, wenn sie denn einen informativen oder meinungsbildenden Inhalt hat. Die limitierte Version wäre dann wieder insofern relevant, als dass das Produkt nur für einen gewissen Zeitraum verkauft wird und nicht mehr in fünf Jahren, wenn die Erinnerung an die Sendung so weit verblasst ist, dass der Zusammenhang nicht mehr hergestellt werden kann.

Wie hoch sind die Chancen, dass Böhmermann diesmal Recht bekommt?
Ich halte die Argumentation der Richterin des Landgerichts insgesamt für schlüssig. Es würde mich überraschen, wenn die Berufungsinstanz es anders sieht.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Linda Kuschel
  • youtube.com: Videoreihe zum Urheberrecht mit Linda Kuschel
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