Videomaterial auf weitere Straftaten untersucht Nach "Tag X"-Demo: Polizei ermittelt gegen erste eigene Beamten
Nach dem Polizeieinsatz am "Tag X" in Leipzig laufen die ersten zwei Ermittlungsverfahren, zwei weitere Prüffälle gibt es auch. Ist das erst der Anfang?
Die Dresdner Polizei ermittelt nach dem Polizeieinsatz am 3. Juni in Leipzig gegen zwei Polizeibeamte. Es bestehe der Anfangsverdacht einer Straftat durch Polizisten im Zusammenhang mit den "Lina-E.-Demonstrationen", teilte das Innenministerium mit.
Zudem sollen durch die Leipziger Polizei zu zwei weiteren Sachverhalten sogenannte Prüfvorgänge angelegt worden sein, bei denen eine abschließende rechtliche Würdigung noch ausstehe. Auch hier erfolgt die Prüfung durch die Dresdner Kriminalpolizei.
Leipzig: Auswertung des Videomaterials dauert noch Wochen
Nach dem Urteil gegen Lina E. Ende Mai wegen linksextremistischer Gewalttaten war es in den folgenden Tagen in Leipzig immer wieder zu Krawallen gekommen. Am 3. Juni eskalierte die Situation, als Polizisten während einer Demonstration mit Steinen, Flaschen, Böllern und einem Molotowcocktail attackiert wurden. Über 1.000 Demonstranten – darunter auch Minderjährige – wurden daraufhin von der Polizei bis zu elf Stunden hinweg eingekesselt und festgehalten. Manche Teilnehmenden hätten schlecht Luft bekommen. Kritiker werfen der Polizei vor, dass das stundenlange Festhalten der Demonstranten rechtswidrig gewesen sei.
Das gesamte Videomaterial des Polizeieinsatzes in Leipzig auf Straftaten zu überprüfen, würde noch Wochen in Anspruch nehmen, bestätigte Polizeisprecher Thomas Geithner t-online. In den nächsten Wochen könnten deshalb weitere Ermittlungsverfahren hinzukommen. Auch weil davon auszugehen sei, dass Strafanzeigen gegen Polizisten erst noch eingehen würden – da sich die Betroffenen im Regelfall erst mit Anwälten beraten würden.
"Überzogene Gefahrenprognose" als Grundlage
Mit den Krawallen und dem Vorgehen der Einsatzkräfte beschäftigte sich am Mittwoch auch der Leipziger Stadtrat. Ratsmitglieder der Grünen und der Linken sprachen von einem "völlig überzogenen Polizeieinsatz", der eines Rechtsstaates "unwürdig" gewesen sei. Zudem habe der Allgemeinverfügung der Stadtverwaltung zum Verbot zahlreicher Demonstrationen eine "überzogene Gefahrenprognose der Polizei und des Verfassungsschutzes" zugrunde gelegen.
"Die Stadt sollte jetzt eine aktive kritische Rolle einnehmen", sagte Juliane Nagel von den Linken. Die Landtagsabgeordnete, die die Demonstration am 3. Juni begleitet hatte, forderte für die Zukunft ein "differenziertes Vorgehen und das Ende des unwürdigen Spiels der Pauschalisierung".
Der sächsische Innenminister Armin Schuster (CDU) verteidigt den Einsatz: "Ich bin der festen Überzeugung, dass diese Einsatzführung die verhältnismäßigste Möglichkeit war, in Leipzig keine Scherben-Demo zu haben".
- Telefonat mit Pressestelle des Sächsischen Staatsministerium des Innern und Staatsanwaltschaft Leipzig
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa