TATP-Fund am S-Bahnhof Neukölln Polizei soll Sprengstoff für Drogen gehalten haben
Die Polizisten, die eine Tasche mit Sprengstoff entdeckten, entgingen nur knapp einer Explosion. Einem Bericht zufolge unterschätzten sie die Gefahr zunächst erheblich.
Bei einer Personenkontrolle der Bundespolizei am S-Bahnhof Neukölln hat ein Mann am Mittwoch (30. November) einen Stoffbeutel mit hochexplosivem Inhalt fallen lassen und ist geflüchtet. Die beiden Beamten, die den Mann kontrollieren wollten, hätten zunächst nicht geahnt, dass es sich bei dem weißen Pulver um Sprengstoff handelte. Wie die "Bild"-Zeitung berichtet, hätten die Beamten zunächst einen Drogenfund vermutet und deshalb ein Loch in die Verpackung geschnitten.
Da der Drogenschnelltest nicht angeschlagen hatte, alarmierten die Bundespolizisten ein Entschärfungskommando. Die Experten stellten fest, dass es sich bei dem Päckchen um rund ein halbes Kilogramm des Sprengstoffs TATP handelte. Dieser Sprengstoff gilt als extrem gefährlich und wird häufig von Terroristen verwendet.
Wie brandgefährlich TATP ist, erklärt Waffenexperte Lars Winkelsdorf in einem Interview mit t-online. Das ganze Gespräch lesen Sie hier.
Laut "Bild"-Zeitung heißt es in einer internen Bewertung, es sei reines Glück gewesen, dass der Sprengstoff in den Händen der Beamten nicht explodiert sei. Zudem sei das TATP angeblich frisch hergestellt und daher noch feucht gewesen. Dadurch sei es etwas unempfindlicher gewesen. Wäre es bereits getrocknet gewesen, wäre es wahrscheinlich zu einer Explosion im Bahnhof gekommen.
Experten brachten den brisanten Fund am Mittwochabend vom S-Bahnhof Neukölln in den Park Thomashöhe. Dort hoben Einsatzkräfte der Feuerwehr ein Loch aus, in dem das Paket gegen 19.50 Uhr kontrolliert gesprengt wurde.
Die Berliner Polizei konnte das genaue Vorgehen der Bundespolizei auf Anfrage von t-online mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen weder bestätigen noch dementieren.
War Sprengstoff für Automaten gedacht?
Unterdessen fahndet die Polizei nach einem weiteren mutmaßlichen Komplizen des Tatverdächtigen. Er soll vom selben S-Bahnhof geflüchtet sein. Nach Informationen des "Tagesspiegels" sollen die beiden als Geldautomatensprenger aktenkundig sein. Sie seien der Polizei namentlich bekannt.
Ob die beiden Männer mit dem Sprengstoff einen Geld- oder Fahrkartenautomaten in die Luft jagen wollten, ist unklar. Ein Entschärfer der Polizei sagte jedoch der "Bild"-Zeitung, die Bombe sei viel zu groß gewesen, um einen Automaten in die Luft zu jagen. Mit der gefundenen Menge hätte man einen Automaten "regelrecht in die Erdumlaufbahn schießen können, da wäre alles pulverisiert gewesen", so der Experte.
Die Berliner Staatsanwaltschaft sieht derzeit aus "ermittlungstaktischen Erwägungen" davon ab, nach den beiden Männern öffentlich zu fahnden. Konkrete Gründe nannte Sebastian Büchner, Pressesprecher der Generalstaatsanwaltschaft Berlin, auf Anfrage von t-online dafür nicht.
- bild.de: "Die Bombe war scharf" (kostenpflichtig)
- Telefonat mit einer Sprecherin der Berliner Polizei
- Antwort von Sebastian Büchner, Pressesprecher, Generalstaatsanwaltschaft Berlin
- tagesspiegel.de: "Polizei rückte erneut zum S-Bahnhof Neukölln aus"