Mögliche Werksschließungen VW-Mitarbeiter: "Gefühl, dass das absichtlich gegen die Wand gefahren wird"
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Zu Wochenbeginn kündigte Volkswagen harte Einschnitte an. Europas größter Autobauer verschärft seinen Sparkurs. Erstmals sind Werksschließungen Thema. Das provoziert am Standort Braunschweig natürlich Gesprächsstoff – und Angst.
Paukenschlag am Montag: Volkswagen verkündete im Rahmen des Sparprogramms bei der Kernmarke VW, Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen auch in Deutschland nicht länger ausschließen zu können. Überdies soll die bisherige Beschäftigungssicherung, die betriebsbedingte Kündigungen bis 2029 ausschloss, nicht mehr gelten.
Schließungen von Werken, in denen Fahrzeuge oder Komponenten hergestellt werden, könnten in der aktuellen Situation ohne ein schnelles Gegensteuern nicht mehr ausgeschlossen werden, heißt es weiter. Das lässt Beschäftigte in der Region Braunschweig natürlich aufhorchen: Denn hier wird produziert. In der Stadt entstand, wie Volkswagen auf seiner Homepage erklärt, 1938 das erste aller Werke der Volkswagen AG. Ein Vorwerk für das spätere Stammwerk in Wolfsburg, heißt es.
Das Unternehmen spricht von 7.000 Mitarbeitern, die hier tätig sind. Fahrwerkkomponenten werden in der Löwenstadt hergestellt. Ein weiteres Werk in der Region gibt es neben dem in Wolfsburg in Salzgitter. Deutschlandweit befinden sich weitere Werke in Hannover, Emden, Osnabrück, Kassel, Zwickau, Dresden und Chemnitz. Welches Werk geschlossen werden könnte, teilte VW nicht mit. Es gibt aber Spekulationen, welches ostdeutsche Werk betroffen sein könnte. Lesen hier mehr dazu.
VW-Werksschließungen: Oberbürgermeister äußert sich
Auch in Braunschweig sind die Ankündigungen von Volkswagen ein großes Thema und schüren Angst. Am Montagabend äußerte sich Braunschweigs Oberbürgermeister Thorsten Kornblum zu den schlechten VW-Nachrichten und sagte unter anderem: "Volkswagen ist der wichtigste Arbeitgeber in Braunschweig und der Region, zahlreiche Arbeitsplätze in Zulieferunternehmen und bei Dienstleistern in ganz Niedersachsen hängen von der Unternehmensentwicklung ab."
Kornblum versichert: Um die Folgen für die in Braunschweig ansässigen Unternehmenseinheiten und Arbeitsplätze einschätzen zu können, werde die Stadt umgehend den Kontakt zu den Verantwortlichen suchen und die Folgen für die Stadt und die Region dann auf Basis der angekündigten Schritte bewerten.
Eine Schließung des Werkes Braunschweig darf es nicht geben. Wir werden für unser Werk und die Arbeitsplätze kämpfen.
Thorsten Kornblum, Oberbürgermeister Braunschweig
Braunschweig gibt sich kämpferisch
"Dass der Konzern diesen Schritt für notwendig hält, ist bedauerlich, in jedem Fall muss darauf geachtet werden, dass mit Augenmaß vorgegangen und die Unsicherheit für die Beschäftigten schnell beendet wird", wird Kornblum zitiert.
In der Region seien zukunftsorientierte Produktionsstätten ansässig, etwa für die Entwicklung und Fertigung der Batteriesysteme. Dafür gebe es eine hochkompetente Mannschaft, die auch dem Wettbewerb außerhalb des Konzerns gewachsen ist und Innovationen hervorbringt, unterstreicht der Oberbürgermeister.
Kornblum betont: "Eine Schließung des Werkes Braunschweig darf es nicht geben. Wir werden für unser Werk und die Arbeitsplätze kämpfen.“
Mögliche VW-Werksschließungen: Das sagen Mitarbeiter
Im Gespräch mit t-online sprechen VW-Beschäftige über ihre Sorgen: "Ich werde das Gefühl nicht los, dass zum Beispiel Braunschweig absichtlich gegen die Wand gefahren wird, um dann sagen zu können, dass es nicht mehr wirtschaftlich ist." Allerdings schätzt dieser Mitarbeiter, dass vorher andere Standorte geschlossen würden: "Man munkelt ja von Zwickau und Emden." Auch Kassel als Komponentenwerk sei hier Thema. Man kenne es als Angestellter bei Volkswagen nicht anders, dass bei Tarifverhandlungen, die ja anstehen, vom Unternehmen Druck aufgebaut würde, um die Forderungen der Belegschaft kleinzuhalten. Aber: "Das Ganze hat dieses Mal von den Drohungen her eine ganz andere Qualität."
Ein weiterer VW-Arbeitnehmer sagt t-online, dass er nicht an eine Schließung des Werkes in Braunschweig glaube. Schon eher, dass das Werk im benachbarten Salzgitter geschlossen werden könnte. "Das Komponentenwerk ist nicht ausgelastet", begründet der Mitarbeiter seine Meinung. Allerdings vermutet der Angestellte, dass es in Wolfsburg und Braunschweig zu einem Stellenabbau kommen werde.
Ein anderer Beschäftigter würde eher Braunschweig als Wackelkandidaten sehen als Salzgitter: In der Stahlstadt entstehe schließlich gerade eine Batteriezellfabrik. Braunschweig hingegen habe bereits die Kunststofffertigung verloren. "Aber auch da sitzen Batterie-Entwickler", schränkt er wiederum ein.
- Stellungnahme von Braunschweigs Oberbürgermeister Thorsten Kornblum (2. September)
- Gespräche mit VW-Mitarbeitern
- t-online-Artikel
- volkswagen-karriere.de