Deutsch-niederländische Dollard Route Diese Fahrradstrecke gehört zu den schönsten im Nordwesten
Flach, aber keineswegs langweilig präsentiert sich die Dollard Route an der Grenze zu den Niederlanden. Sie gehört zu den schönsten Radrouten der Region.
Internationale Dollard Route – das klingt nach Sport. Und manchmal ist es das auch. Vor allem, wenn der Wind von vorn bläst. Ein E-Bike ist dann eine segensreiche Sache. Ansonsten ist die Landschaft links und rechts des Dollart – dieser großen Bucht an der Emsmündung – so flach und übersichtlich, dass der Schweiß eigentlich nur bei großer Hitze rinnt.
Was die unterschiedliche Schreibweise angeht: Die Deutschen schreiben den Dollart mit "t" am Ende, die Niederländer mit "d". Die Zahl der zu bewältigenden Höhenmeter ist auf der Route sehr überschaubar, oft radelt man sogar unter dem Meeresspiegel, bekommt davon aber zum Glück nichts mit: Den Deichen sei Dank.
Los geht's in Ostfriesland
Ein guter Startpunkt für eine Runde um den Dollart ist die Stadt Leer. Ein Ort, den man höchst ungern verlässt, denn die Altstadt gehört zu den schönsten in Ostfriesland. Die Jann-Berghaus-Brücke, eine der größten Klappbrücken Europas, markiert die Grenze zwischen Leer und dem Rheiderland.
Das Wasser der Ems strömt beeindruckend schnell der Nordsee entgegen. Doch der Blick auf den Fluss währt nur kurz, denn die Route führt auf einem breiten Radweg landseitig immer am Deich entlang, vorbei an kleinen Warftorten namens Bingum, Jemgum, Midlum, Critzum und Hatzum.
Windgeduckte Häuser drängen sich um bescheidene Kirchbauten. Hier dominiert roter Backstein, einst mit Torf gebrannt. Die Schornsteine einer ehemaligen Ziegelei überragen in Midlum den Deich.
Fährüberfahrt mit Kaffee
Im Hafen von Ditzum, in dem noch mehrere Krabbenkutter liegen, sollte man einen Happen essen, denn die Fährüberfahrt nach Delfzijl dauert gut zwei Stunden. Und auf der "Dollard" gibt es keine Bockwurst zu kaufen.
Immerhin, Decksmann Erich vom Hagen hat Kaffee gekocht. Achtzig Personen können mitfahren, sagt Kapitän Ralf Hannecken, ganze sieben steigen zu. Mittwochs fahren meist mehr Leute mit, dann ist Markt in Delfzijl, "der ist beliebt".
Von Mai bis September pendelt die Fähre mehrmals wöchentlich, mit Zwischenstopp im Außenhafen von Emden, oft im Schatten riesiger Autotransporter. Das Besondere am Dollart: "Wir sind im Bereich des Brackwassers unterwegs, hier mischt sich das Süßwasser der Ems mit dem Salzwasser der Nordsee."
Entstehungsort von Kommissar Maigret
Das niederländische Delfzijl ist unverkennbar eine Seehafenstadt. 1929 kam hier der belgische Schriftsteller Georges Simenon mit seinem Boot an, das repariert werden musste. Simenon vertrieb sich die Zeit in einem Café, trank ein paar Genever und ersann eine Romanfigur namens Maigret, die später als Kriminalkommissar in den Mittelpunkt etlicher Romane rückte.
Architekturfans können in Delfzijl einige schöne Beispiele der Amsterdamer Schule studieren. Der Baustil wird oft auch als "Backsteinexpressionismus" beschrieben. Das Tourismusbüro hat eine kleine Karte herausgegeben, die zu Häusern mit verzierten Fassaden, Leiterfenstern und runden Dächern führt.
Längs der Radroute gibt es eine Handvoll Orte, die eine gute Aussicht auf den Dollart oder Dollard gewähren. Die ehemalige Erdgas-Bohrinsel Dyksterhusen bei Ditzum gehört dazu, mit einem schmalen Grünstreifen und einer Treppe ins Nass – bei Flut.
