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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Friedhof in Berlin "Ein Ort für uns": Grabstätte für queere Menschen geplant
In Berlin soll es bald eine Grabstätte für Personen aus der queeren Szene geben. Die Schwulenberatung ist in den Vorbereitungen – und auf Unterstützung angewiesen.
Es soll ein zentraler Ort werden, an dem sich die queere Gemeinschaft versammeln und trauern kann: Die Schwulenberatung Berlin plant, auf dem Alten St. Matthäus-Kirchhof in Schöneberg eine Grabstätte für LGBTIQ+-Personen zu errichten. Insgesamt soll Platz für neun Sarg- und 100 Urnengräber geschaffen werden.
Dafür steht eine Fläche von 30 Quadratmetern an der Monumentenstraße zur Verfügung. Um diese Fläche nutzen zu können, muss die Beratungsstelle eine rund zehn Meter lange Mauer wieder errichten, die vor einigen Jahren abgetragen wurde. Diese kann von den Verantwortlichen in Zusammenarbeit mit Künstlern – ein Wettbewerb dazu soll demnächst starten – gestaltet werden. So sollen an der Mauer nach Vorstellungen der Beratungsstelle auch Plaketten von queeren Menschen angebracht werden können, die nicht hier begraben sind und dennoch aus ihrem Leben erzählen möchten. Auch ein digitales Gedenkbuch soll es geben.
Kosten von 160.000 Euro: Schwulenberatung benötigt Spenden
Die Kosten für die Wiederherstellung der Mauer berechnet die Beratungsstelle auf etwa 80.000 Euro, 20.000 Euro sollen zudem an die mitwirkenden Künstler gehen. Für die 40-jährige Pacht sind 40.000 Euro fällig, die Grabpflege – von der Beratungsstelle selbst übernommen – ist zunächst mit 20.000 Euro beziffert. Insgesamt rechnet die Schwulenberatung mit Kosten in Höhe von rund 160.000 Euro. Bald soll dafür unter anderem eine Spendenaktion gestartet werden.
Marcel de Groot ist Geschäftsführer der Schwulenberatung und treibt die Idee voran. "Es soll ein Ort für uns werden", sagt er. "Ein Platz, an dem unsere Freundinnen und Freunde liegen." Das Interesse daran innerhalb der Community sei groß. Viele wünschen sich demnach, im Kreise der "Wahl"-Familie innerhalb der queeren Szene bestattet zu werden.
Denn es komme vor, dass es bei schwulen, lesbischen oder transsexuellen Personen zum Bruch mit der "echten" Familie kommt. Häufig hätten diese Familien kein Interesse daran, sich um die Beisetzung der queeren Person zu kümmern. "Der Gedanke daran, irgendwo anonym beerdigt zu werden, lässt bei vielen Personen alten Schmerz wieder aufleben", sagt de Groot. Man werde an die Abwertung des eigenen Lebens durch andere erinnert.
Gemeinschaftsgefühl soll geschaffen werden
Die Grabstätte solle daher zu einer positiven Selbstwahrnehmung der jeweiligen Person beitragen. Außerdem solle ein Gemeinschaftsgefühl geschaffen werden. "Es ist betroffenen Personen wichtig zu wissen, dass sie irgendwo dazugehören und mit diesen Menschen auch nach ihrem Tod zusammen sein können", so de Groot. Man wolle sich zudem in den politisch rauen Zeiten als Minderheit sichtbar zeigen. "Nicht um andere Menschen zu provozieren, sondern um unserer Zielgruppe zu zeigen: Es gibt Orte, an denen du willkommen bist."
Zwar gebe es in Berlin bereits kleine Grabstätten für an Aids verstorbene Menschen oder für lesbische Frauen. Doch diese sind laut de Groot aber in privater Hand. Die Schwulenberatung hingegen wolle einen solchen Ort für die gesamte queere Öffentlichkeit schaffen. Einen der Plätze für die Gräber könne man sich dann reservieren. Die evangelische Zwölf-Apostel-Kirchengemeinde, die den Friedhof verwaltet, zeige sich seit den ersten Gesprächen im Oktober 2024 offen für die Idee, heißt es.
Im Frühjahr soll es deshalb eine erste offizielle Informationsveranstaltung zur Grabstätte geben. Wenn alles nach Plan läuft, soll sie noch Ende dieses Jahres fertiggestellt werden.
- Gespräch mit Marcel de Groot von der Schwulenberatung Berlin auf dem Alten St. Matthäus Kirchhof