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Venus Berlin 2022: Das hat die Erotikmesse für Frauen zu bieten


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Rundgang über die Erotikmesse
Was die Venus für Frauen zu bieten hat


Aktualisiert am 23.10.2022Lesedauer: 4 Min.
Die Venus: Bei den meisten Shows präsentieren sich Frauen, bei einigen kommen sie auch selbst auf ihre Kosten.Vergrößern des Bildes
Performer Ari Denaro (links) auf der Venus: Bei den meisten Shows präsentieren sich Frauen, aber nur bei wenigen steht die weibliche Lust wirklich im Mittelpunkt. Anders sieht es in der "Kinky Area" aus (hier im Bild). (Quelle: Frederike van der Straeten)

Auf der Venus dreht sich alles um Frauen. Für Besucherinnen wird aber wenig geboten – erst in der "Kinky Lounge" wird es richtig interessant.

Auf dem Weg zum Messegelände begegnen mir sehr junge Mädchen in bunter Lolitamode und Reptilienkontaktlinsen, teilweise begleitet von Männern mit Rüschenhemden und bunten Perücken. Der erste Gedanke: Wow, Gen Z und der japanische Hentai-Trend scheinen die Sexmesse Venus gekapert zu haben!

Doch vor Ort trennen sich die Schlangen. Während sich die Teenager im Fantasy-Kostüm am Eingang zur Manga und Entertainment Expo "Mex Berlin" einreihen, geht es für meine Fotografin und mich zum Eingang der Erotikmesse Venus.

60 Euro kostet ein Tagesticket – ein teurer Spaß also, wenn man eigentlich nur mal schnuppern möchte. Andererseits wird Liebhabern der Erwachsenenunterhaltung dafür relativ viel geboten: Auf den verschiedenen Bühnen des Geländes sind den ganzen Tag Strip- und Sex-Shows zu bewundern. Wer möchte, kann sich mit Nacktstars wie Michaela Schäfer oder Porno-Unternehmerinnen wie Fiona Fuchs ablichten lassen.

Live-Sex will gut ausgeleuchtet sein

Auch der Reiz, den Sexarbeiterinnen live bei der Arbeit zusehen zu können, lockt jedes Jahr Hunderte von Besuchern an den Bühnenrand. Die dort dargestellten Masturbationspraktiken sind zwar so alt wie die Menschheit, werden auf der Venus jedoch stets im Kontext des technischen Fortschritts präsentiert. Das neueste Update? Seit diesem Jahr performen viele der Cam-Girls mit hellen Influencer-Lichtern, die für eine perfekte Ausleuchtung der zumeist glatt rasierten Vulven sorgen.

Doch auch wenn es die weibliche Lust ist, die hier von den Performerinnen dargestellt wird: Ein Angebot, das sich speziell an heterosexuelle Frauen richtet, ist zumindest im Mainstreambereich eher rar gesät. Geknüpft ist das unter anderem an die historische Sichtweise, dass Männer triebhafter seien und stärker auf optische Reize reagieren. Neuere Studien stellten jedoch fest, dass die Biologie kein Grund dafür ist, dass Frauen statistisch seltener Pornografie konsumieren und noch deutlich seltener dafür bezahlen. Visuelle Reize können uns Frauen genauso erregen wie Männer.

Aber die gesellschaftliche Stigmatisierung weiblicher Sexualität und die Tatsache, dass das Angebot der meisten Pornoseiten auf ein männliches Publikum zugeschnitten sei, habe in der Vergangenheit dazu geführt, dass sich Frauen bisher nicht als Konsumentinnen von Pornografie etabliert hätten.

Die "Ladies Area" besteht nur aus zwei Containern

Das erklärt zum Beispiel, warum die "Ladies Area" auf der Venus nur aus zwei Containern besteht, in denen alle zwei Stunden ein paar Gentlemen für ungefähr 20 Damen strippen, während auf der Hauptbühne ein Dauerprogramm für fleißig fotografierende Herren stattfindet.

Zudem sind die meisten Stände mit Plakaten und Merchandise von Sexarbeiterinnen dekoriert. Doch selbst wenn es Anlaufstellen für Frauen gäbe, wäre die Frage, welche deutschen Pornodarsteller dort am meisten Erfolg hätten. Denn internationale Stars wie Owen Gray, Tyler Nixon oder Manuel Ferrara genießen durchaus die Aufmerksamkeit einer weiblichen Fangemeinde. Im deutschen Porno-Mainstream konnten sich bisher jedoch wenige Namen durchsetzen, die von Männern beneidet und gleichzeitig von Frauen ehrlich begehrt werden.

