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Belgien: Türkische Nationalisten greifen Kurden an – Schwerverletzte


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In Belgien
Türkische Nationalisten attackieren kurdische Familien nach Fest


Aktualisiert am 25.03.2024Lesedauer: 4 Min.
Dokumentiert: Türkisch-nationalistische Angreifer rennen in Richtung des Hauses der kurdischen Familie in Houthalen-Helchteren.Vergrößern des Bildes
Türkische Angreifer rennen zum Haus einer kurdischen Familie: Beim Angriff in Belgien wurden mehrere Menschen schwer verletzt. (Quelle: X.com/Conflict)

Türkische Nationalisten haben in Belgien eine Gruppe kurdischer Familien angegriffen. Mindestens sechs Menschen wurden schwer verletzt.

Am Sonntag haben etwa 5.000 Menschen in Kessel-Lo, einer Teilgemeinde der belgischen Stadt Löwen, das kurdische Neujahr Newroz gefeiert. Zum Fest waren Kurdinnen und Kurden aus den rund 50 Kilometer entfernten Gemeinden Houthalen-Helchteren und Heusden-Zolder angereist. Sie fuhren im Konvoi mit Autos, die mit kurdischen Symbolen geschmückt waren.

Von diesem Konvoi fühlten sich offenbar türkische Menschen in Houthalen-Helchteren schon bei der Anfahrt provoziert. Das berichtet der Bürgermeister von Houthalen-Helchteren, Alain Yzerman. Er erklärte im Gespräch mit der Zeitung "Nieuwsblad", dass es während der Anfahrt auch einen Angriff auf einen türkischen Jugendlichen gegeben habe – was die kurdische Community bestreitet. Menschen aus dem türkisch-nationalistischen Spektrum hätten sich daraufhin zu einem "Protest" verabredet, wenn die kurdischen Familien von "Newroz"-Fest zurückkämen. Dieser Protest schlug dann schnell in einen gewaltvollen Mob um.

Hunderte türkische Rechtsextreme suchten kurdische Ziele

Mehrere Hundert Menschen kamen auf Social-Media-Aufrufe türkischer extremer Rechter zusammen und suchten nach einem Ziel. Bürgermeister Yzerman berichtet: "Diese Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Nachbarschaft. Ein paar Hundert Personen marschierten daraufhin zur Kolderstraat, wo sich eine kurdische Familie in ein Haus zurückgezogen hatte."

Während die betroffene Familie, darunter mehrere Kinder, in ihrem Haus verbarrikadiert hatten, versammelten sich vor ihrer Haustür und der Fensterfront des Hauses über vierzig Personen. Auf Videos ist zu hören, dass diese Gruppe lautstark "Ya Allah, Bismillah, Allahu Ekber" (dt. In Gottes Namen, Gott ist groß) schrie und die türkische Flagge hisst. Gleichzeitig zeigten Teilnehmer den "Wolfsgruß", ein Symbol der rechtsextremen Grauen Wölfe und der nationalistischen Ülkücü-Bewegung.

Teile des Mobs zeigen Symbol der rechtsextremen Grauen Wölfe

Die rechtsextreme Ideologie der Grauen Wölfe ("Bozkurtlar") vertritt eine antidemokratische, antisemitische und rassistische Ideologie. Sie befürwortet ein großtürkisches Reich (Turanismus) und sieht Gewalt als legitimes Mittel zur Durchsetzung ihrer Ziele, die sich oft gegen Kurden, Armenier und andere Minderheiten richtet. Bekannt für tödliche Angriffe gegen Oppositionelle, gilt sie auch international als besonders gewaltbereit und mobilisierungsstark. In Deutschland halten sie Experten für die größte rechtsextreme Bewegung, die aber noch wenig Beachtung findet.

In dem Haus in Houthalen-Helchteren hätten sich nach Informationen des kurdischen Zentrums "Civada Azad" mehrere Dutzend Menschen befunden, darunter Kinder und ältere Personen. Der Mob soll versucht haben, das Gebäude zu stürmen und gedroht haben, es anzuzünden. Andere Kurden, die von den Bewohnern herbeigerufen worden seien, hätte sich den türkischen Rechtsextremen in den Weg gestellt. Erst danach habe die belgische Polizei die Straße abgeriegelt und die Menschen im Haus evakuiert.

