Der erste moderne Krieg Amerikanischer Bürgerkrieg begann im Vorgarten
Wilmer McLean besaß eine Farm in dem kleinen Kaff Manassas im US-Bundesstaat Virginia. Das kleine Fleckchen Land gelangte zu großer Bedeutung für die Weltmacht Amerika: "Der Bürgerkrieg begann in meinem Vorgarten und endete in meinem Wohnzimmer", stellte McLean rückblickend fest.
In seinem Häuschen startete im Juli 1861 einer der blutigsten Kriege, den die USA je gefochten hat - und der erste moderne Krieg überhaupt. Er endete schließlich am 9. April 1865, also vor genau 150 Jahren.
Bürgerkrieg droht das Land zu zerreißen
Am 21. Juli 1861 hatte sich General Beuregard auf McLeans Farm einquartiert. An dem Ort kam es zu den ersten Gefechten, die schließlich zur Schlacht am Bull Run führten. Dabei verirrte sich auch eine Kanonenkugel auf das Anwesen. Der Farmbesitzer ahnte wohl, was folgen sollte: Er packte seine Sachen und floh nach Süden.
Vier Jahre dauerte der Amerikanische Bürgerkrieg. Der Süden hatte sich vom Norden losgesagt und die Konföderation gegründet. Präsident Abraham Lincoln aber wollte eine Spaltung der Vereinigten Staaten unbedingt verhindern. Der Konflikt wurde erbittert ausgetragen - mit einer, besonders für die damaligen Verhältnisse, furchtbaren Bilanz: 620.000 Tote, 400.000 Verletzte, verwüstete Städte und die Wirtschaft des Landes am Boden.
Tiefer ökonomischer Riss
Vordergründig ging es bei dem Krieg um die Abschaffung der Sklaverei. Doch zwischen den nördlichen und den südlichen Bundesstaaten verlief schon seit längerer Zeit ein tiefer ökonomischer Riss: Während der Norden auf den Ausbau der Industrieproduktion setzte, verharrte der konservative Süden bei der Landwirtschaft.
In der so genannten Plantagenwirtschaft wurden Sklaven als kostenlose Arbeitskräfte erbarmungslos ausgebeutet und mussten Schwerstarbeit auf den riesigen Baumwoll-, Tabak- oder Zuckerrohrfeldern verrichten.
Einheit des Landes in Gefahr
Im Gegensatz dazu setzten die nördlichen Bundesstaaten auf Industrialisierung. Dafür wurden längst nicht so viele Arbeitskräfte benötigt, die Sklaverei galt als verpönt. Zur Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte der Norden der USA einen gewaltigen wirtschaftlichen Aufschwung. Im Jahr 1860 beispielsweise produziert man dort bereits eine Million Tonnen Stahl, der Süden brachte es gerade einmal auf 36.000 Tonnen. Das Bruttosozialprodukt des gesamten Südens machte gerade ein Viertel dessen des Staates New York aus.
Diese unterschiedliche wirtschaftliche Ausrichtung hatte die USA gespalten. Als Lincoln - ein erklärter Gegner der Sklaverei - im November 1860 Präsident wurde, sagte sich der Süden los. Damit stand die Einheit der Vereinigten Staaten auf dem Spiel. Lincoln ging es um den Erhalt der Union. Die Befreiung der schwarzen Sklaven - in den kriegführenden Südstaaten - war nur Mittel zum Zweck.
Der erste moderne Krieg
In der Folge kämpften etwa zweieinhalb Millionen Amerikaner gegeneinander, 2400 Schlachten und Gefechte wurden ausgetragen. Allein in Cold Harbor fielen 7000 Mann - in 20 Minuten.
Friedrich Engels nannte den Amerikanischen Bürgerkrieg den ersten modernen Krieg. Er war äußerst grausam und brutal - und wurde mit der modernsten Waffentechnik der damaligen Zeit ausgetragen: Schnellfeuergewehre, Handgranaten, Raketenwerfer sowie Geschütze und Kanonen mit hoher Zielgenauigkeit. Häfen wurden vermint, Kanonenboote und Panzerschiffe aufgefahren. Sogar U-Boote kamen zum Einsatz.
Industrie verschafft Kriegsvorteile
Zunächst hatte der Süden die fähigeren Generäle. Robert E. Lee siegte, fast immer deutlich in Unterzahl, in einer Schlacht nach der anderen. General John Magruder hatte nur 10.000 Mann, ließ diese aber immer wieder über den selben Hügel marschieren. Sein Gegenüber, General George McClellan von den Nordstaaten, fiel darauf rein - und forderte trotz 13-facher Übermacht erst einmal Verstärkung an.
Nach den ersten verlorenen Schlachten setzte Lincoln die Kriegsmaschinerie voll in Gang: Immer neue Rekruten wurden professionell ausgebildet, die Rüstungsindustrie lieferte ständig neue Waffen, die Eisenbahn lieferte den Nachschub schnell und tonnenweise überall hin. Dem hatte der Süden bald nur noch wenig entgegenzusetzen.
Vernichtungskrieg mit allen Mitteln
Bei den Schlachten wurden zunehmend auch zivile Opfer billigend in kauf genommen. Bei ihrem Vormarsch durch den Süden hinterließen die Truppen der Nordstaaten eine fast 100 Kilometer breite Schneise der Verwüstung. Menschen und Vieh wurden getötet, Farmen in Brand gesteckt, Städte zerstört. Der Bürgerkrieg hatte sich zu einem Vernichtungskrieg entwickelt, der mit allen Mitteln geführt wurde.
Dem Norden kam dabei - neben seiner technischen Überlegenheit - auch die hohe Zahl an potentiellen Soldaten entgegen: 21 Millionen Einwohnern in den nördlichen Bundesstaaten standen gerade einmal neun Millionen im Süden gegenüber, davon waren vier Millionen Sklaven. Im Norden hingegen war zuletzt jeder zehnte Soldat schwarz - bei einem Anteil von nur einem Prozent an der Bevölkerung.
Zurück auf der Farm von Wilmer McLeans
In Anbetracht der aussichtslosen Lage entschied sich General Robert Lee am 9. April 1865 zu kapitulieren. Sein Stab suchte einen angemessenen Ort für ein historisch bedeutendes Treffen zwischen Lee und dem General der Nordstaatentruppen, Ulysses S. Grant. Da das Gerichtsgebäude an diesem Sonntag jedoch geschlossen war, marschierten sie schließlich zu McLeans Haus. Dieser war mittlerweile zurückgekehrt und ließ sie nur widerwillig ein. Die Kapitulation wurde dann aber doch in McLeans Salon unterzeichnet.
Dieser Akt gilt als das Ende des Bürgerkriegs, auch wenn es an anderen Orten danach noch zu vereinzelten Kampfhandlungen kam.
Lincoln bezahlt mit dem Leben
Der Süden lag nach vier Jahren Krieg zerstört und ruiniert am Boden, die Sklaverei war abgeschafft. Die Wirtschaft des Nordens triumphierte und erlebte einen ungeheuren Push.
Lincoln bezahlte den politischen Sieg mit seinem Leben. Fünf Tage nach der Kapitulation der Konföderierten wurde er am 14. April 1865 von einem fanatischen Südstaatler erschossen.