Historisches Spiel an der Weser Werder gegen Maradona: Ein Sieg für die Ewigkeit
Es gilt bis heute als eines der größten Fußballwunder mit deutscher Beteiligung: Am 6. Dezember 1989 schickte Werder Bremen den SSC Neapel um Diego Maradona mit einer krachenden Pleite zurück nach Italien.
Bei manchen Fußballspielen scheint die Geschichte schon vorab geschrieben. Der SSC Neapel war Anfang Dezember 1989 souveräner Tabellenführer der Serie A in Italien und eines der heißesten Teams in ganz Europa. Werder Bremen lag dagegen nur im oberen Mittelfeld der Bundesliga, immerhin mit den Europapokalplätzen im Blick. Im Achtelfinale des Uefa-Pokals 1989/90 trafen sich die zwei ungleichen Mannschaften zum direkten Duell.
Bei Werders Schatzmeister Manfred Müller sorgte die Auslosung für glänzende Augen: "Das wäre ein Hammer. Fernseh- und Werbeeinnahmen würden das Eintrittsgeld der Zuschauer im ausverkauften Weserstadion um ein Vielfaches übertreffen", jubelte er. Mitten in der Nacht stellten sich die Fans schon an den Kassenhäuschen des Bremer Stadions an, um Tickets für das Spiel zu kaufen.
Willi Lemke: "Nikolaustag, wie ihn Bremen noch nicht erlebt hat"
Undenkbar aus heutiger Sicht: Die Fußballverbände aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein verhinderten eine TV-Übertragung des Hinspiels. Vom DFB hieß es damals nur: "Es sind in diesen Regionen Punktspiele zur gleichen Zeit angesetzt. Wir müssen unsere Vereine schützen." So durfte die ARD nur eine Zusammenfassung zeigen. Die sollte sich lohnen: Werder verspielte am 22. November in Neapel erst eine 2:0-Führung, ehe Wynton Rufer in der 90. Minute das 3:2 schoss. Völlig überraschend lag Werder nach dem ersten der zwei Duelle also in Führung.
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Manager Willi Lemke, im August 2024 verstorben, brannte danach auf das Rückspiel: "Das wird ein Nikolaustag, wie ihn Bremen noch nicht erlebt hat." 38.500 Zuschauer saßen am 6. Dezember 1989 im Weserstadion und hofften auf die große Sensation. Aus Neapel kamen nur 600 Fans mit, die Bremer hätten locker 90.000 Tickets verkaufen können. Wer keine Karte bekam, durfte wenigstens jetzt vor dem Fernseher live mitfiebern.
Werder Bremen fegt den SSC Neapel aus dem Weserstadion
Willi Lemke hatte wie so oft den richtigen Riecher. Otto Rehhagels Männer fegten Neapel mit 5:1 aus dem Weserstadion. Karl-Heinz Riedle traf doppelt, Wynton Rufer, Gunnar Sauer und Dieter Eilts machten den Deckel drauf. Das zwischenzeitliche 1:3 Neapels durch Careca war nicht mal mehr Ergebniskorrektur.
"Oh wie ist das schön, oh wie ist das schön!", hallte es danach durch das Weserstadion, und: "Maradona, Maradona, ha ha ha". Der Weltmeister von 1986 blieb blass. "Maradonas Angriffsgelüste wurden dem Argentinier wechselweise durch Votava und Bockenfeld verdorben. So bestimmten allein die Bremer die Musik", stand einen Tag nach dem Spiel im "Kicker".
"Bremer Stadtmusikanten haben Neapel den Marsch geblasen"
"Das war der schönste Abend, seit ich in Bremen bin", hielt Otto Rehhagel nach Abpfiff fest. Deutlich emotionaler äußerte sich die italienische Sportpresse. Die "Gazzetta dello Sport" holte zum Rundumschlag aus: "Wir haben einen homerischen Fall und ein beschämendes Aufgeben erlebt!" Im "Corriere dello Sport" hieß es: "Die Bremer Stadtmusikanten haben Neapel den Marsch geblasen. Es war kein ehrenhafter Abgang. Neapel hat auf beschämende Weise aufgegeben."
Für Werder Bremen war es auch finanziell ein lukrativer Abend: Durch Sponsoreneinnahmen, TV-Gelder, Uefa-Prämien und die Ticketverkäufe soll der Verein allein mit dem Neapel-Rückspiel 3,7 Millionen Mark brutto eingenommen haben.
Im Viertelfinale schaltete Werder noch Lüttich (4:1, 0:2) aus, im Halbfinale war dann gegen Florenz (0:0, 1:1) unglücklich Schluss – nur wegen der damals noch geltenden Auswärtstorregelung blieb den Bremern der Sprung ins Finale verwehrt.
- Eigene Recherche
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- Kicker: Ausgabe 99/1989 vom 7. Dezember 1989 (PDF)