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Zum journalistischen Leitbild von t-online.8,88 Euro für eine Currywurst Nazi-Symbolik: Neonazis feiern Gastronomen
Ein sächsischer Gastronom wettert gegen Nato und Grüne. Eine Neonazi-Kleinstpartei feiert ihn – auch wegen rechtsextremer Botschaften auf der Speisekarte?
Wer sich politisch mitteilen will, hat meistens eine Vielzahl an Gelegenheiten: eine Fahne im Fenster, ein Slogan auf dem Shirt – oder einige spitz formulierte Sätze auf der Quittung seines Restaurants. Letzteren Weg hat Robert Chylla, Inhaber der Görlitzer Kneipe "Zur Schwarzen Kunst", gewählt. Seine Botschaft lautet: "Die Verbundenheit zu dem Russen ist stark! Amerikaner (...), holt euch euer eigenes Land zurück und zieht ab! Nato weg!"
In einem weiteren Statement via Bewirtungsbeleg fordert Chylla die Gäste auf, unsere "legga Bräu" zu "saufen", "solange wir noch mit CO2 zapfen dürfen". Die Reaktion der Gäste ist gemischt: Eine Google-Bewertung hat einen von fünf Sternen, nennt die Statements ein No-Go. Eine Vier-Sterne-Bewertung lobt das gute Essen und teilt ein Foto der Rechnung.
Bissige politische Statements, die bei Twitter für einiges an Verstimmung sorgen – schön und gut. Doch Betreiber Robert Chylla ist in und um Görlitz kein Unbekannter. Nach einer Kontrolle seines Lokals während der Corona-Pandemie hatte Chylla sowohl digital (in einem Facebook-Post) als auch analog (in einem Anschlag an der Tür seines Lokals) getobt – gegen die "Coronafaschisten im Sächsischen Landtag". Das berichtete im November 2021 die "Sächsische Zeitung".
Nazi-Codes auf sächsischer Speisekarte?
Auch nach dem Lockdown hatte Chylla scheinbar wenig Appetit auf Ruhe. Die Schankwirtschaft "Zur Schwarzen Kunst" kehrte mit einer überarbeiteten Karte zurück – auf der Gästen ungewöhnliche Preise auffielen: Ein Brotzeitbrett kostet 14,88 "Mark", "Körriwurscht" 8,88. Alles Ergebnis wirtschaftlicher Notwendigkeiten und knallharter Kalkulation, erklärte Chylla damals der "Sächsischen Zeitung" – doch spätestens beim Wechselgeld dürften solche Preise unpraktisch werden.
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Die Zahlen, erklärte damals Petra Schickert vom Kulturbüro Sachsen, könnten Codes der rechten Szene sein. Nach Angaben der Konrad-Adenauer-Stiftung sind besonders zwei davon interessant: "88 findet als bekanntester Code der rechtsextremen Szene weltweite Verwendung. Sie steht für zweimal den achten Buchstaben im Alphabet (H). 88 ist in der rechtsextremen Szene das Synonym für den verbotenen Hitlergruß, da 'Heil Hitler' zweimal mit dem achten Buchstaben des Alphabets beginnt."
Görlitzer Brauerei "Bierblume" beendet Kooperation
Die 14 stehe für eine Art Kurzmanifest, ein Glaubenssatz, der in 14 Worten rassistische Ideologie zum "Schutz weißer Kinder" umdeutet. Zusammenstehend (also beispielsweise im Brotzeitpreis von 14,88 "Mark") stünden die 14 und 88 für eine Kombination aus dem Hitlergruß und diesem rassistischen Glaubensbekenntnis.
Die Betreiber der Görlitzer Brauerei Bierblume hatten aufgrund dieser Speisekarte bereits im Oktober 2020 erklärt, die Zusammenarbeit mit Chylla zu beenden. Sie könnten das ihren Kunden sonst nicht erklären, sagten sie der "Sächsischen Zeitung".
"Freie Sachsen" feiern "Zur Schwarzen Kunst"
Die Unterstützung aus anderer Ecke ist Chylla dagegen sicher: Die "Freien Sachsen" haben die Kneipe "Zur Schwarzen Kunst" für sich entdeckt. Der sächsische Verfassungsschutz sieht in der Kleinstpartei unter anderem "Rechtsextremisten, Neo-Nationalsozialisten, NPD-Funktionäre und rechte Sympathisanten" versammelt und hat die Partei als verfassungsfeindlich eingestuft.
"Danke den Betreibern der 'Schwarzen Kunst' in Görlitz", heißt es in einem Telegram-Beitrag, in dem die "Freien Sachsen" die Weihnachtsbotschaft Chyllas teilen. Den Kassenbon mit der prorussischen Botschaft kommentieren die "Freien Sachsen" mit den Worten: "Das ist mal ein Statement" – und drei Applaus-Emojis.
Eine t-online-Anfrage vom Mittwochmorgen hat Robert Chylla nicht beantwortet.
- Eigene Recherchen
- saechsische-zeitung.de: "Görlitzer Kneipenwirt im Kreuzfeuer" vom 30. Oktober 2020
- saechsische-zeitung.de: "Görlitzer Wirt läuft verbal Amok gegen Corona-Politik"
- verfassungsschutz.sachsen.de: "Sächsischer Verfassungsschutzbericht 2021", Seite 57
- kas.de: "Rechtsextreme Codes"
- schankwirtschaft-zur-schwarzen-kunst-german-restaurant.business.site: Website der Kneipe "Zur Schwarzen Kunst"
- Schriftliche Anfrage an Robert Chylla