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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nach Trubel um angebliche Löwin Wildtier-Experte fordert Konsequenzen
Im Juli hat eine großangelegte Suche nach einer scheinbar entlaufenen Löwin die Region in Atem gehalten. Ein Experte berichtet, wie groß das Problem der illegalen Raubtierhaltung ist.
Tagelang hat Kleinmachnow eine Löwin gejagt. Die kleine Gemeinde am Rande Berlins befand sich im Ausnahmezustand, nachdem ein Passant ein Wildtier gesichtet und gefilmt hatte, bei dem davon ausgegangen werden musste, dass es sich um eine Löwin handelt. Auch Polizisten wollten das Tier in der Nacht gesehen haben, seitdem lief die große Suche.
Stefan Klippstein ist Tierschützer und Wildtier-Experte. Er beschäftigt sich besonders mit illegaler Wildtierhandlung in Deutschland. Ihn überraschte der Fall nicht. Als die Nachricht von der angeblichen Löwin um die Welt ging, ging er davon aus, dass es sich wirklich um eine Raubkatze handelt. "Es war nur eine Frage der Zeit, bis so etwas passiert", sagte er t-online. Für ihn war es alles andere als ausgeschlossen, dass wirklich eine Löwen-Dame durch die Brandenburger Wälder streifte.
Er vermutete, dass es sich bei dem Tier um eine Löwin handelt, die privat und illegal gehalten wurde. Obwohl die Haltung wilder Tiere in Brandenburg nicht grundsätzlich verboten ist. Mehr dazu lesen Sie hier. Man müsse lediglich die Herkunft der Tiere nachweisen und ein entsprechendes Gehege bauen, sagte Klippstein. Allerdings würden diese Regelungen seiner Erfahrung nach oft nicht eingehalten und die Tiere einfach illegal gehalten. Mit Blick auf den Fall in Kleinmachnow sagte er, es sei etwa auch denkbar, dass das Tier während eines Transportes ausgebrochen sei und noch gar nicht lange in der Region gehalten wurde. Heute weiß die Weltöffentlichkeit, dass es um ein Wildschwein handelte. Doch Klippsteins Worte können eine Warnung für mögliche zukünftige Gefahrensituation mit ausgebüxten Wildtieren sein.
Ukraine-Krieg hat Auswirkungen auf den Wildtierhandel
Gerade in Brandenburg würden sehr viele Raubkatzen privat gehalten, sagte Klippstein. Zumeist seien das Servale oder Karakale, also kleinere Raubkatzen. Auf einschlägigen Portalen im Internet könne man einen Löwen bereits für 5.000 Euro kaufen, sagte der Experte. "Die Tiere werden in Polen, der Slowakei, Rumänien und Tschechien gezüchtet und an jeden verkauft, der kommt."
Auch in der Ukraine sei die private Haltung von Löwen beliebt. Es gebe Schätzungen, dass es dort bis zu 2.000 Löwen in privater Haltung gebe. Wegen des Krieges würden die Tiere nun verstärkt illegal verkauft, sagte Klippstein.
Experte fordert Haltungsverbot für Raubkatzen
Bekommen es Nachbarn mit, wenn ein Löwe illegal gehalten wird? Häufig nicht, sagt der Experte. Die Tiere würden meist versteckt gehalten. Auffallen würde das dann erst, wenn ein Tier ausbreche.
Auch wenn die Löwin von Kleinmachnow sich am Ende als Wildschwein entpuppte: Der Tierschützer hoffte seinerzeit, dass der Fall Folgen für die gesetzlichen Regelungen in Deutschland hat. "Die Haltung von Raubkatzen, Reptilien, Gifttieren und anderen Exoten muss endlich verboten werden", sagte Klippstein.
- Schriftliches Interview mit Stefan Klippstein