Tod von 18-Jähriger Stalking bis zur Verzweiflung? Justiz beleuchtet tragischen Fall
Unaufhörliche Belästigung, tägliche Angst – ein Paar soll eine 18-Jährige so bedrängt haben, dass sie keinen Ausweg mehr sah. In Braunschweig beginnt der Prozess.
Am Landgericht Braunschweig beginnt am heutigen Mittwoch (9 Uhr) ein aufsehenerregender Prozess. Zwei Angeklagte stehen vor Gericht, weil sie durch ihr Verhalten für den Tod einer 18-Jährigen verantwortlich sein sollen. Den Tatverdächtigen, einem 24-jährigen Mann und einer 20-jährigen Frau, aus dem Landkreis Goslar wird Nachstellung mit Todesfolge vorgeworfen.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Braunschweig hatten die beiden beschlossen, der Ex-Partnerin des Mannes das Leben schwer zu machen. Der Plan habe vorgesehen, die Frau dauerhaft zu belästigen. Dies soll über einen längeren Zeitraum hinweg geschehen sein. Dazu zählt laut Anklage die Kontaktaufnahme über soziale Medien, zahlreiche Anrufe mit unterdrückter Nummer sowie beinahe tägliches Vorbeifahren am Haus des Opfers. Außerdem soll das Paar der jungen Frau auf der Joggingstrecke aufgelauert und sie wiederholt mit dem Auto überholt haben, um anschließend schnell zu beschleunigen.
Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft sah die Geschädigte im November 2022 keinen anderen Ausweg aus dieser Situation und beging Suizid. Für Nachstellung mit Todesfolge sieht das Strafgesetzbuch eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren vor. 14 Verhandlungstage sind für den Prozess mit vielen Zeugen bis in den April angesetzt.
Prozess in Braunschweig: "Es gibt eine lange Vorgeschichte"
Dabei geht die Staatsanwaltschaft von einem aufwendigen Verfahren mit einer schwierigen Beweisaufnahme aus. Denn allein den Tatzeitraum geben die Strafverfolger von Mai 2020 bis November 2022 an. Behördensprecher Hans Christian Wolters sagte vorab: "Es gibt eine lange Vorgeschichte." An einen ähnlichen Fall in seinem Zuständigkeitsbereich könne er sich in den vergangenen 20 Jahren nicht erinnern.
Aber auch über die Region hinaus sind Prozesse mit dem juristischen Vorwurf Nachstellung mit Todesfolge eher selten. Es sei eben schwierig und gelinge häufig nicht, einen Zusammenhang zwischen dem Stalking und der Selbsttötung zu beweisen, sagte Wolters. Wenn es aber zur Anklage und einem Prozess komme, sei dies auch immer ein Zeichen für weitere Opfer oder Täter, die möglicherweise glauben, dass sowieso nichts passiert. "Der Gesetzgeber hat solche Fälle im Blick", sagte Wolters.
Hinweis: Falls Sie viel über den eigenen Tod nachdenken oder sich um einen Mitmenschen sorgen, finden Sie hier sofort und anonym Hilfe.
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- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa