Seebeben und Tsunami Tote und viele Verletzte in Griechenland
Mitten in der Nacht bebt die Erde. Auf der Touristeninsel Kos bricht Panik aus. Menschen fliehen aus den Bars, Gebäudetrümmer stürzen auf die Straßen. Im Hafen schwappen Tsunami-Wellen über die Kaimauern. Mindestens zwei Menschen sterben, über 100 werden verletzt.
Ein starkes Seebeben vor Kos hat mindestens zwei Menschen das Leben gekostet und Panik unter den Bewohnern der Ägäis-Insel ausgelöst. Im griechischen Staatsrundfunk (ERT) war zudem von mindestens 120 Verletzten die Rede. Der Yachthafen der gleichnamigen Inselhauptstadt Kos wurde von einer kleinen Tsunami-Welle getroffen, Gebäudemauern zeigten Risse oder stürzten teils sogar ein.
Ein Türke und ein Schwede sind ums Leben gekommen. Bei den beiden Männern habe es sich um Touristen gehandelt, sagte der leitende Feuerwehrmitarbeiter Stephanos Kolokouris einem staatlichen Fernsehsender. Er sprach von fünf Schwerverletzten, darunter einem Griechen.
Die Küstenwache von Kos teilte mit, dass der Hafen der Insel beschädigt wurde und dass eine Fähre, die dort eigentlich anlegen sollte, ihre Route ändern werde. Die Feuerwehr der Insel gab unabhängig davon bekannt, dass drei Menschen aus Geröll gerettet wurden. Das Erdbeben ereignete sich gegen 01.30 Uhr. Ein Mitarbeiter der Regionalregierung auf Kos, Giorgos Halkidios, sagte, ein älteres Gebäude sei eingestürzt und habe dabei mehrere Menschen verletzt.
In der Türkei, deren Südwestküste nur wenige Kilometer von Kos entfernt ist und ebenfalls erschüttert wurde, kamen nach ersten Kenntnissen keine Menschen zu Schaden.
Die Bars auf Kos waren voller Menschen
Aus Athen wurden Rettungsmannschaften mit zwei Hubschraubern und einem Flugzeug nach Kos geschickt. Vor allem im Zentrum der Stadt, wo sich Dutzende Bars befinden, kam es nach Kyritsis' Worten zu Schäden. Zum Zeitpunkt des Bebens am frühen Freitagmorgen waren die Bars voller Menschen.
Das Dach einer Bar sei eingestürzt, sagte der Bürgermeister dem Sender ERT. Dort sollen die beiden jungen Ausländer ums Leben gekommen sein. Drei der ins Krankenhaus gebrachten Patienten seien schwer verletzt, aber nicht in Lebensgefahr, berichtet ERT unter Berufung auf Ärzte der Klinik. Das griechische Fernsehen zeigte Bilder von eingestürzten Mauern der Burg in der Altstadt.
Augenzeuge schildert bei t-online.de die Beben-Nacht
Martin K. macht seit Mittwoch mit seiner Familie Urlaub auf Kos. Der Berliner erwachte durch heftige Erdstöße. "Die Deckenlampen schlugen gegen die Wand", berichtet er gegenüber t-online.de. Dann schlug bei ihm der "Vater-Reflex" durch: "Ich schnappte mir meinen kleinen Sohn und meine Tochter und brachte sie ins Freie."
"Es war sehr gruselig, wie eine Achterbahnfahrt im Bett", berichtet der Berliner weiter. Er habe Angst gehabt, brauchte einige Sekunden um zu verstehen, was passierte: "Das Ganze dauerte nur etwa 20 Sekunden, fühlte sich aber an wie ein bis zwei Minuten."
An der Rezeption des Hotels sammelten sich nach dem Beben immer mehr Menschen, rund 300 Urlauber, schätzt K. "Der Mann an der Rezeption sah sehr blass aus", erinnert er sich. Die Urlauber wurden gewarnt, nicht zurück in die Zimmer und auch nicht an den Strand zu gehen. Eine Vorsichtsmaßnahme, sollte es einen Tsunami geben. "Die Einheimischen reagierten eher routiniert, die Urlauber leicht panisch", berichtet der 49-Jährige.
Sechs kleine Nachbeben waren zu spüren
Geschlafen hat die Familie anschließend auf Sonnenliegen am Pool. Aus dem Becken hatte die Wucht der Erdstöße etwa ein Drittel des Wassers herausgedrückt. Tischtennisplatten und Stühle lagen wie umgeworfenes Spielzeug herum, so K.. Die Gebäude der Hotelanlage ist erdbebensicher, wie viele der neueren Gebäude auf Kos.
Etwa sechs kleine Nachbeben waren laut dem Familienvater noch zu spüren, dann wurde es ruhig. Das Hotelzimmer durfte die Familie am Morgen danach wieder betreten. Strom, Wasser und Handynetz funktionieren. Seinen Urlaub will K. fortsetzen.
Tsunami beschädigt Boote
Die durch den Tsunami ausgelösten Wellen hätten das Hafenviertel überschwemmt, berichteten Augenzeugen. Mehrere Boote wurden beschädigt, mindestens eines wurde an Land gespült. Aufnahmen des griechischen Staatsfernsehens zeigten Geröll überall entlang der Kaimauer. Eine Fähre konnte laut ERT wegen der Schäden nicht im Hafen anlegen.
Es gab unterschiedliche Messungen der Stärke des Bebens. Der Chef der griechischen Erdbebenbehörde, Efthymios Lekkas, sagte im griechischen Radio, das Seebeben habe eine Stärke von 6,5 gehabt. Die US-Erdbebenwarte (USGS) gab die Stärke mit 6,7 an. Das Zentrum des Bebens lag laut USGS nahe der türkischen Küstenstadt Bodrum in etwa zwölf Kilometer Tiefe und wurde gefolgt von mehreren schwächeren Nachbeben.
Bodrum liegt rund zehn Kilometer Luftlinie entfernt von Kos. Nach Angaben des Europäischen Seismologischen Zentrums leben rund eine Million Menschen in der Region, in der die Erschütterungen zu spüren waren. Bewohnern von Kos und Bodrum wurde geraten, sich von Stränden und beschädigten Gebäuden fernzuhalten.
Verängstigte Menschen auch in der Türkei
Das türkische Fernsehen zeigte Aufnahmen von verängstigten Menschen, die in der Küstenregion von Bodrum auf die Straßen liefen. Die Gouverneurin der betroffenen Provinz Mugla, Esengul Civelek, sagte der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu, es gebe bislang keine Berichte über Opfer oder strukturelle Schäden.
"Wir konnten Kontakt zu allen Bezirken aufnehmen", sagte Civelek, auch wenn es teils Probleme mit der Stromversorgung gebe. Einige Menschen würden die Nacht aus Angst vor weiteren Nachbeben im Freien verbringen.
Letztes Beben erst Mitte Juni
Erst Mitte Juni hatte die Erde auf den Inseln Lesbos, Chios und an der Westküste der Türkei gebebt. Auf Lesbos kam ein Mensch ums Leben, viele Häuser wurden zerstört. Die Erschütterungen waren noch Hunderte Kilometer vom Zentrum des Bebens entfernt zu spüren.
Im europäischen Raum kommen die meisten Erdbeben in Griechenland, den südlichen Teilen des Balkans sowie im Westen der Türkei vor. Auch Italien und der westliche Balkan sind besonders betroffen. Der größte Teil der schweren europäischen Beben ereignet sich nahe den Rändern von Afrikanischer und Europäischer Platte. Dort kann es zu Spannungen kommen, die zu Beben führen.