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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Verstorbene Monarchin So deutsch war Queen Elizabeth II.
Die Royals gelten als urbritisch. Aber so ganz stimmt dieser Eindruck nicht. Denn gerade zu Deutschland hat das Haus Windsor eine sehr besondere Beziehung.
162 Tote – so viele Menschen hatte London nach einem deutschen Bomberangriff am 13. Juni 1917 zu beklagen. Darunter mehr als ein Dutzend Kinder. In weiten Teilen der Bevölkerung herrschte entsprechend Hass auf den Kriegsgegner Deutschland, den Großbritannien seit Jahren bekämpfte.
Viele Briten merkten besonders auf, als die Bezeichnung der feindlichen Bomber bekannt wurde: "Gotha G.IV". Gotha? Lautete so nicht die Bezeichnung des britischen Königshauses?
Das tat sie. Großbritanniens amtierender Herrscher George V. war ein Spross des Adelshauses Sachsen-Coburg und Gotha aus dem fernen Deutschland – oder eben in der englischen Version: Saxe-Coburg and Gotha. George V. hatte in dieser Funktion eine Leistung vollbracht, die so manchem seiner Vorgänger nicht gelungen war. Nämlich ohne deutschen Akzent Englisch zu sprechen.
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"Ich will verdammt sein"
Denn zum Zeitpunkt des Angriffs der deutschen "Gotha"-Bomber 1917 wurde Großbritannien bereits seit mehr als zwei Jahrhunderten von deutschen Adelsgeschlechtern regiert. Seit 1714 erst von Welfen aus Hannover, die die Nachfolge der Dynastie der Stuarts antraten (und übrigens mit Charles I. und Charles II. die Namensvorgänger des aktuellen Königs Charles III. stellten), dann vom Haus Sachsen-Coburg und Gotha.
Und das kam so: Die legendäre britische Königin Victoria, eine Nichte des letzten britischen Königs aus dem Haus Hannover, heiratete 1840 mit Albert von Sachsen-Coburg und Gotha einen Cousin aus Deutschland. Der gemeinsame Sohn bestieg 1901 als Edward VII. den Thron – und mit ihm das neue Haus Sachsen-Coburg und Gotha.
In diesen Jahren nahmen die Spannungen zwischen Großbritannien und dem Deutschen Reich zu, 1914 zogen die beiden Nationen gegeneinander in den Ersten Weltkrieg. In Großbritannien herrschte tiefes Misstrauen gegenüber auf der Insel lebenden Deutschen – und ebenso gegen den Mann auf dem Thron: besagten George V.
Nicht nur war George V. Cousin des Deutschen Kaisers Wilhelm II., auch seine Frau Maria von Teck hatte deutsche Wurzeln. Ein gefundenes Fressen für die vielen Antimonarchisten dieser Zeit, Hysteriker sowieso. George V. sei ein "Fremder", sein Hof "langweilig" und "ausländisch". Der Monarch wehrte sich: "Ich bin vielleicht langweilig, aber ich will verdammt sein, wenn ich ein Ausländer bin!"
Britischer geht es nicht
Vergeblich, der Druck ließ nicht nach. In seiner Not kappte George V. die Verbindungen nach Deutschland, zumindest was den Namen seiner Familie betraf. Am 17. Juli 1917 ließ der britische Monarch verkünden, dass fortan "unser Haus und unsere Familie ab dem Datum dieser unserer königlichen Proklamation als das Haus und die Familie von Windsor" firmieren sollten. Schluss mit Haus Sachsen-Coburg und Gotha, her mit Haus Windsor.
Eine kluge Wahl, schließlich klingt Windsor "very british". Kein Wunder, denn Schloss Windsors Geschichte reicht bis zurück in die Tage Wilhelms des Eroberers, der 1066 den Thron Englands ganz im Wortsinne "erobert" hatte. Bis heute ist es eine Residenz der britischen Royals. Als George V. 1936 schließlich starb, standen die Zeichen bereits erneut auf Krieg, Europa wollte es nur noch nicht wahrhaben: In Deutschland rüsteten sich die Nationalsozialisten, um die Welt mit Tod und Vernichtung zu überziehen.
Die britische Monarchie machte in dieser Zeit eine wenig rühmliche Figur: Edward VIII. widmete sich eher seiner Leidenschaft für die Amerikanerin Wallis Simpson, die obendrein auch noch geschieden war. Ein Skandal! Und einer mit Folgen, noch im Jahr der Thronbesteigung trat er zurück. Nicht einmal für eine Krönung hatte die Zeit gereicht. Später bandelte das schwarze Schaf der Windsors mit den Nazis an, war einer gewaltsam erzwungenen Rückkehr auf den Thron nicht abgeneigt.
Dass es im Zweiten Weltkrieg nicht so weit kommen sollte, war vor allem zwei Männern zu verdanken: Winston Churchill, der als britischer Kriegspremier die Nation zum eisernen Widerstand animierte. Und George VI., Edwards Bruder, der die Britinnen und Briten hinter sich scharte.
Mithilfe seiner Töchter Margaret und der erstgeborenen Elizabeth. Richtig, die Frau, die 1953 als Elizabeth II. zur Monarchin des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland gekrönt worden ist.
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Auf historischer Mission
Sechs Jahre zuvor hatte Elizabeth mit ihren deutschen Wurzeln bereits einen Mann geheiratet, der ebenfalls ein Sprössling verschiedener deutscher Adelsgeschlechter gewesen ist: Prinz Philipp von Griechenland und Dänemark, der einerseits dem Haus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg entstammt und ebenso dem hessischen Haus Battenberg. Besser bekannt ist er heute noch unter dem Namen nach seinem vor der Eheschließung erfolgten Namenswechsel als Philip Mountbatten, beziehungsweise Philip, Duke of Edinburgh.
In zwei Weltkriegen standen sich Briten und Deutsche als Feinde gegenüber, Elizabeth II. verfolgte in ihrer Jahrzehnte währenden Regierungszeit nicht zuletzt deshalb ein Ziel: die Aussöhnung zwischen den beiden Ländern.
Wie 1965, als sie zum ersten Mal auf Staatsbesuch in der Bundesrepublik weilte – und Deutschland fast ein Dutzend Tage bereiste. Gotha, die Stadt, in der einst die Bomber gebaut wurden, die 1917 den Tod nach London trugen, lag damals noch hinter dem Eisernen Vorhang.
- Eigene Recherche
- Karina Urbach: Queen Victoria. Die unbeugsame Königin, München 2018
- Herfried Münkler: Der Große Krieg: Die Welt 1914 bis 1918, Reinbek 2013
- Inger Merete Hobbelstad: Die Queen. Unsere Jahre mit Elizabeth II., Berlin 2021
- welt.de: "Ich bin vielleicht langweilig, aber verflucht noch mal kein Ausländer"
- handelsblatt.com: "Warum die Windsors eigentlich deutsch sind" (kostenplichtig)
- dw.com: "Vor 100 Jahren: Die Erfindung des Königshauses Windsor"
- postalmuseum.org: "A New Name – Windsor" (englisch)
- stern.de: "Die erfundene Dynastie der Windsors"