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Ukraine-Krieg: Flugzeugabsturz in Belgorod – Das ist bislang bekannt


Die Suche nach der Wahrheit
Das ist über den Absturz in Belgorod bekannt

Von dpa, lim

Aktualisiert am 25.01.2024Lesedauer: 4 Min.
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Video zeigt Absturz: Ein russisches Transportflugzeug ging in einem Feuerball auf. (Quelle: t-online)
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Nahe der russischen Grenze stürzt ein Militärtransportflugzeug ab. Russland wirft der Ukraine vor, die Maschine mit ukrainischen Kriegsgefangenen abgeschossen zu haben. Doch was ist wahr?

Waren Kriegsgefangene an Bord? Oder Waffen? Haben ukrainische Soldaten das Flugzeug abgeschossen? Seit dem Absturz eines Militärtransportflugzeugs am Mittwoch in der Grenzregion Belgorod gibt es einige ungeklärte Fragen – und unterschiedliche Antworten aus Russland und der Ukraine.

Wie Sicherheitsexpertin Claudia Major am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin" sagte, gebe es zwei gesicherte Fakten: "Das Flugzeug ist abgeschossen worden. Und es war ein Gefangenenaustausch geplant, der nicht stattgefunden hat." Major leitet die Forschungsgruppe Sicherheitspolitik der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).

Der ukrainische Militärgeheimdienst teilte mit, dass am Tag des Absturzes die russische Luftabwehr im Einsatz gewesen sei. Beide Seiten hätten Drohnen eingesetzt, die Ukraine Aufklärungsdrohnen, Russland sogenannte Kamikaze-Angriffsdrohnen, sagte Geheimdienstsprecher Andrij Jusow der Nachrichtenagentur Reuters. Russische Berichte bestätigten, dass die russische Luftabwehr gegen die ukrainische Drohne im Einsatz gewesen sei.

t-online gibt einen Überblick darüber, was bislang bekannt ist und was nicht.

Was ist über die Insassen bekannt?

Von russischer Seite hieß es kurz nach dem Absturz, es seien 65 ukrainische Kriegsgefangene, sechs Besatzungsmitglieder und drei Begleitpersonen in dem Flieger gewesen. Sie hätten sich auf dem Weg zu einem Gefangenenaustausch mit der Ukraine befunden. Niemand habe überlebt. Russische Medien veröffentlichten zudem eine Liste mit Namen und Geburtsdaten der angeblichen ukrainischen Soldaten.

Mehrere russische und ukrainische Quellen gaben dem US-Institut für Kriegsstudien (ISW) in Washington zufolge an, dass mindestens einer der mutmaßlichen Kriegsgefangenen bereits bei einem früheren Kriegsgefangenentausch am 3. Januar dabei gewesen sei.

Das ukrainische Militär bestätigte, dass ein Gefangenenaustausch geplant gewesen war, dieser habe jedoch nicht stattgefunden. Verlässliche Informationen über die Insassen habe der Militärgeheimdienst laut einer Mitteilung am frühen Abend nicht.

Experten des ISW teilten mit, dass weder die russischen noch die ukrainischen Angaben unabhängig überprüft werden könnten.

  • Alle aktuellen Informationen zum Krieg gegen die Ukraine finden Sie im Newsblog.

Wann und wo stürzte das Flugzeug ab?

Laut der russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti stürzte die Maschine um 11 Uhr Ortszeit (9 Uhr mitteleuropäischer Zeit) ab. Russischen Angaben zufolge soll sich der Vorfall 50 Kilometer nordöstlich von Belgorod bei Jablonowo abgespielt haben. Der Ort liegt 50 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt.

Was sagt Russland?

Russland beschuldigt die Ukraine, das Militärflugzeug abgeschossen zu haben. Das Verteidigungsministerium sprach von einem "terroristischen Akt". Ein russischer Radar habe den Start zweier ukrainischer Raketen aus der Region Charkiw erfasst. Die ukrainische Regierung habe gewusst, dass die ukrainischen Kriegsgefangenen "heute mit einem Militärflugzeug nach Belgorod gebracht werden würden".

Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow sagte laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax, es sei eine "ungeheuerliche Tat" gewesen. Niemand könne sagen, wie sich dies auf die Aussichten für einen künftigen Austausch von Gefangenen auswirken werde. Die Gespräche über einen Austausch müssten vertraulich bleiben.

