Waffenbrüder im Ukraine-Krieg Satellitenbilder zeigen Putins Abhängigkeit von Nordkorea

Eine Studie belegt die strategische Rolle Nordkoreas als Russlands wichtigster Waffenlieferant im Angriffskrieg gegen die Ukraine. Auch für die EU hat das Folgen.
Eine Studie enthüllt die entscheidende strategische Bedeutung, die Nordkorea in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat. Das Fazit der Untersuchung: "Die in diesem Papier vorgestellte Analyse zeigt, dass Nordkorea zu einer strategisch wichtigen Quelle konventioneller Munition für die Russische Föderation aufgestiegen ist."
Erstellt haben die Untersuchung das Open Source Centre (OSC), eine unabhängige Forschungseinrichtung in den Vereinigten Staaten, die auf der Basis öffentlich zugänglicher Quellen wie Satellitenbilder oder Schiffspapiere aufwendige Recherchen unternimmt. Unterstützt wurden die Arbeiten von der Nachrichtenagentur Reuters.
Kim schickt seit 2023 bis zu 5,8 Millionen Geschosse und Raketen
Die Verbindungen des russischen Staatschefs Wladimir Putin zu Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un sind seit Langem bekannt. Im Herbst vergangenen Jahres enthüllten ukrainische Geheimdienste, dass Kim Russland auch mit eigenen Truppen im Krieg gegen die Ukraine unterstützt. Nun belegt die OSC-Studie, dass Nordkorea zum entscheidenden Waffenlieferanten für Putins Armee aufgestiegen ist.
Die Bilanz der Lieferungen zwischen September 2023 und 17. März 2025: "Das bloße Ausmaß der Unterstützung wird durch die geschätzte Übertragung von 4,2 bis 5,8 Millionen Artilleriegeschossen und Raketen belegt."
Dabei handelt es sich um eine "konservative Schätzung", wie die Studienautoren erklären. Sie werteten für ihre Untersuchung vornehmlich Satellitenbilder von Hafenanlagen und Güterbahnhöfen in Nordkorea aus. Die Bilder belegen, wie Schiffe in der nordkoreanischen Hafenstadt Rasŏn anlegen. Die Frachter tragen Namen wie "Angara", "Lady R", "Maria", and "Maia-1".
Manche Einheiten Russlands nutzen zu 100 Prozent nordkoreanische Munition
Zugleich wurden Güterzüge aus Nordkorea nach Russland erfasst. Aus der Größe der Frachter und der Länge der Züge schätzten die Forscher Ausmaß und Art der Lieferungen ab. Sie kommen auf mindestens 15.809 Frachtcontainer und strategisch entscheidende Lieferungen von 122-Millimeter- und 155-Millimeter-Geschossen. In einzelnen russischen Einheiten liege der Anteil der nordkoreanischen Munition bei 75 Prozent bis 100 Prozent, heißt es.
Die Schlussfolgerung lautet: "Die derzeit geschätzten Lieferungen von 200.000 bis 270.000 Schuss Munition pro Monat verschaffen Russland einen erheblichen Vorteil auf dem Schlachtfeld."
Nordkorea hat nach westlichen Schätzungen bislang rund 11.000 Soldaten nach Russland entsandt. Rund 4.000 jener Kombattanten auf russischer Seite sollen in Gefechten umgekommen sein. Putin sicherte sich mit der nordkoreanischen Unterstützung nicht nur wichtigen Nachschub. Er trug seinen Krieg damit auf der strategischen Ebene sogar bis in den pazifisch-asiatischen Raum hinein. So heißt es in einem Bericht der Berliner Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP): "Diese zunehmende Verflechtung der Sicherheitsdynamiken in Europa und im Indopazifik hat weitreichende Implikationen für beide Regionen."
Auch Chinesen kämpfen offenbar auf russischer Seite
Im April hatte die Ukraine auch über chinesische Söldner in russischen Reihen berichtet, Chinas Führung hatte dies bestritten. China behauptet offiziell, keine der beiden Seiten in dem Krieg zu unterstützen. Doch sind chinesische Lieferungen von Halbleitern und anderen wichtigen Materialien an Russland bekannt.
Angesichts der Unterstützung für Russland und den Unsicherheiten der US-Waffenhilfe für die Ukraine seit dem Amtsantritt Donald Trumps mahnt der OSC-Bericht mehr Unterstützung an. Erwähnt werden Großbritannien und die Staaten der EU: "Gelingt es nicht, dem quantitativen Vorteil, den die nordkoreanische Unterstützung mit sich bringt, entschieden entgegenzutreten, besteht die Gefahr, dass die Fähigkeit der Ukraine, sich durchzusetzen, grundlegend geschwächt wird und ein Konflikt mit erheblichen destabilisierenden Folgen verlängert wird", heißt es in der Studie.
Die EU hatte der Ukraine die Lieferung von zwei Millionen Granaten zugesagt. Zwei Drittel der benötigten Mittel seien mittlerweile gesichert, sagte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas nach einem Treffen der Mitgliedstaaten zu Wochenbeginn in Luxemburg. Zuletzt hatte CDU-Chef Friedrich Merz die Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine angekündigt. Er war dafür vom Kreml heftig kritisiert worden.
- www.opensourcecentre.org: "Brothers in Arms: Estimating North Korean Munitions Deliveries to Russia"
- www.swp-berlin.org: "Nordkoreanische Truppenentsendung nach Russland"