Mutmaßliche Anschlagspläne Hätte der Verdächtige abgeschoben werden können?
Ein libyscher Asylbewerber soll einen Anschlag auf die israelische Botschaft in Berlin geplant haben. Das brandenburgische Innenministerium übt nun schwere Kritik.
Brandenburgs Innenministerium sieht Versäumnisse beim Landkreis Barnim bezüglich eines Libyers, der mutmaßlich einen Anschlag auf die israelische Botschaft in Berlin geplant hat. Die Polizei hatte ihn in Bernau bei Berlin festgenommen, bevor er seine Pläne in die Tat umsetzen konnte.
Laut einer Sprecherin des Innenministeriums hätte der Landkreis aber schon viel früher dafür sorgen müssen, den Mann abzuschieben. Er sei mutmaßlich Anhänger der Terrororganisation Islamische Staat (IS) und bereits seit September 2023 aufgrund eines abgelehnten Asylantrages ausreisepflichtig. Der Landkreis Barnim habe aber erst im Juli 2024 der brandenburgischen Zentralen Ausländerbehörde (ZABH) gemeldet, dass er ausreisepflichtig sei und auch keine rechtlichen Bedenken gegen die Rückführung sprächen. Das ZABH ist für Rückführungen zuständig.
Landkreis: Rückführung nach Libyen "aussichtslos"
Ein Sprecher des Landkreises teilte der Deutschen Presse-Agentur dazu mit: "Eine Einzelmeldung an die Zentrale Ausländerbehörde des Landes Brandenburg war nicht vorgesehen und ist zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgt." Das liege etwa daran, dass die Ausländerbehörde des Landkreises Barnim es als "aussichtslos" bewertet habe, den Mann nach Libyen rückzuführen.
Der Verdächtige habe zudem kein Ausweisdokument gehabt. Deswegen habe er im November eine Duldung erhalten, die eine Abschiebung vorübergehend verhindert. Nach dpa-Informationen hatte der Libyer deutschen Behörden lediglich eine Ausweiskopie vorgelegt.
Für Abschiebungen ist dem Landkreis zufolge außerdem seit Mai nicht mehr der Kreis, sondern das ZABH zuständig. "Verfahrensfehler seitens der Ausländerbehörde des Landkreises Barnim können wir im vorliegenden Fall nicht erkennen", sagte der Sprecher.
Mutmaßlicher Täter in Untersuchungshaft
Die Polizei hatte den mutmaßlichen IS-Anhänger am Samstagabend festgenommen. Laut der Bundesanwaltschaft soll er einen Anschlag mit Schusswaffen auf die israelische Botschaft in Berlin geplant haben. Er ist inzwischen in Untersuchungshaft.
Der Mann ist wohl mit einem Touristenvisum über Malta nach Europa gekommen und reiste laut "Bild"-Zeitung im November 2022 nach Deutschland ein. Im Januar 2023 habe der Libyer Asyl beantragt, was acht Monate später abgelehnt worden sei. Nach dpa-Informationen hatte er nicht dagegen geklagt, dass die Behörden seinen Asylantrag abgelehnt hatten.
Die Abschiebung hatte keine hohe Priorität
Bei bisherigen Durchsuchungen soll keine Waffe gefunden worden sein; und vor seiner Festnahme war der Libyer den deutschen Sicherheitsbehörden auch nicht als Extremist aufgefallen.
Da er dem brandenburgischen Innenministerium zufolge auch keine Straftaten begangen hatte, trieben die Behörden seine mögliche Ausreise nicht mit der hohen Priorität voran, die bei islamistischen "Gefährdern" und Schwerkriminellen üblich ist.
Eine Sprecherin des Brandenburger Innenministeriums sagte: "Grundsätzlich sind Rückführungen nach Libyen aktuell nicht möglich, zumal die internationalen Flugverbindungen dorthin eingestellt wurden." Nur Rückführungen auf freiwilliger Basis seien machbar.
Seit Jahren keine Abschiebungen nach Libyen
Für das nordafrikanische Libyen gilt bundesweit zwar kein genereller Abschiebestopp. Abschiebungen dorthin gelten allerdings als schwierig, weil die staatlichen Strukturen des Landes nur teilweise funktionieren. Seit Jahren haben die Behörden aus Deutschland daher niemanden nach Libyen abgeschoben.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge teilt auf seiner Webseite mit, freiwillige Ausreisen nach Syrien sowie in den Jemen, nach Libyen, Eritrea und Afghanistan würden aktuell nicht über das entsprechende Bundesprogramm abgewickelt.
Für Rückkehrende in diese Herkunftsländer bestehe jedoch gegebenenfalls die Möglichkeit, die Ausreise von einer anderen Stelle, etwa der Ausländerbehörde, organisieren und fördern zu lassen. Das Bundesamt beteilige sich in solchen Fällen im Rahmen einer Refinanzierung anteilig an den Kosten der freiwilligen Ausreise, sofern diese durch die Bundesländer gefördert wird.
- Nachrichtenagentur dpa