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Ukraine-Krieg: Russland gibt Westen Schuld an Gaslieferstopp – die Nacht im Überblick


Die Nacht im Überblick
Kreml gibt Westen Schuld an Gaslieferstopp

Von dpa, aj

Aktualisiert am 06.09.2022Lesedauer: 4 Min.
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Wladimir Putin: Moskau verlangt eine Aufhebung der Sanktionen gegen Russland. (Quelle: IMAGO/Gavriil Grigorov)
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Russland pumpt mit deutscher Turbinentechnik Gas unter der Ostsee hindurch. Doch auf einmal will Moskau an den Maschinen ein Brand- und Explosionsrisiko entdeckt haben. Ein Überblick.

Nach der erneuten Notabschaltung des von russischen Kräften besetzten Kernkraftwerks Saporischschja in der Ukraine bleibt die Lage dort äußerst gespannt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hielt Moskau vor, das größte AKW Europas sei wegen russischer Provokationen zum zweiten Mal "nur einen Schritt von einer nuklearen Katastrophe entfernt" gewesen. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA will am Dienstag Bericht erstatten, was ihre Erkundungsmission nach Saporischschja erbracht hat.

Der Kreml gab am Montag dem Westen die Schuld für ausbleibende Gaslieferungen und verlangte eine Aufhebung der Sanktionen gegen Russland.

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Für die Ukraine ist Dienstag der 195. Tag des Abwehrkampfes gegen die russische Invasion. Einer der energischsten Unterstützer der Ukraine, der britische Premierminister Boris Johnson, wird sein Amt an Liz Truss übergeben – die neue Chefin der Konservativen Partei.

Gazprom spricht von Konstruktionsfehler an deutscher Turbine

Der Kreml hat eine Aufhebung der Sanktionen gegen Russland verlangt. Indes verwies der Gasriese Gazprom auf technische Gründe, wegen derer der Gastransport durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 unmöglich sei: Eine Turbine von Siemens Energy könne wegen eines Konstruktionsfehlers zur Gefahr werden und dürfe nach russischem Recht nicht betrieben werden. Es gebe ein Brand- und Explosionsrisiko.

Gazprom hatte am Samstag nach einer planmäßigen Wartung der Turbine die Gaslieferungen nach Europa – wie im Ausland befürchtet – nicht wieder aufgenommen. Das Unternehmen begründete dies mit angeblich aus dem Aggregat austretendem Öl. Das Problem sei auch an anderen Turbinen dieses Typs beobachtet worden, erklärte Gazprom. Dies lasse darauf schließen, dass der Fehler in der Konstruktion angelegt sei.

Siemens Energy wies die Darstellung zurück. Der mitgeteilte Befund stelle keinen Grund für eine Einstellung des Betriebs dar, sagte ein Sprecher. "Solche Leckagen beinträchtigen im Normalfall den Betrieb einer Turbine nicht und können vor Ort abgedichtet werden." Die Bundesregierung hält die angeblichen technischen Probleme mit Nord Stream 1 für einen russischen Vorwand.

Unsichere Lage am Kernkraftwerk Saporischschja

Der ukrainische Kraftwerksbetreiber Enerhoatom trat am Montagabend Befürchtungen entgegen, die Kontrolle über die Strahlung im AKW Saporischschja sei verlorengegangen. Es seien nur wegen eines Internetausfalls früher am Tag kurze Zeit keine Messdaten zur Strahlung an die zuständige Behörde übermittelt worden.

In dem seit Wochen durch Kämpfe gefährdeten Kernkraftwerk war wegen des Brandes einer Hochspannungsleitung am Montag der sechste und letzte Reaktor heruntergefahren worden. Die Verbindung zum Stromnetz der Ukraine ging zum zweiten Mal nach dem 25. August verloren. Die IAEA teilte unter Berufung auf ukrainische Angaben mit, dass die Ersatzstromverbindung zu einem Heizkraftwerk abgeschaltet worden sei, um den Brand zu löschen.

Präsident Selenskyj führte den Schaden auf Beschuss durch russische Truppen zurück. "Russland interessiert sich nur dafür, dass die Situation möglichst lange möglichst schlimm bleibt", sagte er in seiner abendlichen Videoansprache. "Dies kann nur durch eine Verschärfung der Sanktionen korrigiert werden." Für den Einschlag von Artilleriegeschossen am AKW machen sich Russland und die Ukraine seit Wochen gegenseitig verantwortlich. Ihre Angaben lassen sich in aller Regel kaum unabhängig überprüfen.

Wegen der großen Sorge der internationalen Gemeinschaft hatten IAEA-Experten vergangene Woche Saporischschja besucht. IAEA-Direktor Rafael Grossi will am Dienstag den Bericht zu der Mission veröffentlichen und ihn abends auch dem Weltsicherheitsrat in New York vorstellen.

Fortdauernde russische Angriffe im Donbass

Die russische Armee beschoss nach Angaben des Generalstabs in Kiew erneut Dutzende Orte im Donbass mit Artillerie und Flugzeugen. Der Abendbericht der ukrainischen Militärführung zählte zugleich acht Orte im Osten auf, an denen Sturmangriffe der Russen abgewehrt worden seien. Dazu gehörte auch die Umgebung der Stadt Bachmut im Gebiet Donezk, vor der der russische Vormarsch seit Wochen feststeckt.

In der Nähe der Industriestadt Krywyj Rih setzte nach örtlichen Behördenangaben ein russischer Raketentreffer ein Treibstofflager in Brand. Der Beschuss traf demnach auch andere Orte des Gebiets Dnipropetrowsk in der Zentralukraine. Eine Frau sei getötet worden, außerdem habe es drei Verletzte gegeben, hieß es.

Ukraine hofft auf Johnsons Nachfolgerin Truss

Die Ukraine hoffe, dass die enge Zusammenarbeit mit Großbritannien auch unter der künftigen Premierministerin Truss weitergehe, sagte Selenskyj in seiner Videoansprache. "Wir kennen sie gut. Sie hat immer auf der Lichtseite der europäischen Politik gestanden."

Vorher hatte er mit emotionalen Worten Abschied vom scheidenden Premier Johnson genommen. "Man sagt, dass es in der Politik keine Freunde gibt. Aber Boris – das ist der Fall, wo man sich auf Zuruf versteht." Er danke Johnson im Namen aller Ukrainer für dessen Solidarität. "Seit der ersten Minute des umfassenden russischen Krieges gegen die Ukraine und Europa ist Boris an unserer Seite gewesen."

Unter Johnsons Führung hat Großbritannien die Ukraine militärisch, politisch und finanziell stark gegen Russland unterstützt. Seit Kriegsbeginn an 24. Februar reiste der Premier dreimal nach Kiew.

Das wird am Dienstag wichtig

Der russische Präsident Wladimir Putin ist auf Reisen im Fernen Osten seines Landes. Dort will er unter anderem einem großen Militärmanöver beiwohnen, an dem auch Soldaten aus China und Indien teilnehmen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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