Warnung vor zweiter Corona-Welle Drosten: Müssen alle Alarmsensoren anschalten
In seinem Podcast warnt Virologe Christian Drosten vor einer zweiten Corona-Welle in Deutschland. Er sei nicht optimistisch, dass die Lage in einem Monat im Land so friedlich bleibe.
Der Virologe Christian Drosten befürchtet nach Corona-Ausbrüchen unter anderem in Nordrhein-Westfalen eine unbemerkte Ausbreitung des Coronavirus in die Bevölkerung. Die Verbreitung über die Gegend hinaus zu verhindern, sei jetzt das Entscheidende, sagte der Charité-Wissenschaftler am Dienstag im NDR-Podcast. Generell gebe es aktuell in mehreren Orten, darunter auch in Berlin, eindeutige Anzeichen, dass Sars-CoV-2 wieder komme.
Schon jetzt ist aus Sicht des Virologen große Vorsicht geboten, dass sich keine zweite Welle entwickelt. Er verwies auf die Lage in den Südstaaten der USA, wo sich trotz hoher Umgebungstemperaturen eine "furchtbare Situation" entwickle. Dort sei zu früh gelockert worden.
"Ich bin nicht optimistisch, dass wir in einem Monat noch so eine friedliche Situation haben wie jetzt, was die Epidemietätigkeit angeht" sagte Drosten. "In zwei Monaten, denke ich, werden wir ein Problem haben, wenn wir nicht jetzt wieder alle Alarmsensoren anschalten." Die Bevölkerung müsse einsehen, dass die Gesundheitsbehörden Unterstützung und Konsens bräuchten.
Die Gespräche mit Drosten gehen bis Ende August in eine Sommerpause, wie die Moderatorin ankündigte. In der Zwischenzeit sollen auf dem Podcast-Kanal andere Wissenschaftler zum Thema Corona zu Wort kommen.
RKI-Chef optimistisch
Der Chef des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, ist dagegen nach eigenen Worten "sehr optimistisch", dass in Deutschland eine zweite Welle der Corona-Infektionen verhindert werden kann. Wieler begründete seinen Optimismus am Dienstag in Berlin damit, dass die Menschen in Deutschland die Abstands- und Hygieneregeln kennen und damit wissen, wie solch eine zweite Welle verhindert werden kann. "Das liegt echt in unserer Hand, in unserer Verantwortung."
Den jüngsten deutlichen Anstieg des sogenannten R-Werts begründete Wieler damit, dass vermutlich die jüngsten großen Corona-Ausbrüche in Zusammenhang mit religiösen Veranstaltungen und in Fleischfabriken den R-Wert "massiv beeinflussen". Endgültig stehe dies aber noch nicht fest, es werde noch geprüft.
Die Reproduktionszahl liegt laut Wieler aktuell beim sensitiven R-Wert bei 2,76 und beim stabilen R-Wert bei 1,83. Die beiden Werte unterscheiden sich darin, dass der eine über vier Tage und der andere über sieben Tage betrachtet wird.
Wieler forderte die Bevölkerung auf, weiter achtsam zu sein. "Das Virus ist noch in unserem Land", sagte er. Für die nach den Sommerferien vorgesehenen Schulöffnungen forderte Wieler, diese "mit guten Hygienekonzepten" zu begleiten. Wie der RKI-Präsident sagte, ist die Lage bei den Behandlungsplätzen für Erkrankte weiterhin gut. Bei Intensivbetten und Beatmungsplätzen gebe es keine Engpässe.
- Nachrichtenagenturen dpa und afp