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Frauen-EM: Fans in Berlin diskutieren über Unterschiede zum Männerfußball


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Fans beim EM-Finale der Frauen
"Es gibt immer noch ein gesellschaftliches Ungleichgewicht"

Karim El-Helaifi, Berlin

Aktualisiert am 01.08.2022Lesedauer: 3 Min.
Sylvia Kümmele, Marion Dennert, Bernd Kümmele und Jessica Kümmele beim Public Viewing in Berlin.Vergrößern des Bildes
Sylvia Kümmele, Marion Dennert, Bernd Kümmele und Jessica Kümmele beim Public Viewing in Berlin (von links): Die Familie ist Frauenfußball-begeistert. (Quelle: Karim El-Helaifi)
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Hat diese Frauen-EM die deutsche Fußballkultur verändert? Darüber diskutierten Fans beim Public Viewing in Berlin.

Es ist noch mehr als eine Stunde bis zum Anpfiff und schon stehen aufgeregte Fußballfans in einer langen Schlange vor dem BRLO Brwhouse am Gleisdreieckpark in Berlin-Kreuzberg. Jede mögliche Sitzgelegenheit wird genutzt – auch der Boden. Deutschland gegen England, ein Klassiker. Die Fans freuen sich auf das Finale der Frauen-EM.

Jessica Kümmele (24) hat ihre ganze Familie und Freunde hergeschleppt. "Ich bin sehr aufgeregt heute aufgewacht." Sie habe selbst mit fünf Jahren mit Fußball begonnen und zwölf Jahre gespielt, bis sie verletzungsbedingt aufhören musste. "Sonst würde sie da heute selbst mitspielen", ruft stolz ihr 58-jähriger Vater Bernd. In der Familie ist der Frauenfußball fest installiert. Der deutschen Frauennationalmannschaft seien sie bei der Weltmeisterschaft in Frankreich hinterhergereist.

Fans in Berlin: "Fußball ist Fußball"

James Dickey (32) aus Nordirland schaut seit über vier Jahren intensiv Frauenfußball. Er kann das Desinteresse vieler seiner männlichen fußballbegeisterten Freunde nicht nachvollziehen: "Fußball ist Fußball. Ich bin immer wieder begeistert von der Qualität. Dann ist es nicht wichtig, wer spielt."

Für viele Gäste des Biergartens hat diese Europameisterschaft das Interesse am Frauenfußball entfacht. Theresa Gerber (27) war mit ihren Freundinnen und Freunden zwar schon beim Halbfinale hier, aber "ehrlich gesagt haben mich mein Vater und sein Freund dazu gebracht, weil ich denen extra das Tablet in die Kneipe bringen musste, damit sie sich die Spiele der Gruppenphase anschauen konnten." Das habe ihr den Impuls gegeben, die Spiele der deutschen Mannschaft zu verfolgen.

"Es sind Menschen mit den unterschiedlichsten sexuellen Identitäten hier"

Vieles deckt sich mit dem Public-Viewing-Erlebnis bei Turnieren im Männerfußball. Die Atmosphäre ist erwartungsvoll und die Biertheke arbeitet im Akkord. Aber gleichzeitig sprechen die Zuschauenden viel über Unterschiede: "Hier sind Familien, junge Menschen, ältere Menschen und man sieht auch viele Männer, die interessiert sind und das Frauen-Nationalteam unterstützen", bemerkt Patricia Evangelista (28). "Ich mag, dass das Publikum hier sehr divers ist." Ihr Freund Johannes Keiten (28) fügt hinzu: "Es sind Menschen mit den unterschiedlichsten sexuellen Identitäten hier." Im Männerfußball sei das noch sehr verpönt.

Viele Gäste sind überzeugt, dass das Auswirkungen auf die Atmosphäre hat. Von Aggressivität, die es oft bei Veranstaltungen rund um den Männerfußball gebe, sei hier nichts zu spüren.

Viele finden ungleiche Bezahlung ungerecht

Insgesamt scheint neben dem spannenden Verlauf des Spiels die gesellschaftliche Entwicklung durch die steigende Bedeutung des Frauenfußballs viel Gesprächsstoff an den Biertischen zu liefern. "Es gibt immer noch ein gesellschaftliches Ungleichgewicht zwischen Männer- und Frauenfußball, wenn man bedenkt, dass das hier das einzige Public Viewing ist, das wir finden konnten", sagt Sai Tongbor (36). Die Sichtbarkeit habe sich medial zwar erhöht, aber das schlage sich noch nicht genug darin nieder, dass Orte, die normalerweise Fußballspiele übertragen, dies auch bei der Frauen-EM tun.

Ein Hauptthema an den Biertischen ist das Ungleichgewicht bei Ressourcen und Bezahlung zwischen Frauen- und Männerfußball. Simon Mosch (32) findet wie viele Gäste unverständlich, dass die Frauen viel weniger verdienen als die Männer. Die Debatte darüber findet er gut, da nicht nur die Ungerechtigkeit im Fußball, sondern auch insgesamt in der Gesellschaft sichtbarer werde.

Andere Verbände bezahlen den Frauen gleich viel

Viele wünschen sich für die Zukunft, dass der Frauenfußball den gleichen Stellenwert bekommt wie der Männerfußball. "Die Engländerinnen werden vom Sportverband genauso bezahlt wie dort die Männer", sagt Theresa Gerber.

Nach der zweiten Verlängerung stehen die englischen Spielerinnen als Europameisterinnen fest. Enttäuschung ist bei den deutschen Fans zwar zu spüren, aber keine Bitterkeit. Theresa Gerber fasst zusammen: "Super schade, ich hätte es der deutschen Mannschaft schon sehr gegönnt, aber die Engländerinnen haben es auch verdient. Beide Mannschaften haben gekämpft."

Auch nach Ende des Spiels bleiben viele Gäste im BRLO Brwhouse sitzen und diskutieren weiter über harte Zweikämpfe, verpasste Torchancen und die Möglichkeit für eine neue Fußballkultur.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
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