Stadt in Brandenburg machtlos? Verschwörungsideologe will "feiern, bis der Arzt kommt"
Ein einflussreicher Verschwörungsfanatiker will in Brandenburg auftreten. Die Behörden glauben, nichts machen zu können. Das Auschwitz Komitee warnt.
Friedemann Mack aus Baden bombardiert seine Followerschaft regelrecht mit Meldungen, Videoclips und Audiobeiträgen: Von US-Radiowellen, die angeblich das verheerende Erdbeben in der Türkei ausgelöst hätten, ist die Rede. Dann singt Mack ein Schmählied gegen einen kritischen Journalisten, schimpft über Impfungen. Zwischendurch postet er einen ernsthaft interessanten Artikel eines seriösen Mediums oder Werbung für ein Naturheilmittel. Und wieder und wieder bringt er absurde QAnon-Propaganda.
Der Telegram-Kanal, in dem dieser wilde Mix in enger Taktung erscheint, heißt "Mäckle macht gute Laune". Kaum zu glauben: 127.000 Menschen lassen sich das groteske Nachrichtengewitter, das Mack dort abfeuert, zustellen. Jetzt sorgt ein Auftritt, den der Verschwörungsideologe am Wochenende bei Berlin plant, für Wirbel.
Verfassungsschutz warnt vor QAnon
Denn als Auftrittsort ist die Stadthalle in Falkensee vorgesehen – und die Stadt glaubt, machtlos gegen die Show von Mack zu sein. Dabei ist QAnon zweifellos eine der gefährlichsten Verschwörungsideologien, die im Augenblick Verbreitung finden: Laut Verfassungsschutz bietet der Glaube "Anknüpfungspunkte für rechtsextremistische Ideologeme", insbesondere durch "in die Theorie verwobene Elemente eines vermeintlichen Blutkultes in Verbindung mit einem weltumspannenden Geheimbund, dessen Darstellung jegliche antisemitische Klischees bedient".
Die QAnon-Anhänger sind überzeugt davon, dass eine weltweite Elite Kinder im Erdinneren gefangen hält und aus ihrem Blut ein Verjüngungsserum herstellt. In einem "Mäckle"-Online-Shop gibt es eine eigene QAnon-Rubrik. Dazu Trump- und Putin-Caps, eine Fahne des Deutschen Reichs in der Kaiserzeit und Kleidungsstücke in den "Reichsbürger"-Farben Schwarz, Weiß und Rot.
Internationales Auschwitz Komitee: "Für Überlebende des Holocaust unerträglich"
Mack selbst gibt sich gerne betont harmlos. Die Veranstaltung am Samstag in Falkensee ist als "Meet and Greet"-Party angekündigt unter dem Motto: "Feiern, bis der Arzt kommt".
Dass ein Arzt nicht ausreicht, vermutet das "Bündnis gegen Rechts" in Falkensee. Für Samstag ruft es zum Protest gegen die Veranstaltung auf. "Wir befürchten, dass Falkensee sich etabliert als rechter Vorort von Berlin", sagte am Mittwoch der Linken-Stadtverordnete Eric Heidrich, der auch Mitglied des Bündnisses ist, der Nachrichtenagentur dpa.
Auch das Internationale Auschwitz Komitee ist entsetzt. Es hat die Stadt Falkensee aufgefordert, den Auftritt in der Stadthalle zu verhindern. Es sei für Überlebende des Holocaust unerträglich, dass einem Propagandisten der QAnon-Bewegung eine Stadthalle in Deutschland für die Verbreitung seiner kruden Hetze zur Verfügung gestellt werde, kritisierte Christoph Heubner, der Exekutiv-Vizepräsident des Auschwitz Komitees, am Mittwoch.
"Der Bürgermeister von Falkensee und alle dort Verantwortlichen sind dringend aufgefordert, jede rechtliche Möglichkeit zu nutzen, diesem die Demokratie zerstörenden Spuk Einhalt zu gebieten", erklärte Heubner.
"Querdenkerin" hat Veranstaltung angemeldet
Laut "Tagesspiegel" werden bei der "Mäckle"-Party am Samstag bis zu 1.200 Gäste erwartet. Angemeldet wurde die Veranstaltung von einer Privatperson. Dem "Tagesspiegel" zufolge handelt es um eine Frau, die im Juni in Falkensee für die "Querdenker"-Partei "Die Basis" als Kandidatin für die Bürgermeisterwahl antreten will.
Der Falkenseer Bürgermeister Heiko Müller (SPD) sagte der Zeitung, sie habe dem Rathaus mitgeteilt, bei dem "Mäckle"-Event ihre Kandidatur bekannt geben zu wollen. Daher seien ihm nun die Hände gebunden. Die Stadt müsse die Halle zur Verfügung stellen, eine Nichtvermietung wäre ein "klarer Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsätze".
Extremistische Umtriebe in Falkensee
Die 45.000 Einwohner-Stadt Falkensee, die westlich von Berlin im Kreis Havelland liegt, machte 2022 Schlagzeilen im Zusammenhang mit einer extremistischen Chatgruppe, die die Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und einen Umsturz geplant hatte. Einer der Hauptbeschuldigten kam laut Ermittlungsbehörden aus Falkensee und soll mit entscheidend für die Planung gewesen sein.
In der Stadt hat auch das Magazin "Compact" seinen Sitz. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft es als erwiesen rechtsextremistisch ein.
- Telegram-Kanal "Mäckle macht gute Laune"
- Online-Shop mit "Mäckle"-Produkten
- verfassungsschutz.de: Glossareintrag zu QAnon
- tagesspiegel.de: "Schlager, Drinks und QAnon: Verschwörungs-Party in Falkensee?"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa