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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Verdi-Streik an Flughäfen Spanier am BER gestrandet: "Zu Hause warten Kinder und Familie"
Gleicher Lohn für alle: Für diese Forderung haben Hunderte Sicherheitskräfte am Montag deutsche Airports bestreikt. Am Hauptstadtflughafen BER strandeten zahlreiche Reisende, doch die Beschäftigten wollen hartnäckig bleiben.
Stundenlanges Warten, gestrichene Flüge: Ein von der Gewerkschaft Verdi ausgerufener Warnstreik des Sicherheitspersonals hat am Montag Fluggäste mehrerer deutscher Städte vor Probleme gestellt. Am Hauptstadtflughafen BER bildeten sich am Morgen lange Warteschlangen. Viele verließen den Airport unverrichteter Dinge: Flug gecancelt.
Einige jedoch hoffen auch am frühen Montagnachmittag noch darauf, dass ihr Flieger planmäßig abhebt oder zumindest der umgebuchte Flug stattfinden kann. Im Terminal blicken sie immer wieder halb ängstlich, halb hoffnungsvoll auf die Anzeigetafel. Viele sitzen auf dem Boden des Airports und warten – seit Stunden.
Streik am BER: "Das ist doch verrückt"
Zu ihnen gehören auch Irene und Xavi aus Barcelona. Sie wollen heute nach Hause fliegen. Noch ist ihr Flug nicht gestrichen. "Aber wir machen uns Sorgen, dass das noch passiert", sagt Irene. "Wir dürfen nicht durch den Sicherheitscheck und müssen jetzt davor warten. Schon über eine Stunde. Auf dem kalten Boden, ohne Stühle oder Bänke", klagt sie.
Die Spanier waren schon Tage vorher per E-Mail vor dem Streik gewarnt worden. "In der Mail stand drin, wir sollen drei Stunden früher da sein. Das waren wir und jetzt lassen sie uns nicht durch. Das ist doch verrückt", klagt Irene.
Reisende am BER gestrandet: "Zu Hause warten Kinder, die Familie und Arbeit"
Ähnlich geht es Marta und Ruben, die ebenfalls auf einen Flug zurück nach Barcelona hoffen. Am Sonntagabend wurde ihnen mitgeteilt, dass ihr Flug nicht stattfinden wird. "Das war ein Schock", erzählt Ruben. "Per Telefon war niemand zu erreichen, online konnte man nicht umbuchen. Also sind wir einfach auf gut Glück zum Flughafen gefahren." Dort sitzen die beiden nun schon seit 8 Uhr morgens.
Am Schalter konnten die beiden ihren Flug dann doch noch umbuchen. "Aber die Leute waren sehr unfreundlich", beschwert sich Marta. "So haben wir uns unseren Rückflug nicht vorgestellt." Nun hofft das Paar, dass wenigstens der umgebuchte Flieger in Richtung Barcelona abhebt. "Zu Hause warten Kinder, die Familie und Arbeit auf uns."
"Warum müssen wir hier die gleiche Arbeit für weniger Geld machen?"
Draußen vor dem Terminal ist die Stimmung deutlich ausgelassener als unter den genervten Fluggästen. Hier stehen die streikenden Sicherheitsmitarbeiter des Flughafens in kleinen Grüppchen zusammen. Irgendjemand macht Musik: "99 Luftballons" von Nena.
Mit Bannern und Verdi-Fahnen machen die Beschäftigten kurz vor den nächsten Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft und dem Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) am Mittwoch auf ihre Forderungen aufmerksam. Verdi fordert unter anderem eine Lohnerhöhung von mindestens einem Euro pro Stunde bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Außerdem sollen regional unterschiedliche Löhne "auf das höchste Entgeltniveau" angeglichen werden.
"An der Tankstelle kostet der Sprit ja auch überall gleich viel. Warum müssen wir hier die gleiche Arbeit für weniger Geld machen? An anderen Flughäfen wird die gleiche Arbeit für drei Euro mehr die Stunde erledigt", beschwert sich Enrico Rümker. Der 41-Jährige ist Verdi-Gewerkschaftssekretär im Bereich Luftverkehr und berichtet von Hunderten BER-Beschäftigten, die sich dem Streik am Montag angeschlossen hätten.
"Müssen auch unsere Kinder versorgen"
Dass sich einige Fluggäste über den Streik ärgern, versteht Rümker gut. "Das ist eine blöde Geschichte, es ist nachvollziehbar, wenn die Fluggäste das ärgert. Es richtet sich aber gegen die Arbeitgeber, nicht die Fluggäste. Deshalb wurde der Streik auch schon am Samstag angekündigt", erklärt er. "Es gibt schon Diskussionen mit Fluggästen, aber meistens sind das gute Gespräche, viele verstehen uns. Nur wenige sind wirklich angepisst, aber da bringt Reden dann auch nichts, wenn die gerade so aufgewühlt sind", glaubt Rümker.
Das hat ein streikender Luftsicherheitsassistent, der anonym bleiben möchte, ebenfalls so erlebt. "Die Fluggäste hatten alle Verständnis. Viele haben uns fotografiert und gefilmt. Aber waren sehr positiv", berichtet er. "Na klar ist das nicht schön. Aber wir müssen auch unsere Kinder versorgen."
Ob es am BER in den kommenden Wochen weitere Streiks geben wird, werde sich zeigen. "Aber wir sind optimistisch, sonst wären wir gar nicht hier."
Für Dienstag hat Verdi bereits Warnstreiks an weiteren Flughäfen angekündigt: Am größten deutschen Flughafen in Frankfurt soll beinahe nichts mehr gehen – die Sicherheitskontrollen sollen ganztägig geschlossen bleiben, möglich seien daher lediglich Transitflüge über Frankfurt. Auch in Hamburg will das Sicherheitspersonal streiken.
- Gespräche mit Fluggästen und Streikenden am BER
- Mit Material der Nachrichtenagentur AFP und dpa
- Eigene Recherche