Verdächtiges Boot Nord-Stream-Ermittler finden Sprengstoffspuren auf Segeljacht
Was geschah am 26. September 2022 nahe der dänischen Insel Bornholm? In den Ermittlungen zu den Explosionen an Nord Stream 1 und 2 gibt es offenbar neue Erkenntnisse.
Bei den Untersuchungen zu den Explosionen an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 haben die Ermittler nach eigenen Angaben Sprengstoffspuren auf einer verdächtigen Segeljacht gefunden. "In den während der Untersuchung vom Boot entnommenen Proben wurden Spuren von Unterwassersprengstoff gefunden", heißt es in einem gemeinsamen Brief der deutschen UN-Botschafterin Antje Leendertse und der Botschafterinnen von Dänemark und Schweden an den UN-Sicherheitsrat in New York. Das Schreiben liegt der Nachrichtenagentur dpa und t-online vor.
Darin heißt es weiter, es bestehe der Verdacht, dass die Segeljacht zum Transport des Sprengstoffs genutzt worden sei, der bei der Sabotage der Pipelines eingesetzt wurde. Die drei Ländervertreterinnen betonten gegenüber dem mächtigsten UN-Gremium, dass die Ermittlungen andauerten: "Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nicht möglich, die Identität der Täter und ihre Motive zuverlässig zu klären, insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob der Vorfall von einem Staat oder einem staatlichen Akteur gesteuert wurde."
Bundeswehr registrierte russische Militärschiffe
t-online hatte im März exklusiv über einen geheimen russischen Konvoi zu den späteren Anschlagsorten berichtet, der offenkundig wenige Tage vor den Anschlägen eine Reaktion von Nato-Streitkräften auslöste. Teil des Konvois waren Spezialschiffe für Unterwassermissionen, unter anderem die mit einem Mini-U-Boot ausgestattete "SS-750" sowie das Hebeschiff "SB-123". Die Schiffe erreichten das Gebiet am 21. September 2022 und verließen es einen Tag später wieder. Am 26. September explodierten die Pipelines.
Auch die Bundeswehr hat kurz vor den Anschlägen auf Nord Stream russische Militärschiffe am späteren Tatort registriert. Das bestätigte das Verteidigungsministerium auf Anfrage von t-online. Alle damit in Zusammenhang stehenden Informationen habe die Behörde dem Generalbundesanwalt für seine Ermittlungen zur Verfügung gestellt. Öffentlich sollen sie nicht werden.
- Für den schnellen Leser: Die Zusammenfassung der Recherchen
- Translation: Read "Russian tracks" in English
Gecharterte Segeljacht im Fokus
Am 26. September 2022 waren zunächst Explosionen in der Nähe der dänischen Insel Bornholm registriert und wenig später vier Lecks an drei der insgesamt vier Leitungen der Pipelines entdeckt worden. Der Betreiber von Nord Stream 1 sprach später von metertiefen Kratern und weit verteilten Trümmern am Meeresgrund. Nord Stream 1 und 2 verlaufen jeweils als Unterwasser-Doppelstrang über eine Strecke von rund 1.200 Kilometern von Russland nach Deutschland. Nord Stream 1 lieferte seit 2011 einen erheblichen Anteil des nach Europa importierten Gases.
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Unklar, ob es sich um die Segeljacht "Andromeda" handelt
In Deutschland haben die Ermittler Berichten zufolge eine gecharterte Segeljacht in den Fokus genommen, mit der das Sabotageteam mutmaßlich unterwegs war. ARD, SWR und "Zeit" hatten im März berichtet, dass ein Einsatzkommando den Ermittlern zufolge von Rostock aus in See gestochen sein soll. Spuren sollen demnach auch in die Ukraine führen. So hieß es in dem Bericht, die Jacht sei angeblich von einer Firma mit Sitz in Polen angemietet worden, die offenbar zwei Ukrainern gehöre.
Auch von Zwischenstopps der Jacht in Wiek auf Rügen und an der dänischen Insel Christiansø nordöstlich von Bornholm war die Rede. Späteren Medienberichten zufolge handelte es sich um das von einem Vermieter auf der Insel Rügen bereitgestellte Schiff "Andromeda". Dem Brief der Botschafterinnen war nicht eindeutig zu entnehmen, ob die Sprengstoffspuren bei der Untersuchung der "Andromeda" entdeckt wurden.
Die Spurenlage zur "Andromeda" wird nicht nur in Osteuropa und Skandinavien mit Argwohn betrachtet. Auch in deutschen Sicherheits- und Expertenkreisen glauben viele weiterhin an absichtlich gelegte Fährten in die Ukraine, die die wahren Täter verschleiern sollen. Bruno Kahl, der Präsident des Bundesnachrichtendiensts, erklärte vor wenigen Wochen, es gebe Hinweise "in alle möglichen Richtungen".
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa