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Aachen: Linke erlebt Mitgliederboom vor Bundestagswahl


"Wir mussten Tische auf die Straße tragen"
Die Linkspartei in Aachen erlebt einen Mitglieder-Boom

Von t-online, kk

21.02.2025 - 12:55 UhrLesedauer: 3 Min.
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Heidi Reichinnek (Archivbild): Die 36-Jährige ist der "TikTok-Superstar" der neuen Linken und mitverantwortlich für den Zustrom an Neumitgliedern. (Quelle: IMAGO/Mike Schmidt)
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Der Aachener Kreisverband der Linkspartei erlebt einen nie dagewesenen Zuwachs an neuen Mitgliedern. Wo sieht die Partei die Gründe dafür?

Ellen Begolli ist seit 2009 Fraktionsgeschäftsführerin der Linken in Aachen. Sie staunte nicht schlecht, als das Linke Zentrum in der Augustastraße bei einem Treffen für neue Mitglieder im Februar aus allen Nähten platzte. "Wir mussten die Tische auf die Straße tragen, damit mehr Leute Platz finden", sagt sie.

Auch Kreisvorstand Darius Dunker hat den bundesweiten Boom der Partei schon auf kommunaler Ebene zu spüren bekommen. Bei den Vorstandssitzungen, sagt Dunker, gebe es immer einen Tagesordnungspunkt, bei dem über Eintritte und Austritte gesprochen werde. Normalerweise würden da zwei oder drei Namen verkündet. In einer der jüngsten Sitzungen sah das etwas anders aus: Eine vier Seiten lange Tabelle mit Eintritten wurde verlesen. Das habe so lang gedauert, dass Ungeduldige bereits den Raum verließen, noch bevor der Tagesordnungspunkt abgehakt war.

In den vergangenen Monaten hätte sich die Mitgliedszahl der Linkspartei in Aachen nahezu verdoppelt, sagt er. In den Vorjahren habe die Partei in Aachen zwischen 350 und 400 Mitglieder gehabt. Nun seien es etwa 600 bis 700. Im Januar und Februar dieses Jahres habe es knapp 200 Neueintritte gegeben.

Die Linke in Aachen: Mitgliederzahl hat sich verdoppelt

Dunker sagt, dass es sich bei den Neumitgliedern fast ausschließlich um junge Menschen handle – geboren im Jahr 2000 oder später. Viele davon seien Schüler und Studenten. Teilweise seien sie noch nicht einmal wahlberechtigt, wollten sich aber unbedingt politisch einbringen, ergänzt Begolli. Damit unterschieden sich die neuen Mitglieder von vielen "stillen Mitgliedern", die seit Jahren nur durch die Bezahlung ihres Mitgliedsbeitrags in Erscheinung treten würden.

Viele der jungen Neu-Linken in Aachen stammen Dunker zufolge auch aus einem ehemaligen "Grünen"-Umfeld. Einige seien auch bei "Fridays for Future" aktiv gewesen. Doch während die "Grünen" regierten, hätten die jungen Leute das Gefühl gehabt, dass die Umweltfrage nicht vorangebracht worden sei, sagt Dunker.

Warum wollen sich junge Leute in der Linkspartei einbringen?

Doch warum wollen sich die jungen Menschen jetzt so dringend auf kommunaler Ebene in der Linkspartei einbringen? In Gesprächen mit Dunker sagten ihm viele Neumitglieder, sie hätten Sorgen, dass das Land "nach rechts abrutsche". Besonders nach der Abstimmung im Bundestag, bei der Friedrich Merz auf die Zusammenarbeit mit der AfD setzte, sei spürbar gewesen, dass die Menschen sich wieder der Linkspartei zuwenden. Das ist auch Ellen Begollis Eindruck. Die jungen Menschen würden in der Linkspartei ein Gegengewicht zur gesamtgesellschaftlichen politischen Verschiebung nach rechts sehen, vermutet Darius Dunker.

Doch auch TikTok spiele eine Rolle – und Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek, so der Kreisvorstand. Gerade ihre wütende Brandmauerrede im Bundestag hätte vielen jungen Menschen aus der Seele gesprochen.

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"Die Frau ist einfach faszinierend", findet auch Begolli. Sie könne sich vorstellen, dass Reichinnek mit ihrer frischen und unkonventionellen Art, ihren Tattoos und ihrem Pony noch einmal ein ganz anderes Publikum anspreche als etwa das linke Urgestein Dietmar Bartsch. Und das liege nicht allein an ihrem Auftreten, sondern auch daran, wie sie spreche – deutlich und verständlich, nah am Sprachduktus der "normalen Menschen", wie Begolli sagt. "Viele Politiker sprechen an der Lebensrealität der Menschen vorbei", ergänzt sie.

Neue Mitglieder: Menschen, die von den Grünen enttäuscht sind

"Was uns außerdem von allen anderen Parteien unterscheidet", stellt Dunker heraus, sei die eigene Themensetzung im aktuellen Wahlkampf: nämlich der Fokus auf die Themen Wohnen und Lebenshaltungskosten. "Wir wollten uns nicht an den Themen der anderen abarbeiten", sagt Dunker. Hätte man "Migration" oder "Solidarität mit Geflüchteten" als Wahlkampfthema genommen, hätte man sich eine Themenstellung von rechts diktieren lassen, meint er.

Doch auch wenn die Umfragewerte aktuell hoch sind, wollen Dunker und Begolli sich nicht zu früh freuen. Schließlich sei aktuell noch alles offen, sagt Begolli. Doch nach einer neuen Räumlichkeit für die kommenden Mitgliederversammlungen wird Darius Dunker sich trotzdem umschauen. Denn der Raum in der Augustastraße sei wirklich zu klein geworden.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Ellen Begolli und Daris Dunker
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