Übergriffe an mehreren Orten

Weitere Übergriffe gab es zeitgleich auch im Nachbarort Heusden-Zolder und an anderen Punkten in Houthalen-Helchteren, wo auch der Angriff auf die Familie erfolgt war. Dies zeigen Videos, die auf der Plattform X kursieren. Feiernde, die von der Newroz-Feier in ihre Orte zurückkehrten, seien aufgrund ihrer mit kurdischen Symbolen geschmückten Fahrzeuge attackiert worden. Ihre Autos wurden angehalten, die Menschen aus den Fahrzeugen gezerrt und auf sie eingeschlagen.

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Auf mehreren Videos aufd er Plattform X ist auch zu sehen, wie der Mob unter "Takbir"-Rufen (dt. "Gott ist am größten") auf mehrere am Boden liegende Männer einprügelt, sie tritt und dabei "Drecks-Kurden", "Hurensöhne" und "PKK-Bastarde" ruft. Im Hintergrund wehen Türkei-Flaggen. Die Angreifer teilten diese Aufnahmen in den sozialen Medien selbst. Außerdem habe der Mob Autos von Kurden demoliert. Sie hätten persönliche Gegenstände entwendet, darunter Schals in den kurdischen Farben grün, rot und gelb sowie Kurdistan-Fahnen, die dann ebenfalls unter dem Ruf "Allahu akbar" und rassistischen und sexistischen Beleidigungen von den Nationalisten angezündet wurden, wie auf Videos zu sehen ist.

Teils schwerverletzte Kurden im Krankenhaus

Infolge des Angriffs der türkischen Nationalisten liegen mindestens sechs Kurden mit teilweise schweren Verletzungen im Krankenhaus. Zwei von ihnen sollen sich in einem kritischen Zustand befinden, hieß es aus belgischen Polizeikreisen, berichtet "Nieuwsblad". Die Polizei war mit zahlreichen Einsatzkräften, einem Hubschrauber und einem Wasserwerfer im Einsatz, um die Lage unter Kontrolle zu bringen. Ein Brandanschlag auf das Haus einer kurdischen Familie konnte offenbar im letzten Augenblick verhindert werden.

Mindestens einer der verletzten Kurden, die auf Krankenhäuser in Heusden und Genk verteilt wurden, soll mit einer Stichwaffe angegriffen worden sein. Die Polizei habe die Situation nur mit Mühe unter Kontrolle bekommen, berichten Augenzeugen. Wie die Polizei angab, wurden Einheiten aus Limburg wurden hinzugezogen, um die Lage zu beruhigen und die Gebiete, in denen der Mob aufmarschierte, abzusperren. Da mehrere Mitglieder der kurdischen Gemeinde vermisst werden, könne die Zahl der Verletzten höher sein als bisher bekannt.

Gefahr auch in Deutschland

Kurdinnen und Kurden auch in Deutschland haben sehr betroffen auf die Ereignisse in Belgien reagiert. Civan Akbulut von der "Informationsstelle Antikurdischer Rassismus" sagte t-online: "Wir sind erschüttert über diesen pogromartigen Angriff, der das Leben kurdischer Menschen durch Gewalt und Brandstiftung bedroht hat. Die Angreifer haben deutlich den 'Wolfsgruß' der türkischen rechtsextremen Ideologie der 'Grauen Wölfe' gezeigt. Die ist auch in Deutschland weit verbreitet." Es sei ein trauriger Beleg dafür, wie real antikurdischer Rassismus in Europa ist.

Nach der letzten Wahl in der Türkei seien türkische Nationalisten und Rechtsextreme mit entsprechender Symbolik durch deutsche Großstädte gezogen: "Das sind Tage, an denen sich Kurdinnen und Kurden auf deutschen Straßen nicht sicher fühlen." Die Bundesregierung habe zwar vor drei Jahren beschlossen, ein Verbot von Organisationen zu überlegen, die die rechtsextreme Ideologie eines türkischen Großreiches vom Balkan bis nach China vertreten und mit Gewalt durchsetzen wollen. Bisher kam es allerdings nicht dazu. Akbulut sagt: "Darüber machen sich Kurdinnen und Kurden in Deutschland Sorgen – gerade auch mit Hinblick auf die kommenden Wahlen.

Verwendete Quellen
  • Pressemitteilung Civaka Azad - Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V.
  • Telefonat mit Civan Akbulut
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