Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Kachelmanns Donnerwetter Einmal Mittelmeer umrühren: Der "Medicane" ist da
Hurrikans bedrohen die USA, Taifune die Asiaten. Wir sind also fein raus. Falsch, denn im Mittelmeer braut sich gerade ein tropischer Wirbelsturm zusammen. Wie kann das sein?
Sie erinnern sich: Unsere Tiefs haben eine Warmfront, eine Kaltfront und im Zentrum des Tiefs gibt es viel kalte Luft, ganz besonders bei den sogenannten Kaltlufttropfen, den Höhentiefs. Bei diesen, unseren Tiefs kommt die Dröhnung aus den unterschiedlich temperierten Luftmassen, die miteinander interagieren.
Und dann gibt es die Tiefs, die nichts von all dem haben. Keine Fronten, kein kaltes Zentrum, keine Luftmassengegensätze, dafür ein ganz großes Warm überall und sogar im Zentrum des Tiefs. Alle Energie kommt aus der latenten Wärme, wenn gigantische Mengen an Wasserdampf zu Wassertropfen kondensieren.
Das sind die tropischen Wirbelstürme von Hurrikan bis Taifun. Und Sie ahnen schon: Gigantische Mengen an Wasserdampf gibt es dort, wo es viel warmes Wasser gibt. Deswegen möchten tropische Wirbelstürme für ihre Entstehung gerne Wassertemperaturen von 26 bis 28 Grad und aufwärts – und sie brauchen die Nähe von Subtropen und Tropen, wo die Atmosphäre generell auch in der Höhe eher ein gemütlicher Ententeich ist und nicht von wilden Jestreams und Scherwinden umgerührt wird. Das mögen junge Hurrikane gar nicht. Sie mögen warmes Wasser und ihre Ruhe.
Wenn wir die aktuellen Wetterkarten fürs östliche Mittelmeer ansehen, können wir feststellen, dass gerade alles für eine solche Tiefdruckbildung angerührt wird.
Man nehme:
1. Warmes Wasser
Sie sehen an der Vorhersage für Freitagnachmittag, dass im östlichen Mittelmeer genug oberhalb von 26 Grad da ist (für mehr Details aufs Bild klicken):
Sie sehen aber an der kleinen kühleren Zone auch, dass beginnende tropische Tiefs immer auch ein bisschen gegen sich selbst kämpfen: Der Sturm holt kühleres Tiefenwasser nach oben – auch deswegen werden Mittelmeer-Tiefs bisher nicht zu gigantischen Hurrikanen.
2. Lust zur Tiefdruckbildung
Ein Maß dafür ist die Vorticity, frei übersetzt die Wirbellust der Atmosphäre und man sieht an der Vorhersage für denselben Zeitpunkt: Da läuft was!
3. Ententeich in der Höhe
Viel Wind in der Höhe ist des Teufels für den Junghurrikan. Sie sehen bei der Vorhersage: Es gibt eine grünliche Zone der Ruhe, wo sich ein Hurrikan entwickeln kann. Wo es stürmisch rot und lila ist, würde ein tropisches Tief sofort zerrupft werden. Dort darf es nicht hin.
Die Frage nun, ob sich über der warmen Mittelmeer-Brühe ein kleiner tropischer Wirbelsturm mit einem warmen Herz ohne Kaltfront entwickeln kann, hängt nun von minimalen Faktoren ab – es reicht fast eine kollektive Blähung auf Malta, um Größeres zum Entgleisen zu bringen.
Entsprechend sind die Vorhersagen der Computermodelle zum Medicane (aus dem Mediterranen und Hurricane zusammengesetzt) noch sehr unterschiedlich. Sehen Sie die Böen-Vorhersage für Freitagabend 20 Uhr und wie weit auseinander die unterschiedlichen Modelle liegen:
Neben den für September großflächigen hohen Windgeschwindigkeiten wird der Medicane auch große Mengen an Süßwasser ins Meer und Regen für den Süden Griechenlands bringen. Die Urlauber werden es so mittel finden – und es gilt gerade für deutsche Urlauber, sich wieder zu konzentrieren und sich nicht in Trockentälern und an steilen Hängen aufzuhalten bei diesen vorhergesagten Regensummen (zum Vergleich: in Berlin sind es in einem Jahr normal knapp 600):
Sie können die Entwicklung des Jungspundsturms selber auf dem Satellitenfilm verfolgen. Und am Sonntag wissen wir, welches Modell die maltesischen Pupse am besten parametrisiert hat.