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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Waldbrand in Berlin Badespaß im Grunewald: "Meine Frau darf nicht wissen, dass ich hier bin"
Um den Waldbrand im Grunewald zu bekämpfen, saugt die Feuerwehr Wasser aus einem Badesee. Trotzdem sind die Strände voll. Wieso?
Der Kontrast ist fast etwas bizarr. Seit den frühen Morgenstunden kämpfen Feuerwehr, Bundeswehr und Polizei gegen ein Feuer im Berliner Grunewald, ausgehend von einem Brand auf einem Sprengplatz. Immer wieder sind Explosionen zu hören. Der Sprecher der Feuerwehr macht sich "große Sorgen", die Regierende Bürgermeisterin Giffey bricht ihren Urlaub ab.
Ein paar Kilometer weiter liegt der beliebte Badesee Krumme Lanke. Trotz des Feuers sind die Strände und das Wasser voll, es ist schließlich einer der heißesten Tage des Jahres.
Die beiden Orte sind mit einem langen Schlauch durch den Wald verbunden: Denn die Berliner Feuerwehr saugt Wasser aus der Krummen Lanke, um damit zu löschen. Laut einem Feuerwehrmann vor Ort fördert das Feuerwehrauto, das an der Krummen Lanke steht, pro Minute etwa 2.400 Liter Wasser Richtung Waldbrand. Seit 7.30 Uhr morgens, inzwischen ist es fast 18 Uhr. Zwischendurch kommt das THW vorbei, um den Wagen wieder aufzutanken, denn die Pumpe wird vom Motor betrieben. Das Geräusch dröhnt bis zum Strand, auch der Helikopter der Polizei ist zu hören.
Badende bedanken sich bei der Berliner Feuerwehr
Wie reagieren die Badenden auf den Einsatz, der einem vor Augen hält, wie nahe der Waldbrand ist? Viele seien sehr interessiert und stellten Fragen, sagt der Feuerwehrmann. "Es gab auch viele, die sich bei uns bedankt haben. Ein Eismann hat uns Eis geschenkt, das erleichtert so einen Tag schon ein wenig und fühlt sich gut an."
Ein Badegast, der ganz in der Nähe wohnt, möchte zwar gerne über das Feuer sprechen, aber nicht erkannt werden. "Meine Frau darf nicht wissen, dass ich hier bin", sagt er. Sie habe Angst wegen des Feuers und wolle deshalb nicht, dass er oder die drei Kinder an den See gingen. "Aber ich brauchte die Abkühlung bei dem Wetter."
Anwohner berichtet über Explosionen: "Aus dem Bett gefallen"
Sorgen macht ihm das Feuer trotzdem. "Ich habe die Explosionen heute Nacht gehört. Ich bin aus dem Bett gefallen, so laut war das", erzählt er. Erst habe er gedacht, dass der Blitz eingeschlagen sei. Aber als noch mehr Explosionen dazukamen, sei ihm das Munitionslager eingefallen. Er glaubt, dass es jetzt auf den Wind ankomme, wie das Feuer sich weiter entwickle. "Notfalls packe ich meine Familie ins Auto und fahre los. Hauptsache weg." Am Morgen habe er schon darüber nachgedacht, zum Glück sei es ja aber bisher nicht nötig.
Auch der nächste badende Familienvater macht sich Gedanken: "Wir sind erst später gekommen, weil wir die Entwicklung erstmal abwarten wollten." Am Morgen habe er die Nachricht als "sehr angsteinflößend" empfunden, sagt der 43-jährige Philipp. Er habe am Nachmittag extra in der Fischerhütte angerufen und nachgefragt, wie die Lage sei. Seine siebenjährige Tochter Nina findet das nahe Feuer auch etwas gruselig.
"Ich hab mich noch nicht ins Wasser getraut. Ich hab Angst, dass das zu warm ist wegen dem Feuer", sagt sie. Der Vater lacht und beruhigt sie, dass das nicht so sei.
"Es gibt einen Waldbrand hier in der Nähe? Oh Shit"
Trotz der Nähe gibt es hier auch Menschen, die noch gar nichts vom Feuer mitbekommen haben. "Es gibt einen Waldbrand hier in der Nähe? Oh Shit, wussten wir gar nicht", sagt Kessy, der mit seinem Kumpel Luke gerade am Feuerwehrauto vorbei Richtung See gelaufen ist. Die beiden sind Touristen aus Glasgow. "Ich dachte, die pumpen vielleicht Wasser in den See, weil es nicht genug gibt", sagt Kessy. "Da hoffen wir mal, dass das nicht näher kommt."
Vater Robin steht mit Lovis, 7, und Rasmus, 2, beim Feuerwehrauto. Die Kinder beobachten fasziniert, wie die Feuerwehrleute einen Schlauch auswechseln, der durch den rauen Boden beschädigt wurde. Es ist der vierte Wechsel heute. Vom Feuer habe er zwar im Radio gehört. "Aber ehrlich gesagt war mir nicht klar, wie nah das hier ist." Erst als er das Feuerwehrauto gesehen habe, sei ihm das klar geworden.
"Immer mehr Waldbrände": Sorgen um die Zukunft
"Ich hatte erst schon ein bisschen Angst", sagt Lovis. Aber ihr Vater habe ihr erklärt, dass die Polizei den See gesperrt hätte, wenn es gefährlich wäre. "Außerdem können wir ins Wasser, da ist man sicher vor Feuer", sagt das Mädchen. Rasmus interessiert sich nur für das Feuerwehrauto. "Wrummwrumm", sagt er.
Trotz des Spaßes, den sein Sohn hat, macht sich auch Vater Robin so seine Gedanken. "Insgesamt ist es ganz schön beunruhigend, dass es immer mehr Waldbrände in Deutschland und Europa gibt", sagt er.
Er blicke mit Sorgen in die Zukunft. Da ist er nicht der Einzige. "Wer den Klimawandel leugnet, soll sich die verbrannte Erde ansehen", sagte der Bürgermeister der waldbrandgeplagten Gemeinde Treuenbritzen erst vor ein paar Wochen im t-online-Interview.
Damit steht Robin unter den Badenden an der Krummen Lanke aber recht alleine da. Für sie geht der Badespaß weiter – auch wenn der Wald nebenan noch brennt.
- Reporter vor Ort