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Oder der "Kiekkaaste" unmittelbar an der deutsch-niederländischen Grenze bei Bad Nieuweschans. Hier führt ein schmaler Bohlenweg durch wogendes Schilf zu dem Beobachtungsturm am Rand des Wattenmeeres.
Bucht war einst viel größer
Termunten schließlich, ein kleiner Ort mit Sielhafen, der zu den schönsten an der Strecke gehört, ist fast schon Pflicht, will man etwas mehr über die Bucht wissen. Sie entstand einst bei großen Sturmfluten, ganze Dörfer verschwanden, dreißig sollen es gewesen sein, erzählt Roelf de Vries, der Leiter des Besucherzentrums.
"Der Dollart war drei Mal so groß", sagt er, fast bis ans Emsland habe er herangereicht. Dann, im Laufe der vergangenen fünf Jahrhunderte, rangen die Menschen dem Meer immer mehr Land ab, Polder für Polder. Der Breebaartpolder war der letzte, der 1979 trockengelegt wurde.
Heute ist die Meeresbucht rund hundert Quadratkilometer groß. Vom Besucherzentrum führt ein Wanderweg durch den Breebaartpolder. Dank kontrollierter Flutung ist hier ein Paradies für Vögel entstanden. Außendeichs tummeln sich von Mai bis September Dutzende von Seehunden.
Residenzen der "Polderfürsten"
Von Termunten führt der Weg landeinwärts, mal auf kaum befahrenen Landstraßen, mal auf einem schmalen "Fietspad" am Kanal. Zwischen Winschoten und der "Blauen Stadt", einem neuen Wohngebiet an einem Binnenmeer, geht es über die Pieter-Smit-Brücke – sie ist mit 800 Metern die längste Fahrradbrücke Europas.
Die Polderböden in dieser Ecke der Niederlande waren sehr ertragreich, das Gebiet um die Gemeinde Oldambt wird deshalb auch "Getreiderepublik" genannt. Auffällig ist, dass viele Bauernhäuser entweder sehr groß oder sehr klein sind.
Die großen sind repräsentative Bauten, mit stuckverzierten Fenstern, einem See vor der Tür und einem Wassergraben drumherum – hier residierten die "Polderfürsten", denen das Land gehörte. Die kleinen haben zwar eine ähnliche Form, boten aber kaum mehr als vier Wände für die Familien der Landarbeiter.
Letztes Stück im Zickzack
Bei der letzten Etappe, einem Zickzackkurs zwischen Bunde und Weener, empfiehlt sich die Mitnahme von Proviant. Nicht überall gibt es so nette Einkehrmöglichkeiten wie in Nieuwolda, wo man im "Eetcafé de Brug" unter einem Sonnensegel sitzend das Treiben auf dem Kanal beobachten kann.
Dann aber, am Ende des Hafens von Weener, wenn man schon nicht mehr damit rechnet, taucht die Location "Hafen 55" auf. Wenn einem hier ein netter Mensch einen Eisbecher reicht, fehlt eigentlich nur noch ein freier Platz im Strandkorb oder in einer der beiden Hängematten.
Zwei Routen stehen zur Verfügung
Die Anreise erfolgt mit der Bahn über Bremen oder Münster bis zum Startpunkt der Route, meist Leer, Emden oder Papenburg. Diese Varianten stehen zur Verfügung: Eine Route hat 300 Kilometer, eine andere 180. Die kürzere verbindet das Rheiderland mit mehreren Gemeinden im Osten der Provinz Groningen, die längere Tour führt auch zur Nordseeinsel Borkum.
Man kann die Touren im Uhrzeigersinn fahren oder umgekehrt, das hängt auch von den Fähren ab, wobei die Fähre zwischen Ditzum und Delfzijl nur von Mai bis September pendelt. Andere Varianten sind auch ganzjährig möglich.
Das Informationsbüro in Leer hilft bei der Planung, vermittelt Zimmer und schnürt Angebote inklusive Gepäcktransport. Weitere Informationen erhalten Sie hier.
- Nachrichtenagentur dpa