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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt Corona-Hotspot Ischgl: Vertuschte ein Wirt den ersten Fall?

Österreichs Coronavirus-Hotspot Ischgl ist jetzt ein Fall für die Strafverfolgungsbehörden. Bisher geht es offenbar darum, was ein Gastwirt möglicherweise vertuscht hat.
Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hat wegen eines Coronavirus-Infektionsfalls im Wintersport-Ort Ischgl die Ermittlungen aufgenommen. Ein Lokalbetreiber soll demnach einen Fall Ende Februar nicht an die Behörden gemeldet haben. Am 5. März war Ischgl von Island zum Risikogebiet erklärt worden, österreichische Behörden hatten aber nicht reagiert, weil ihnen nach ihrer Darstellung kein Fall bekannt war. Erst am 7. März wurde in Ischgl der erste positive Fall öffentlich. Durch eine Recherche von t-online.de wurde inzwischen bekannt, dass der Wintersportort heimliche Corona-Brutstätte Europas war. Hunderte Covid-19-Kranke in verschiedenen europäischen Ländern hatten sich in Ischgl angesteckt.
Die Staatsanwaltschaft Innsbruck geht nun dem Verdacht der fahrlässigen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten nach. Recherchen des ZDF haben ergeben, dass sich am 6. und 7. heimgereiste deutsche Urlauber im Ort angesteckt haben müssen. Sie hatten nicht im später betroffenen Kitzloch gefeiert. Das ZDF berichtet auch, dass unter Mitarbeitern der Ischgler Bars bereits vor dem ersten bekannt gewordenen Fall im "Kitzloch" von mindestens einem positiv getesteten Fall in ihren Reihen die Rede war. Der Lokalbetreiber habe aber weder den positiven Fall noch dessen Kontaktpersonen an die Gesundheitsbehörden gemeldet.
ZDF-Anfrage brachte Ermittlungen in Gang
Als das ZDF bei der Gemeinde Ischgl nachfragte, brachte das eine Lawine ins Rollen: Das Land Tirol leitete die Anfrage an die Staatsanwaltschaft weiter, die die Ermittlungen aufgenommen hat. Den Angaben zufolge richtet sich der Verdacht noch nicht konkret gegen einen bestimmten Gastronom: Es sei "unbekannt, um welchen Betrieb es sich dabei handeln soll und ob tatsächlich Meldepflichten verletzt wurden", antwortete die Staatsanwaltschaft. Sie habe deshalb das Landeskriminalamt mit den Ermittlungen beauftragt.
Ein Verstoß gegen eine Meldepflicht könnte strafrechtlich relevant sein, "wenn der Verstoß geeignet war, eine Ansteckungsgefahr herbeizuführen", hieß es. Bis Ermittlungsergebnisse vorlägen, könne jedoch noch etwas Zeit vergehen. Ermittlungen vor Ort gestalteten sich aufgrund der Corona-Krise "etwas schwierig", sagte Staatsanwaltschaftssprecher Hansjörg Mayr der Nachrichtenagentur APA.
In Österreich gibt es laut der Johns Hopkins Universität fast 4800 bestätigte Coronavirus-Infektionsfälle, 25 Menschen starben. Bundeskanzler Sebastian Kurz kündigte am Dienstag an, die Kapazitäten für Corona-Tests auf 15.000 pro Tag steigern zu wollen.
- Mit Material der Naxchrichtenagentur AFP
- zdf.de: Corona im Skiparadies: "Thema kleingeredet"