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Lüften hilft erst mal: Lufthygiene-Experten für langfristige Lösungen an Schulen


Lüften hilft erst mal
Lufthygiene-Experten für langfristige Lösungen an Schulen

Von dpa
24.11.2020Lesedauer: 3 Min.
Fenster einer Schule sind zum Lüften geöffnet.Vergrößern des Bildes
Fenster einer Schule sind zum Lüften geöffnet. (Quelle: Christoph Schmidt/dpa./dpa)

Berlin (dpa) - Statt auf mobile Luftreiniger sollten Schulen Experten zufolge besser auf sinnvollere langfristige Lösungen setzen.

"Fest installierte Lüftungsanlagen sind auch nach der Corona-Pandemie noch von großem Nutzen", sagte der Präsident des Umweltbundesamtes (Uba), Dirk Messner, der Deutschen Presse-Agentur. Anders als viele mobile Luftreiniger verursachten sie häufig nur geringe Geräusche im Klassenzimmer und ließen nicht nur die Menge an Krankheitserregern in der Raumluft sinken, sondern auch die an Kohlendioxid und ausgedünsteten Schadstoffen. Kurzfristig stehe ohnehin eine ebenso simple wie hoch effektive Lösung im Vordergrund: regelmäßiges Lüften.

Derzeit ist unklar, wie es für die Schüler in den nächsten Wochen weitergeht. Bund und Länder haben ihre Entscheidung über das weitere Vorgehen im Zuge der Corona-Pandemie auf den Mittwoch (25. November) verschoben.

Laut einer Untersuchung hessischer Wissenschaftler ist das Stoßlüften in Schulen um ein Vielfaches wirksamer als der Einsatz von Luftfiltergeräten. Forscher der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) hatten dafür in einem nicht genutzten Klassenzimmer einer Wiesbadener Schule die Wirkung auf zuvor freigesetzte Aerosole ermittelt, die per Ventilator im Raum verteilt wurden. "Als wesentliches Resultat zeigte sich, dass die Stoßöffnung aller Fenster über drei Minuten bei Außentemperaturen von 7 bis 11 Grad Celsius die eingebrachte Konzentration an Aerosolen bis zu 99,8 Prozent senkte", teilte die THM mit. Mit vier mobilen Luftfiltergeräten in dem Raum sei nach etwa 30 Minuten eine um 90 Prozent verringerte Konzentration gemessen worden. Die Wissenschaftler verweisen zudem auf den Lärm beim Betrieb der Geräte und die hohen Kosten bei der Anschaffung.

Die Kommission für Innenraumlufthygiene (IRK) am Uba mit 23 Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz hatte erst kürzlich wieder betont, dass mobile Luftreiniger kein Ersatz für ausreichendes Lüften seien. Sie seien nur dort eine sinnvolle Ergänzung, wo Fenster nicht ausreichend geöffnet werden könnten und auch keine einfachen Zu- und Abluftsysteme in Frage kämen. Luftreiniger mit speziellen Filtern sammeln Viruspartikel aus der hindurchströmenden Luft, andere Geräte sollen Erreger etwa mittels UV-Licht abtöten.

Etliche Hersteller preisen ihre Luftreiniger derzeit als ideale Lösung unter anderem für die rund 33.000 Schulen bundesweit an, in einigen Klassenzimmer sind solche Geräte bereits im Einsatz. Wenn für einen mobilen Luftreiniger angegeben werde, dass er 99,99 Prozent der Viren herausfiltere, sei dies in Bezug auf eine Virenlast im Raum nicht erreichbar, erklärte Messner. "In der Praxis können 80 bis 90 Prozent erreicht werden, wenn die Reinigung lange genug erfolgt und das Gerät im Raum richtig aufgestellt ist." Von einem entfernt davon sitzenden infizierten Schüler oder Lehrer abgegebene Viruspartikel gelangten unter Umständen aber erst nach längerer Zeitdauer zum Gerät.

Viele Menschen hofften in der Corona-Pandemie auf technische Lösungen, erklärte Messner. Luftreiniger könnten dazu verführen, sich in falscher Sicherheit zu wiegen. "Und so übersimpel und steinzeitlich diese Lösung für manchen klingen mag: Lüften funktioniert nun mal am besten." Erreger verschwänden nach draußen, ebenso das für Müdigkeit und Konzentrationsschwäche sorgende Kohlendioxid, gesundheitsschädliche Stoffe, die aus Materialien im Klassenraum ausdünsten und auch Feuchte, die zu Schimmel führen könne.

Aber offene Fenster bei kalter Außenluft sorgen für Erkältungen, oder? Diese Sorge sei unberechtigt, hatte der HNO-Arzt Bernhard Junge-Hülsing kürzlich erklärt. Im Gegenteil sei es wahrscheinlicher, sich in einem schlecht gelüfteten Raum bei anderen anzustecken. Denn Luftaustausch hält nicht nur die Menge an Sars-CoV-2 klein, sondern auch die anderer möglicherweise vorhandener Erreger wie Grippeviren oder Bakterien.

Die Ansteckungsgefahr in Schulen grundsätzlich und nachhaltig zu senken, könne mit fest installierten zentralen Lüftungsanlagen erreicht werden, sagte Messner. "Es ist seit Jahren Forderung des Uba, Schulen damit auszustatten." Bei einem Neubau entfielen nur wenige Prozent der Bausumme auf eine solche Anlage.

"Als rasche Maßnahme empfehlen sich Zu- und Abluftanlagen für einzelne Klassenräume", ergänzte Messner. Professionelle Modelle mit Wärme- und Feuchterückgewinnung könnten an der Fensterfront angebracht werden. "Das wäre zeitnah umzusetzen und hält viele Jahre", so der Uba-Präsident. Auch improvisierte Abluftanlagen aus Baumarktmaterialien könnten Abhilfe im Klassenraum schaffen, wie ein Vorschlag der Max-Planck-Gesellschaft gezeigt habe. Bei den mobilen Luftreinigern hingegen sei unklar, wie lange sie nach der Pandemie überhaupt noch eingesetzt werden. Auch aus Umweltgesichtspunkten seien Lüftungsanlagen daher besser.

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