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LNG-Terminal auf Rügen: Bürgermeister Schneider will Bürgerentscheid


Kritik an LNG-Standort auf Rügen
"Da sind Habeck die Gesichtszüge entglitten"

Von t-online, nhe

Aktualisiert am 18.05.2023Lesedauer: 4 Min.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Archivbild): Ihm stellt sich auf Rügen große Kritik entgegen.Vergrößern des Bildes
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Archivbild): Ihm stellt sich auf Rügen große Kritik entgegen. (Quelle: phototek/imago-images-bilder)
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Der Bund will den Bau eines LNG-Terminals auf Rügen durch die Aufnahme in ein Gesetz beschleunigen. Die Kritik auf der Insel ist derweil weiter riesig.

Ungeachtet des Widerstandes auf Rügen treibt die Bundesregierung die gesetzlichen Vorbereitungen für den Bau eines Flüssigerdgas-Terminals auf der Insel voran. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch die Aufnahme des Hafens Mukran bei Sassnitz in das sogenannte LNG-Beschleunigungsgesetz, über das nun noch im Bundestag beraten wird.

"Da zur Sicherung der Energieversorgung weiterhin ein entsprechender Bedarf besteht, wird nach engem Austausch mit der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern mit Mukran ein Standort an der Ostseeküste in das Gesetz als Vorhabenstandort aufgenommen", teilte das Bundeswirtschaftsministerium nach der Entscheidung der Ministerrunde mit. Der Hafen sei ein ausgewiesenes Gewerbe- und Industriegebiet, so dass die Baumaßnahmen "verträglicher umsetzbar" seien.

Unverständnis und Empörung auf Rügen

Auf der Insel löste der Regierungsbeschluss nur wenige Tage nach einem weiteren Treffen von Kommunalpolitikern mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Unverständnis und Empörung aus. "Die Bundesregierung stellt erneut ihr rigides und demokratieschädigendes Vorgehen unter Beweis. Sie schafft erneut klammheimlich Fakten an den Bürgern vorbei", heißt es in einer vom Binzer Bürgermeister Karsten Schneider und Tourismusdirektor Kai Gardeja getragenen Mitteilung.

Noch immer stehe ein plausibler Nachweis dafür aus, dass ein zweites Terminal für Flüssigerdgas (LNG) an der Ostseeküste überhaupt notwendig sei. Schneider und Gardeja kündigen in dem Schreiben erneut an, mit allen rechtlichen Mitteln gegen den Bau des LNG-Terminals auf Rügen vorgehen zu wollen: "Denn der Wille der Einwohner von Rügen wird komplett ignoriert."

Der regionalen Zeitung "Nordkurier" sagte Schneider, er wolle zur Kommunalwahl 2024 hinsichtlich des geplanten Terminals einen Bürgerentscheid anstreben. "Die Demokratie hat hier in den vergangenen Wochen viel gelitten. Das wollen wir [...] reparieren", so der Binzer Bürgermeister zu dem Blatt. Den Bürgerentscheid habe Schneider Habeck am vergangenen Freitag beim Besuch auf Rügen bereits angekündigt. "Da sind Habeck anschließend die Gesichtszüge entglitten", so Schneider weiter.

Kritiker vor allem auf der Insel sorgen sich um den dort besonders wichtigen Tourismus, dabei geht es etwa um den mit einem LNG-Terminal verbundenen Schiffsverkehr und den Pipeline-Bau. Sorgen bereiten zudem mögliche Folgen für die Umwelt und es wird kritisiert, dass nicht benötigte Überkapazitäten geschaffen würden. Unterstützung erhalten die Inselbewohner von Umweltschutzverbänden und Parteien nahezu aller Richtungen.

Bei dem Treffen Ende vergangener Woche hatte Habeck Verständnis für die Sorgen von Touristikern und Naturschützern geäußert. "Aber am Ende müssen wir für Deutschland handeln, und die Versorgungssicherheit muss gewährleistet werden", begründete er die Haltung des Bundes. Mit Blick auf den wieder erhöhten Energiebedarf im nächsten Winter werde die Zeit knapp. "Wenn wir das noch in diesem Jahr schaffen wollen, müsste man im Sommer anfangen, zu bauen", so Habeck.

Schnelleres Genehmigungsverfahren

Die Aufnahme Mukrans in das LNG-Beschleunigungsgesetz soll den Weg für ein schnelleres Genehmigungsverfahren ebnen. Die konkreten Planungsunterlagen müssten von den zuständigen Landesbehörden geprüft werden, hieß es. Das Bundeswirtschaftsministerium hält nach derzeitigen Schätzungen eine Inbetriebnahme des Terminals im ersten Quartal 2024 für möglich.

Die Landesregierung hatte allerdings dafür geworben, die Aufnahme von Mukran in das Gesetz des Bundes nicht zu überstürzen. In einem gemeinsamen Statement von Landeswirtschaftsminister Reinhard Meyer und Umweltminister Till Backhaus (beide SPD) hieß es: "Der Bund möchte Mukran als Standort. Für die Akzeptanz vor Ort ist entscheidend, dass man sich ausreichend Zeit für Gespräche und Erörterung der Pläne mit den Beteiligten nimmt." Ein klares Votum für oder gegen den Terminalbau auf Rügen blieb bislang aber aus.

Auch im Schweriner Landtag, der sich in Plenum und "Ausschüssen "schon mehrfach mit dem Terminalbau befasste, bleibt das Vorhaben ein Thema. Die Mehrheit der Fraktionen fordert weitere Prüfungen. "Am Ende muss eine solche Entscheidung neben den rechtsstaatlichen Genehmigungsverfahren auch vor Ort überzeugen und Akzeptanz finden", hieß es aus der SPD-Regierungsfraktion. Es bedürfe vor allem Zeit und Gelegenheit, um das Thema mit den Akteuren zu erörtern.

"Wir brauchen nicht nur einen klaren Nachweis für den Bedarf dieses Terminals, sondern ein transparentes, rechtmäßiges und vollständiges Zulassungsverfahren", forderte der Grünen-Abgeordnete Hannes Damm. Deutlicher wurden AfD und CDU. Das geplante Terminal schaffe unnötige Überkapazitäten, meinte Martin Schmidt von der AfD. Statt von Fakten lasse sich Habeck vom Bauchgefühl leiten, kritisierte der CDU-Abgeordnete Sebastian Ehlers. Die FDP bekannte sich indes zum Standort Mukran. Der Hafen sei aufgrund seiner industriellen Prägung für das Terminal geeignet und könne später auch wichtiger Bestandteil einer Wasserstoffinfrastruktur sein, erklärte der Abgeordnete David Wulff.

Die Linke im Nordosten bekräftigte dagegen ihre Ablehnung und bezeichnete das Agieren der Bundesregierung als enttäuschend und inakzeptabel. "Dieses Basta-Politik schafft kein Vertrauen, weder in die Politik noch in künftige Herausforderungen der Energiewende", heißt es in einer Mitteilung des Landesvorstandes. Der Nachweis des tatsächlichen Bedarfs stehe weiter aus und ungeklärt seien die Auswirkungen auf Natur und Tourismus. "Habeck agiert wie ein störrisches Kind und Scholz schaut weg. Ein unhaltbarer Zustand", meinen die Partei-Landesvorsitzenden Vanessa Müller und Peter Ritter.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • nordkurier.de: "Rügen schockt Habeck mit Bürgerentscheid"
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