G20-Gipfel Darum tragen Scholz und Biden einen beigen Schal
Auf dem G20-Gipfel in Indien trugen die Staats- und Regierungschefs am Sonntag den gleichen Schal. Das Kleidungsstück hat einen ernsten Hintergrund – doch nicht jedem gefiel der Auftritt.
Als die Staats- und Regierungschefs der G20 am Sonntag das Raj-Ghat-Denkmal in der indischen Hauptstadt Neu Delhi besuchten, stach vor allem eine Sache ins Auge: Sie alle trugen das gleiche Kleidungsstück. Ein beiger Wollschal, den ihnen zuvor der indische Premierminister Narenda Modi umgehangen hatte.
Für Modi war es ein hoher symbolpolitischer Akt: Der Schal aus Khadi-Baumwolle soll an Mahatma Gandhi erinnern, den Vater der indischen Unabhängigkeit. Auch das Denkmal Raj Ghat wurde dem 1948 ermordeten Gandhi gewidmet, es wurde an der Stelle erbaut, wo Gandhis Leichnam eingeäschert wurde.
Für Gandhi, der Indien durch gewaltfreien Widerstand von der britischen Kolonialherrschaft befreite, war der Khadi-Schal ein Schlüsselsymbol für die indische Unabhängigkeit: ein Kleidungsstück, das von Indern vor Ort hergestellt werden konnte und dazu diente, importierte britische Waren zu boykottieren und zu ersetzen. Der massenhafte Boykott und die Erkenntnis der Inder, dass sie nicht auf die Importe der Kolonialmacht angewiesen sind, trugen dazu bei, die nationale Unabhängigkeit zu erringen.
Revolutionäre Baumwolle
Der Revolutionsführer selbst spann oft seine eigene aus Khadi-Baumwolle hergestellte Kleidung auf einer Charkha – einem Spinnrad, das damals zum Symbol der politischen und wirtschaftlichen Loslösung Indiens von seinen Kolonialherren wurde.
"Während verschiedene Nationen zusammenwachsen, leiten Gandhis zeitlose Ideale unsere gemeinsame Vision für eine harmonische, integrative und wohlhabende globale Zukunft", so der indische Premier Narenda Modi am Sonntag auf X, früher bekannt als Twitter.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
Inwieweit Modi die Ideale der Gewaltfreiheit und des Friedens des indischen Nationalhelden Gandhi in seiner eigenen Politik verfolgt, ist umstritten. Modis Partei, die hindu-nationalistische BJP, macht seit Jahren Stimmung gegen die muslimische Minderheit im Land. Modi unterstützt zudem öffentlich die Vision eines von Hindus dominierten indischen Staates – in klarem Widerspruch zu Gandhis Konzept eines säkularen Gemeinwesens, wo alle Religionen und ethnische Minderheiten gleichgestellt sind.
Nicht jedem in Indien gefiel der Auftritt. Die indische Opposition kritisierte die Symbolik scharf und warf dem Regierungschef am Sonntag vor, "Lügen über Gandhi" zu verbreiten. Während die "Welt Gandhi respektierte", wolle die BJP dessen Errungenschaften kleinreden.
- cnn.com: "Why did Modi gift a cotton scarf to G20 leaders and what’s the significance?" (englisch)