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Bahnhof Uelzen: Nach tödlichem Treppensturz schweigt der Tatverdächtige


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Tödlicher Treppensturz in Uelzen
Tatverdächtiger schweigt – greift das Jugendstrafrecht?


24.07.2024Lesedauer: 3 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:240723-935-177239Vergrößern des Bildes
Der Bahnhof Uelzen (Archivbild): Mitte Juli wurde in dem Gebäude ein 55-jähriger Mann von einem 18-Jährigen eine Treppe hinunter gestoßen und starb noch am Tatort. (Quelle: Philipp Schulze/dpa)

Im Bahnhof Uelzen tritt ein 18-Jähriger einen Familienvater eine Treppe hinunter. Das Opfer stirbt. Der Tatverdächtige sitzt in Untersuchungshaft – und schweigt.

Ramesh K. war am 13. Juli dieses Jahres nach einer Familienfeier auf dem Weg nach Hause. In Hamburg nahm der 55-Jährige spätabends die Regionalbahn nach Lüneburg und schlief darin ein. Weil er deshalb seine Haltestelle verpasst hatte, stieg er erst in Uelzen aus dem Zug. Inzwischen war es bereits 1.30 Uhr des Folgetages. Den Bahnhof sollte der vierfache Familienvater nicht mehr lebend verlassen. Mehr dazu lesen Sie hier.

Denn zur selben Zeit hielt sich auch Amine Y. in dem Gebäude auf. Der 18-Jährige soll Ramesh K. brutal eine Treppe im Bahnhof hinab gestoßen haben. Das Opfer starb noch am Tatort infolge eines Schädel-Hirn-Traumas. Amine Y. wurde wenig später in der Nähe des Bahnhofs gefasst und festgenommen. Mehr dazu lesen Sie hier.

Tragisch: Laut "Bild" war K. 2012 gemeinsam mit seiner Familie vor den Taliban aus Afghanistan geflüchtet. In Deutschland arbeitete er als Küchenhelfer, oft bis spät in die Nacht, um seine Angehörigen ernähren zu können.

Psychiatrisches Gutachten soll eingeholt werden

"Der Beschuldigte hat sich weiterhin nicht zum Tatvorwurf eingelassen", sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Lüneburg auf Anfrage von t-online. Das heißt, Amine Y. schweigt noch immer. Auch das Ergebnis einer richterlich angeordneten Blutuntersuchung liege laut dem Sprecher bisher nicht vor. Y., ein geduldeter Asylbewerber aus Marokko, soll während der Tat alkoholisiert gewesen sein und unter Drogen gestanden haben. "Der Vollständigkeit halber ist auch die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens beabsichtigt und in die Wege geleitet", fügte der Sprecher hinzu. Aufgrund der Kürze der Zeit liege dieses bislang nicht vor.

Weil es sich bei dem 18-Jährigen noch um einen jungen Heranwachsenden handelt, würden vonseiten der Staatsanwaltschaft Lüneburg keine Angaben zu Vorverurteilungen beziehungsweise Voreintragungen im Bundeszentralregister zu Amine Y. erfolgen. "Dies ergibt sich aus der besonderen Schutzbedürftigkeit Jugendlicher und Heranwachsender", führte der Sprecher weiter aus. Er gab jedoch an, dass es keine Erkenntnisse zu Gewaltdelikten bei Y. gebe.

In dem Fall wurde inzwischen Haftbefehl wegen des dringenden Tatverdachtes des Totschlages nach Paragraf 212 Strafgesetzbuch (StGB) erlassen. Der Paragraf legt für Erwachsene einen Strafrahmen von nicht unter fünf Jahren Freiheitsstrafe fest. Nach Paragraf 105 Jugendschutzgesetz (JGG) kann auf einen Heranwachsenden entweder Jugendstrafrecht oder Erwachsenenstrafrecht zur Anwendung kommen. Bei der Entscheidung spielt etwa die Persönlichkeit des Täters eine Rolle – also ob er zur Tatzeit in seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand.

Auf richterliche Verfügung bis 21 Uhr in Polizeigewahrsam

Je nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen könnte es sich auch um eine Jugendverfehlung handeln. "Auf Jugendliche wiederum finden die allgemeinen Strafmaßvorschriften des Strafgesetzbuches – das betrifft auch das oben genannten Strafmaß – aber keine Anwendung", erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Lüneburg weiter. Das bedeutet, sie habe keine Geld- oder Freiheitsstrafe zur Folge, sondern es kommen laut Paragraf 5 ff. JGG insbesondere Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe in Betracht. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt auch in diesem Fall die sogenannte Unschuldvermutung.

Vor der Tat in den frühen Morgenstunden des 14. Julis war der Beschuldigte bereits am 13. Juli tagsüber durch Taschendiebstahl, Körperverletzung und Betäubungsmitteldelikte auffällig geworden. Aufgrund von einem richterlichen Beschluss wurde er am Nachmittag in Polizeigewahrsam genommen und rund sieben Stunden später wieder entlassen. Wie ein Sprecher der Polizeiinspektion Lüneburg/Lüchow-Dannenberg/Uelzen t-online mitteilte, hatte ein Richter verfügt, dass Amine Y. bis 21 Uhr in Gewahrsam bleiben sollte. Um diese Zeit waren die Geschäfte bereits geschlossen und es bestand offenbar keine Gefahr mehr. Viereinhalb Stunden später war Ramesh K. tot.

Verwendete Quellen
  • Gespräch Jan Christoph Hillmer, Pressesprecher Staatsanwaltschaft Lüneburg
  • Gespräch mit einem Pressesprecher der Polizeiinspektion Lüneburg/Lüchow-Danneberg/Uelzen
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