Biertrinkende Männer nennen alle Frauen "Mausi"

Das Thema Männer ist auf der Venus ohnehin schwierig: Während die Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen ausnahmslos sehr zuvorkommend, respektvoll und höflich sind, ist unter den Besuchern schon der ein oder andere schräge Vogel dabei. Zudem scheint es einigen Herren, die schon früh am Tag etwas zu feiern haben und mit Bier anstoßen, relativ schwer zu fallen, meine Fotografin und mich beim Vornamen zu nennen – ein simples "Mausi" scheint ihnen geläufiger zu sein.

Andere Männer bieten hingegen in ihrer Schüchternheit ein jämmerliches Bild: Halb amüsiert, halb mitleidig beobachte ich mehrere Szenarien, in denen die Jungs von Animierdamen zum Kauf von Fanartikeln oder einer privaten Strip-Show überredet werden, dabei aber eher so aussehen, als ob sie eigentlich wieder aus der Nummer rauswollen.

Das "SofAh" für das Liebesspiel

Gelangweilt von dem Überangebot an Muschis wandern meine Fotografin und ich deshalb rüber zum Ausstellerbereich. Hier kann man sich entspannt durch die Produktpalette kontemporärer Erotik testen: Ich liege probe auf dem "SofAah", einem Möbelstück, dass speziell fürs Liebesspiel designt wurde, genieße ein aufheiterndes Whisky-Tasting und bewundere die Werbung für ein romantisches BDSM-Schloss, in dessen Zimmern sich Pärchen nicht nur extra weiche Matratzen, sondern auch ein Andreaskreuz dazubuchen können.

Besonders charmant ist eine Gruppe Spanierinnen im Nonnenkostüm, die mir ein prickelndes CBD-Öl auf die Lippen träufeln, mit dem eigentlich der Intimbereich angeregt werden soll. Beschwingt von diesen ersten Erfolgen auf der Suche nach der weiblichen Lust lande ich beim Waffelstand von Yusuf und Calvin. Unter dem Namen "Mummus & Lümmels" verkaufen sie Waffeln in Vulva- und Penisform. Der Biss in den mit Zartbitter-Schokolade überzogenen Teig-Phallus beschert mir einen weiteren Genusshöhepunkt.

In der "Kinky Lounge" wird es bunt

Danach mache ich mich auf, um den letzten unentdeckten Flügel der Erotikmesse zu erkunden, die "Kinky Lounge". Ich erwarte Furry-Kostüme und Folterobjekte. Doch stattdessen offenbart sich hier eine Facette der Venus, die in ihrer Andersartigkeit eine absolute Parallelwelt zur Stripclubatmosphäre im Mainstream-Bereich darstellt. Die Körper hier sind divers und manchmal eher modisch als sexy gewandet. Der Duft von Berlin liegt in der Luft: international, hip, alternativ.

Ethische Porno-Websites wie "Ersties" oder die Amateurpärchen-Plattform "Lustery" sind hier ebenso repräsentiert wie der aus München angereist Verein "Dein Sex. Deine Wahl", der sich im konservativen Bayern für das Gelingen von konsensueller und selbstbestimmter Sexualität einsetzt. Zudem kann man hier Tantra-Workshops besuchen oder sich sein Sex-Horoskop legen lassen.

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Weibliche Lust – das ist doch keine Nische

Es hat einen gewissen Beigeschmack, dass dieses sehr breite Angebot für Frauen und die LGBTQ-Community innerhalb der "Kinky Lounge" repräsentiert ist, die sich in den vergangenen Venus-Jahren eher mit sexuellen Nischen befasst hat. Denn am Spirit der Gemeinschaft hier merkt man: Nische sind die Protagonisten hier eigentlich schon lange nicht mehr. Denn sie haben rechtzeitig eine Marktlücke mit unfassbaren Potenzialen erkannt: Sie setzen auf die Kaufkraft von weiblichen oder queeren Porno-Konsumenten und investieren in mehrerlei Hinsicht in die Zukunft.

Denn zum einen wird eine feminine Demografie, die ohne Scham in Erotika investiert, den Markt revolutionieren. Zum anderen werden Frauen, die mit einer befreiten Lust aufwachsen, ganz anderen Sex haben und mit einem anderen Selbstbewusstsein durchs Leben gehen.

Wer hat die Venus verpasst hat, hat übrigens auch in den nächsten Tagen noch die Chance, einen Einblick in die progressive Berliner Porno-Szene zu erhalten. Vom 25. bis zum 30. Oktober findet im Kino Moviemento und im Kino Babylon Kreuzberg das Pornfilmfestival Berlin statt.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen auf der Venus
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