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"Letzte Generation": So fühlt sich eine Blockade für die Klimaaktivisten an


Blockade der "Letzten Generation"
Nach Polizeidrohung: "Ich entscheide, das ist es nicht wert"

Von t-online, jse

Aktualisiert am 21.02.2023Lesedauer: 2 Min.
Klimaaktivistinnen der "Letzten Generation" (Archivbild): Sie verteidigen ihre Straßenblockaden.Vergrößern des Bildes
Klimaaktivistinnen der "Letzten Generation" (Archivbild): "Unverrückbar für den Moment." (Quelle: JONAS GEHRING/imago-images-bilder)
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Wer bei Wind und Wetter auf der Straße sitzt, braucht ein dickes Fell. Das beschreibt ein Ex-Journalist, der jetzt mit der "Letzten Generation" protestiert.

Die Straßenblockaden der "Letzten Generation" zerren vielen Autofahrern an den Nerven. Dass die Aktionen auch für die Blockierer eine körperliche und seelische Belastung sind, haben Sprecher der Gruppe immer wieder erklärt, seit es die "Letzte Generation" gibt. Ein Blogeintrag von einem der Aktivisten gibt nun tiefere Einblicke in ihr Seelenleben.

Raphael Thelen, Jahrgang 1985, war lange Journalist, schrieb früher unter anderem für die "Zeit" und den "Spiegel". Anfang 2023 wechselte Thelen dann die Seiten, wie er es selbst nennt – und wurde vom Journalisten zum Klimaaktivisten. Die Klimakrise, erklärte Thelen im Januar dem Medienblog "Übermedien", werde nur von Wissenschaftlern und Aktivisten angemessen kommuniziert.

"Für die, die es kapiert haben"

Im Oktober begann er, einen Newsletter zu schreiben. Titel: "Klima – Der Newsletter für die, die es kapiert haben". "Das ist mein erstes Mal, und ich habe Schiss, irgendwas zu verkacken", schreibt Thelen in seinem jüngsten Beitrag über eine Blockade in Berlin-Mitte. Das Betreten der Fahrbahn mit Warnweste und Bannern habe sich angefühlt, "als überträte ich eine Schwelle."

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Thelens erste Blockade ist auch eine der aufsehenerregenderen der jüngsten Vergangenheit: Am 15. Februar hatten die Aktivisten nicht nur Kleber, sondern auch Beton eingesetzt, um sich an der Fahrbahn zu befestigen. Das Verkehrsministerium wolle damit neue Autobahnen bauen, schreibt Thelen: "Wir verwenden den Beton heute für etwas Sinnvolles. Straßenblockade."

Klimaaktivist dankt der Polizei

Er selbst kommt mit dem Beton nicht in Kontakt. Thelen hat einen der äußeren Plätze zugewiesen bekommen, er ist der, der aufsteht, sollte eine Rettungsgasse nötig werden. Doch er verfehlt seine angedachte Position, setzt sich zu weit innen auf die Straße. Zwei Autofahrer, so schreibt es der ehemalige Journalist, stoßen durch die enge Lücke, ein paar Handbreit von seinem Kopf entfernt. Thelen korrigiert seinen Fehler, rückt nach außen. "Die Straße ist dicht."

Es ist nicht die einzige unangenehme Erfahrung, die er beschreibt. Zwei Männer hätten die Gruppe angepöbelt, einer gespuckt. Die Polizei habe einen Mob, wie er ihn nennt, aufgelöst, von der Fahrbahn vertrieben. "Danke", schreibt Thelen in Richtung der Beamten. Andere seien freundlich gewesen, hätten Kaffee gebracht, nach der Blockade eine Tüte Brezeln. "Sie sind nicht gut, aber schmecken himmlisch."

Politisches Manifest in quasireligiöser Sprache

Als es schließlich daran geht, ihn von der Straße zu entfernen, drohen Polizisten ihm bei der dritten Aufforderung Schmerzgriffe an. "Ich entscheide, dass es das nicht wert ist." Er habe schon genug "gesundheitlichen Scheiß" an der Backe.

Thelen kann schreiben, das wird in fast jedem Satz seines Textes klar. Er beobachtet seine Umgebung genau, erkennt, dass ein Mann ihn minutenlang anstarrt. Er wechselt frei vom politischen Manifest (Thelen fordert, die Regierung müsse "endlich was tun" und zitiert einen Passanten, der PS-stärkere Autos "Ideologie" nennt) zur Selbsterkenntnis, der Unterton ist quasireligiös. Die Verbindung mit dem Asphalt lasse ihn ruhiger werden, er fühle sich "unverrückbar", "ein Mittelfinger für den Wahnsinn". Am Ende laufe er durch die Neuköllner Sonne nach Hause. "Ich bin glücklich", schreibt der Ex-Journalist.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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