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Russland | Live-Eklat im Staatsfernsehen: "Die Nordkoreaner sind alle"


Schlagabtausch im Studio
Live-Eklat im russischen TV: "Die Nordkoreaner sind alle"


Aktualisiert am 08.02.2025 - 13:59 UhrLesedauer: 3 Min.
Olga Skabjewa, die Moderatorin der Propaganda-Sendung "60 Minuten", ist für ihre aggressive Art berüchtigt.Vergrößern des Bildes
Olga Skabjewa, die Moderatorin der Propaganda-Sendung "60 Minuten", ist für ihre aggressive Art berüchtigt. (Quelle: Screenshot Rossija 1)
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Ein Putin-treuer Talkshow-Gast enthüllt live im TV unbequeme Details über den Ukraine-Krieg. Die Moderatorin versucht, ihn zum Schweigen zu bringen. Doch er redet sich um Kopf und Kragen.

Die Propagandasendung "60 Minuten" im russischen Staatssender Rossija 1 (Russland 1) ist berüchtigt für die Ausfälle ihrer Moderatorin Olga Skabejewa. Die Talkmasterin ist für den metallischen Klang ihrer Stimme und ihren Moderationsstil à la KGB-Verhörspezialistin bekannt. Ihre Art hat ihr den Spitznamen "das eiserne Püppchen" eingebracht, den die Pressesprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, in Umlauf gebracht hat. Doch ihre aggressiven Ausfälle gelten meistens dem "kollektiven Westen", dem "senilen" Joe Biden oder den vermeintlichen ukrainischen Nazis.

In der vergangenen Woche bekam ihre Wortgewalt jedoch ein hauseigener Experte ab. Dmitri Absalow ist Dauergast ihrer Sendung, die mindestens fünf Stunden pro Tag ausgestrahlt wird. Der Präsident des Zentrums für strategische Kommunikation hält sich dabei getreu an die vorgegebenen Leitlinien und Narrative des Kremls. Doch nun leistete er sich einen Ausrutscher. Während einer Diskussion über den Krieg in der Ukraine begann der geladene Gast plötzlich Fakten zu nennen, die der Kreml nicht verbreitet wissen möchte.

Zunächst sprach er von einer Intensivierung der Verhandlungen zur Beendigung des Ukraine-Krieges, vor allem zwischen den USA und Russland. Diese würden "höchstwahrscheinlich in Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten stattfinden", erklärte er. Doch das wollte Skabejewa nicht in ihrer Sendung hören. "Glauben wir da etwa Reuters", fuhr sie dazwischen. Doch Absalow reagierte ungewohnt widerspenstig: "Wir haben schließlich auch Reuters die Berichte über den Einsatz nordkoranischer Soldaten geglaubt. Die sind nun alle und im nächsten Monat kommt die nächste Partie."

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"Warum sind sie alle? Was ist passiert?"

"Ist das irgendein Insight des russischen Verteidigungsministeriums?", versuchte Skabejewa ihren Gast in eine unangenehme Erklärungsnot zu bringen, woher er die erwähnten Informationen habe. "Wollen Sie nicht mehr dazu erzählen?", fragte sie süffisant nach. "Die nordkoranischen Soldaten sind alle", wiederholte Absalow. "Warum sind sie alle? Was ist passiert?", stichelte im Gegenzug wieder Skabejewa.

An dieser Stelle merkte der Politologe wohl, dass er sich um Kopf und Kragen zu reden drohte. "Weil es ihnen schwerfällt, gegen Drohnen zu kämpfen", schob er hinterher. "Wie viele waren es denn? Niemand hat irgendwo offiziell eine Angabe dazu gemacht. Sie sind der Erste. Außer den Amerikanern", konterte die Moderatorin.

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Doch Absalow gab nicht nach und verglich die Situation mit dem Verkauf iranischer Drohnen an Russland. Diesen Umstand wollte der Kreml einst auch lange nicht eingestehen, nun ist aber deren Einsatz in der Ukraine eine bekannte Tatsache. "Nordkoreanische Militärkräfte waren dort im Einsatz. Nun sind sie im Januar offensichtlich alle gegangen", wiederholte er seine Wortwahl – offensichtlich im Versuch, nicht von Gefallenen zu reden.

Talkshow-Gast gerät in Rage

"Wir verbreiten aber nicht amerikanische Narrative", fuhr Skabejewa dazwischen. "Es sind die Amerikaner, die darüber diskutieren, dass 15.000 Nordkoreaner getötet wurden – sie hätten nicht gewusst, wie man kämpft, und deshalb seien sie abberufen worden. Weder das Verteidigungsministerium noch Peskow noch irgendein Beamter in unserem Land haben darüber gesprochen", machte sie die offizielle Linie deutlich. Dasselbe gelte auch für mögliche Verhandlungen. Peskow habe die Berichte dementiert. "Wir glauben Peskow und nicht Trump", postulierte Skabejewa.

An dieser Stelle geriet ihr Talkshow-Gast in Rage. "Am Anfang hieß es, wir führen gar keine Verhandlungen. Danach hieß es, wir führten keine offiziellen Verhandlungen. Also führen wir inoffizielle Verhandlungen, richtig? Dann ließ man verlautbaren, dass wir natürlich keine Verhandlungen führen, aber man habe eine gemeinsame Position mit den USA erarbeitet. Wie kann man eine Position erarbeiten, wenn man keine Verhandlungen führt? Das ist die Frage", fasste Absalow die Absurdität der Kremlpropaganda in den vergangenen Wochen zusammen.

Nach diesem Eklat im Studio beobachten nun die russischen Zuschauer, was mit dem Experten geschieht. Das entsprechende Videosegment verbreitete sich augenblicklich in den sozialen Netzwerken und löste eine Welle des Spotts aus. Viele erkennen in diesem Vorfall eine Zensur innerhalb der Propagandamaschinerie selbst, die bereits beginnt, ihre eigenen Mitarbeiter zu "verschlingen".

Die Präsenz nordkoreanischer Soldaten an der Front ist für Wladimir Putin ein Tabu-Thema. Denn dieser Umstand läuft der Propaganda zuwider, wonach sich der Kreml nicht vor freiwilligen Rekruten retten kann, die mit Freude in den Krieg ziehen.

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