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Tschernobyl: Deutsche Wildsau radioaktiver belastet als Fisch aus Fukushima


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35 Jahre nach Tschernobyl
Deutsche Wildsau überstrahlt Fisch aus Fukushima


Aktualisiert am 26.04.2021Lesedauer: 3 Min.
Wildschwein: In Teilen Süddeutschlands sind manche Tiere noch erheblich radiaokativ belastet.Vergrößern des Bildes
Wildschwein: In Teilen Süddeutschlands sind manche Tiere noch erheblich radioaktiv belastet. (Quelle: imago-images-bilder)
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Atomunfälle setzen Radioaktivität frei, die auch in die Nahrung gelangen kann. der GAU von Tschernobyl vor 35 Jahren spielt für Verbraucher in Deutschland heute noch eine größere Rolle als die Katastrophe von Fukushima.

Die Erinnerung an die Reaktorkatastrophe ging vor einigen Wochen in 24 Metern Tiefe ins Schleppnetz und bedeutete für den Verband der Fischereigenossenschaften Fukushimas einen Rückschlag: 500 Becquerel Cäsium aufs Kilo gerechnet wurden bei dem Felsenbarsch gemessen, teilte der Verband am 22. Februar mit. Das ist das Fünffache des Grenzwertes in Japan.

Es war in der Region der höchste Wert seit Jahren und das erste Mal seit Oktober 2019, dass danach die Auslieferung an den Handel ausgesetzt wurde. Wäre der Felsenbarsch aber ein Wildschwein oder ein Pilz in Deutschland, hätte er auf dem Teller landen dürfen: Der Grenzwert bei Nahrungsmitteln liegt für Erwachsene hierzulande bei 600 Becquerel, für Milch und Babynahrung bei 370 Becquerel. Lebensmittel mit dieser Belastung kommen wahrscheinlich auch ab und an auf den Teller. Auslöser ist aber der Super-GAU in Tschernobyl – 25 Jahre vor Fukushima.

Wind blies Partikel in den Pazifik

Während am 11. März 2011 in Japan die Wetterverhältnisse günstig waren und die meisten radioaktiven Partikel in die Weite des Pazifiks geweht und extrem verdünnt wurden, zog die Wolke von Tschernobyl nach dem Unfall vom 26. April 1986 auch nach Deutschland. Besonders betroffen waren damals Bayern und Teile von Thüringen und Baden-Württemberg.

Der Großteil der Strahlung ist längst zerfallen. Cäsium 137 hat aber eine Halbwertszeit von 30 Jahren, da ist also noch nicht viel mehr als die Hälfte zerfallen. Die Spuren des Fallouts sind in betroffenen Regionen vor allem in Waldböden noch zu finden – dort, wo Wildschweine sie umpflügen um sich unter der Bodendecke etwa Hirschtrüffel als Nahrung suchen, die als besondere Radionuklidsammler gelten. Wildschweinfleisch steht deshalb 35 Jahre nach Tschernobyl noch unter besonderer Beobachtung.

So hatte im Juli 2020 ein Wildschwein im Landkreis Schwandorf einen Radiocäsiumgehalt von 620 Becquerel pro Kilo, wie aus einer Übersicht des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hervorgeht: Das Fleisch musste in die Tierkörperverwertungsanstalt, der Jäger bekam eine Entschädigung.

Wildschwein mit 3.500 Becquerel

Der Wert wird aber noch weit in den Schatten gestellt durch ein Wildschwein aus Bayern aus dem Jahr 2018: 3.495 Becquerel. Das war ein enormer Ausreißer, beim allergrößten Teil der Wildschweine wird kaum eine Auffälligkeit gefunden.

Aktivität und Dosis
Becquerel ist die Einheit, die angibt, wie stark etwas strahlt, also die Aktivität. Wie viel Strahlung aufgenommen wird, wird in Sievert angegeben. Durch Essen und Trinken nehmen Menschen in Deutschland im Schnitt 0,3 Millisievert im Jahr auf, schätzt das Bundesamt für Strahlenschutz – und rät zu Zurückhaltung bei Paranüssen. Die haben hohen Radium-Gehalt, vier Paranüsse am Tag verdoppeln dann im Jahr die Aufnahme durch die Nahrung. Die natürliche Strahlenbelastung insgesamt liegt bei durchschnittlich 2,4 Millisievert, das ist aber stark abhängig von Wohnort, Ernährung und Lebensweise: Flugreisen etwa führen zu zusätzlicher Belastung.

Getestet wird in Bayern in einem Netzwerk von 80 Wildbretmessstellen. Und damit deutlich intensiver als eingeführte Lebensmittel aus Japan. Da werden europaweit Stichproben und die Ergebnisse an die EU-Kommission gemeldet. Die jüngste vom Berliner Verbrauchschutzministerium veröffentlichte Liste vom März 2020 führt 600 Proben der unterschiedlichsten Produkte aus Japan auf, auch Fisch, Seetang und Algen.

Verseuchtes Wasser soll ins Meer

Bei keiner Probe war der deutsche Grenzwert aber auch nur annähernd erreicht, am höchsten war 2015 die Konzentration bei Torulahefe: 5,4 Becquerel, nur etwa ein Hundertstel des Werts im Fisch, der 50 Kilometer nördlich der Stelle aus dem Meer geholt wurden, wo der Tsunami das Kraftwerk verheerend beschädigte und wo jetzt in großen Tanks Wasser gesammelt wird.

Auf die Tanks schauen die Fischer mit großer Sorge: Die Reaktoren werden weiter mit Wasser gekühlt, das dort gesammelt wird.

Aber 2022, hat Japans Regierung im vergangenen Jahr erklärt, werden die Möglichkeiten zum Auffangen erschöpft sein, verseuchtes Wasser wird dann möglicherweise ins Meer geleitet. Und der Fang in den Schleppnetzen könnte für die Fischer noch häufiger zum Problem werden.

Verwendete Quellen
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