In einer Parlamentssitzung sprach der Abgeordnete Andrej Kartapolow davon, dass die Maschine mit drei Flugabwehrraketen des US-Systems Patriot oder des deutschen Systems Iris-T abgeschossen wurde. Belege legte er nicht vor. Expertenkreisen zufolge ist diese Behauptung jedoch nicht wahrscheinlich, da zumindest die Reichweite der Iris-T nicht groß genug sei.

Laut dem russischen Oppositionsmedium "The Insider" werden Transportflüge zum Gefangenenaustausch angekündigt, um eine Feuerpause sicherzustellen. Dies könnte am Mittwoch nicht passiert sein. "The Insider" bezog sich auf eine nicht genannte Quelle. Ein führender russischer Abgeordneter sagte jedoch, der ukrainische Militärgeheimdienst habe eine 15-minütige Warnung erhalten, bevor das Flugzeug mit ukrainischen Kriegsgefangenen das Gebiet erreichte, in dem es am Mittwoch abgeschossen wurde.

Was sagt die Ukraine?

Die ukrainische Regierung hält sich mit offiziellen Angaben zum Absturz zurück. Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte jedoch eine umfassende Untersuchung mit internationaler Unterstützung. Den Transport ukrainischer Kriegsgefangener bestätigte er nicht. Der Militärgeheimdienst HUR äußerte sich bislang nicht zur Ursache. Das Schicksal der Gefangenen werde untersucht. Die Ukraine habe sich an die Absprachen gehalten und die russischen Gefangenen zum Austauschort gebracht.

Am Donnerstagmittag bekräftigte die Ukraine, dass sie keine Anfrage von russischer Seite für eine Sicherung des Luftraumes rings um Belgorod erhalten hat. Es habe weder eine schriftliche noch eine mündliche Anfrage gegeben, sagt Andrij Jussow, der Sprecher des ukrainischen Militärgeheimdienstes, dem Sender Radio Swoboda.

Anders als bei früheren Austauschen habe Russland Kiew nicht darüber informiert, dass der Luftraum gesichert werden müsse. Es könnte so geplant gewesen sein, "um die Situation in der Ukraine zu destabilisieren und die internationale Unterstützung für unseren Staat zu schwächen", erklärte der HUR.

Der Abschuss von russischen Militärmaschinen ist nicht per se unüblich. Nach Angaben des ukrainischen Militärs landen im Zusammenhang mit Raketenangriffen auf Charkiw und andere Städte vermehrt russische Militärtransportmaschinen in der russischen Grenzstadt Belgorod.

Warum sind die Aussagen so unterschiedlich?

Der Krieg zwischen der Ukraine und Russland wird nicht nur mit Waffen, sondern auch mit Informationen geführt. So sprechen russische Medien noch immer nicht von einem Krieg, den das Land gegen die Ukraine führt, sondern von einer "militärischen Sonderoperation" zur Befreiung von "Volksrepubliken".

Russland versuche laut der SWP-Expertin Major "ganz klar", den Krieg mit Desinformationen zu führen. Daher sei bei den Spekulationen Vorsicht geboten. Am Frontgeschehen ändere der Vorfall nichts, betonte die Expertin. Sie sieht vor allem einen "Propaganda-Effekt". Der Vorfall sei "ein Beispiel mehr, wie Russland auch mit den ukrainischen Kriegsgefangenen umgeht", sagte Major.

Experten des Institute for the Study of War (ISW) in Washington teilten mit, dass weder die russischen noch die ukrainischen Angaben unabhängig überprüft werden könnten. Nach ISW-Angaben instrumentalisiert die russische Führung den Vorfall, um in der ukrainischen Gesellschaft Misstrauen gegen die Regierung in Kiew zu säen.

Besonders die Frage des Austauschs von Kriegsgefangenen gelte für Ukrainer und Russen gleichermaßen als sensibles Thema, das Emotionen auslöse. Zudem wollten russische Funktionäre mit unbewiesenen Behauptungen, dass die Ukraine für den mutmaßlichen Abschuss deutsche oder US-Raketen eingesetzt habe, die militärische Unterstützung des Westens für das Land schwächen.

Verwendete Quellen
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