Berlin Wissler: Regierung muss Geflüchteten in Griechenland helfen
Berlin (dpa)- Die Linken-Vorsitzende Janine Wissler hat an die Bundesregierung appelliert, die weitere Aufnahme von Menschen aus griechischen Flüchtlingslagern zu ermöglichen. Deutschland dürfe sich keinen "schlanken Fuß" machen und die Verantwortung für Geflüchtete auf die Länder an den europäischen Außengrenzen abwälzen, erklärte Wissler am Donnerstag bei einer Pressekonferenz von der griechischen Insel Lesbos.
Auf ihrer ersten Auslandsreise als Parteivorsitzende besuchte Wissler am Mittwoch gemeinsam mit mehreren Abgeordneten das griechische Flüchtlingslager Kara Tepe. Das Lager wurde errichtet, nachdem das ursprüngliche Lager Moria im vergangenen Sommer 2020 bei einem Großbrand zerstört worden war. Damals waren über Nacht rund 10.000 Geflüchtete und Migranten obdachlos.
Wissler bezeichnete die Zustände in dem Lager mit mehr als 6000 Bewohnern als "absolut erschütternd". Viele Menschen würden schon seit Jahren in Lagern auf Lesbos leben und seien zum Teil hochgradig traumatisiert, berichtete Wissler. Fließendes Wasser gebe es nicht, Kinder hätten keine Möglichkeit, zur Schule zu gehen. Auch die medizinische Versorgung und den Zugang zu Lebensmitteln beschrieb die Linken-Chefin als unzureichend. Die Pandemie habe die Situation der Menschen noch weiter verschlimmert. "Die Geflüchteten dürfen das Lager nur einmal pro Woche verlassen."
Ihre Partei fordere angesichts dieser Zustände, die Lager in Griechenland komplett aufzulösen, sagte Wissler. Die Vorsitzende der Linksfraktion in der Bremischen Bürgerschaft, Sofia Leonidakis, die das Lager auf Lesbos mitbesucht hat, forderte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf, Kommunen die eigenständige Aufnahme von Geflüchteten aus griechischen Lagern zu ermöglichen. Bremen und andere Bundesländer seien dazu bereit und dürften nicht weiter gebremst werden.
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums hat Deutschland seit April vergangenen Jahres 2765 Menschen aus Griechenland aufgenommen. Die Aufnahmezusagen seien damit erfüllt, heißt es dazu in einer Erklärung von Ende April 2021.