Dreifache Abschussquote Ukraine schießt mit neuer Taktik mehr russische Jets ab als je zuvor
Die Ukraine soll im Februar fast dreimal so viele russische Kampfflugzeuge wie sonst abgeschossen haben. Grund ist offenbar eine neue Taktik der ukrainischen Luftwaffe.
Die Ukraine soll im Februar ungewöhnlich viele russische Kampfflugzeuge – darunter auch moderne Su-34 und Su-35 – abgeschossen haben. Dafür soll die ukrainische Luftwaffe auch eine neue Taktik angewendet haben. Das berichtet der britische "Telegraph".
Laut der britischen Zeitung soll die Ukraine demnach im Zeitraum vom 17. Februar bis zum Monatsende 13 russischen Kampfflugzeuge abgeschossen haben. Unabhängig prüfen lassen sich diese Angaben nicht; jedoch bestehe Einigkeit darüber, dass die ukrainische Luftwaffe im Februar außergewöhnlich viel Erfolg bei dem Abschuss russischer Jets hatte. Zuvor seien im Durchschnitt "nur" vier russische Flugzeuge pro Monat abgeschossen worden.
Ein Faktor für die erhöhte Abschussrate sei die verstärkte Präsenz russischer Flugzeuge über ukrainischem Luftraum. Die russische Armee befindet sich derzeit nämlich in einer offensiveren Phase im Krieg gegen die Ukraine, nachdem sie sich den Winter über fast ausschließlich in der Defensive befunden hatte.
Besonders der Rückzug der ukrainischen Streitkräfte aus der stark umkämpften Stadt Awdijiwka im Februar, habe die russische Luftwaffe dazu ermutigt, verstärkt Luftangriffe zu fliegen, heißt es im "Telegraph" weiter. Mitte Februar, als die Kämpfe um die Stadt am heißesten waren, hätten russische Jets mehr als hundert Einsätze pro Tag geflogen – ähnlich viele wie zu Beginn der Invasion.
Mobilere Patriot-Abwehrsysteme
Laut dem "Telegraph" sei die erhöhte Rate der Kampfeinsätze der russischen Luftwaffe jedoch nicht allein für die hohe Abschussrate der Ukraine verantwortlich. Stattdessen habe die Ukraine die von den USA hergestellten und gelieferten Luftabwehrsysteme Patriot modifiziert, wodurch sie mobiler geworden seien und flexibler eingesetzt werden können.
So sei es nun möglich geworden, russische Jets aus einer Entfernung von etwa 144 Kilometern anzugreifen und sich schnell genug wieder zurückzuziehen, bevor die russischen Kampfflugzeuge das Feuer erwidern könnten.
Die erhöhte Frequenz der russischen Einsätze gepaart mit der neuen ukrainischen Strategie, ihre Luftabwehrsysteme dynamischer einsetzen zu können, sind laut dem "Telegraph" also für die erhöhten Abschussrate verantwortlich.
Ein besonderer Fall
Jedoch unterscheide sich einer der verifizierten Abschüsse drastisch von den anderen im Februar. Der Ukraine gelang es am 23. Februar ein russisches Aufklärungsflugzeug vom Typ Berijew A-50 über dem Asowschen Meer abzuschießen – fast 200 Kilometer von der Front entfernt und somit außerhalb der Reichweite des Patriotsystems.
Laut dem "Telegraph" gäbe es nur eine Rakete, über die die Ukraine verfüge, die eine solche Reichweite habe: die S-200 Rakete aus sowjetischer Bauart. Das Radarsystem der S-200 Rakete beanspruche jedoch derartig viel Energie, als dass es sich beim Abschuss einer Rakete selbst enttarne und Ausweichmanöver für gegnerische Piloten somit leicht zu initiieren seien.
Wie gelang also der Abschuss des russischen Aufklärers?
Laut dem "Telegraph" haben die USA der Ukraine bereits im Februar 2023 Equipment geliefert, das dazu diene, altmodische sowjetische Waffensysteme in modernere westliche Systeme zu integrieren. Analysten gehen davon aus, dass es sich bei den beschriebenen Waffensystemen um das sogenannte Integrated Battle Command System (IBCS) handelt.
Dieses System sei zwar noch nicht vollständig entwickelt, würde der Ukraine jedoch schon jetzt die Möglichkeit geben, altmodische sowjetische Raketen mit energieeffizienteren Radarsystemen westlicher Bauart zu verknüpfen. So sei laut dem "Telegraph" höchstwahrscheinlich auch die Berijew A-50 über dem Asowschen Meer abgeschossen worden.
- telegraph.co.uk: "The one clever trick Ukraine uses to shoot down Russian planes" (englisch)
- understandingwar.org: "Russian Offensive Campaign Assessment, March 5, 2024" (englisch)