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Kindermord in Solingen: Eine Tat im "Zustand emotionaler Überforderung"


Kindermord in Solingen
Staatsanwalt: eine Tat im "Zustand emotionaler Überforderung"

Von t-online, cch

Aktualisiert am 05.09.2020Lesedauer: 3 Min.
Die Frage nach dem Warum: Vor dem Haus in Solingen, in dem die fünf toten Kinder entdeckt wurden, haben Menschen Kuscheltiere, Kerzen und Botschaften abgelegt.Vergrößern des Bildes
Die Frage nach dem Warum: Vor dem Haus in Solingen, in dem die fünf toten Kinder entdeckt wurden, haben Menschen Kuscheltiere, Kerzen und Botschaften abgelegt. (Quelle: Martin Meissner/ap)

Nach den Kindermorden in Solingen in NRW hat die Polizei weitere Details bekanntgegeben. Demnach gehen die Ermittler von einer emotionalen Überforderung der Mutter aus. Gegen sie wurde Haftbefehl erlassen.

Die fünf tot aufgefundenen Kinder aus Solingen sind den Ermittlern zufolge vermutlich erstickt. Es gebe auch Hinweise, dass sie sediert worden seien, sagte Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt am Freitag bei einer Pressekonferenz in Solingen, ohne Details zu nennen. Das habe die Obduktion der Leichen ergeben. Gegen die 27-jährige Mutter sei Haftbefehl wegen fünffachen Mordes erlassen worden. Sie ist die einzige Tatverdächtige.

Die Mutter hat den Ermittlungen zufolge ihrer Großmutter auf der Zugfahrt nach Düsseldorf Whatsapp-Nachrichten geschickt. In diesen stand, ihr gehe es sehr schlecht, sie könne nicht mehr. Hintergrund sei die Trennung von ihrem Ehemann. Sie schrieb, dass sie die Kinder und sich töten wolle. Die Großmutter antwortete, sie rufe die Polizei. Daraufhin habe die 27-Jährige geschrieben: "Schick die Polizei in die Wohnung. Die Kinder sind tot."

In Düsseldorf habe sich die Tatverdächtige vor einen Zug geworfen. Dabei habe sie schwere, aber nicht lebensgefährliche innere Verletzungen erlitten, sagte der Leiter der Mordkommission, Marcel Maierhofer. Die Frau sei noch nicht vernehmungsfähig. Die drei Väter der Kinder seien nicht tatverdächtig.

Elfjähriger Sohn überlebte als einziger die Tat

Ein elfjähriger Junge, der als einziger der sechs Geschwister überlebte, sei womöglich nur verschont worden, weil er zum Zeitpunkt der Tat in der Schule war, sagte der Leiter der Mordkommission. Die Vermutung sei aber noch nicht gesichert. Der Elfjährige habe noch nicht befragt werden können.

Der Junge war noch gemeinsam mit der Mutter nach Düsseldorf gefahren und nahm von dort einen Zug nach Mönchengladbach zu seiner Großmutter. In einem schulischen Gruppenchat habe der Elfjährige kurz nach der Tat geschrieben, dass alle seine Geschwister tot seien, sagte Einsatzleiter Robert Gereci. Die Polizei gab die Namen der Kinder mit Melina, Leonie, Sophie (eins, zwei und drei Jahre) sowie Timo und Luca (sechs und acht Jahre) an.

Trennung von Ehemann könnte Tatverdächtige überfordert haben

Polizei und Staatsanwaltschaft gingen davon aus, dass die Frau "die Tat in einem Zustand emotionaler Überforderung begangen hat und da auch das Motiv zu suchen ist". Zuvor habe sie ein Jahr von ihrem letzten Mann, dem Vater von vier ihrer Kinder, getrennt gelebt, sagte Maierhofer. Die Tatverdächtige hatte nach bisherigem Stand der Ermittlungen keine psychische Vorerkrankungen.

Die fünf Kinder im Alter von einem bis acht Jahren hätten tot in ihren Kinderbetten gelegen, als die Einsatzkräfte am Donnerstag die Wohnung in einem Mehrfamilienhaus aufbrachen. Sie seien zwischen Mittwochnachmittag und Donnerstagvormittag getötet worden, sagte Maierhofer. Es sei möglich, aber nicht bewiesen, dass sie beim Frühstück am Morgen des 3. September vergiftet worden sind.

Behörden: Keine Hinweise auf Gefährdung der Kinder

Die Familie war dem städtischen Jugendamt vor der Tat bereits bekannt. "Der Familie wurden von der Stadt Solingen erforderliche Unterstützungen gewährt. Das Jugendamt hat zusätzlich mögliche Hilfsangebote unterbreitet", teilte die Stadt mit, ohne Details zu nennen.

Hinweise auf eine Kindeswohlgefährdung gab es indes nicht. "Wir haben keinerlei Anhaltspunkte für irgendeine Auffälligkeit in der Familie", so Heribert Kaune-Gebhardt von der Staatsanwaltschaft Wuppertal. Im Juli und im August dieses Jahres habe es in der Familie zwei Rettungseinsätze geben, die aber nicht strafrechtlicher Art waren.

Hinweis: Falls Sie viel über den eigenen Tod nachdenken oder sich um einen Mitmenschen sorgen, finden Sie hier sofort und anonym Hilfe.

Verwendete Quellen
  • Livestream der Pressekonferenz
  • Nachrichtenagentur dpa



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