Prostituierter verlor das Bewusstsein Priester feiern Sexparty – Polens Kirche in Erklärungsnot
In Polen ist die katholische Kirche nicht nur konservativer als anderswo, sie hat auch großen Einfluss. Kurz vor der Parlamentswahl erschüttert eine schwule Orgie ihr Selbstbild.
Für die katholische Kirche ist die Angelegenheit maximal peinlich. Eigentlich sollen ihre Priester enthaltsam leben und sich ganz auf Gott konzentrieren, deshalb verbietet das sogenannte Zölibat katholischen Geistlichen die Ehe. Nicht weniger rigoros verhält sich der Vatikan zur gleichgeschlechtlichen Liebe: Homosexualität widerspreche dem Willen Gottes, so die Linie Roms, auch wenn es ein offenes Geheimnis ist, dass auch Männer der Kirche Sex miteinander haben. Doch in Polen wird ein Fall jetzt zum Aufreger – und das nur wenige Wochen vor der Parlamentswahl.
Anlass für die öffentliche Debatte ist eine Sexparty unter katholischen Priestern, die mit einem medizinischen Notfall endete. Das berichtet die Zeitung "Gazeta Wyborcza" unter Berufung auf einen der Partygäste. Demnach feierten die Geistlichen ihre Orgie in Dąbrowa Górnicza im Süden des Landes in einer kirchlichen Dienstwohnung. Auch ein Sexarbeiter sei angeheuert worden. "Die ganze Veranstaltung war rein sexueller Natur, die Teilnehmer nahmen alle Potenzmittel", zitiert die Zeitung ihre anonyme Quelle. "Dann geriet alles außer Kontrolle und der Sexarbeiter verlor das Bewusstsein."
Kirche entbindet Priester von allen Ämtern
Warum genau der Mann ohnmächtig wurde, ist unklar. Fest steht nur, dass ein herbeigerufenes Rettungsteam zunächst nicht zu ihm durchkam: Wohl aus Furcht vor dem Skandal ließen die Priester die Sanitäter nicht ins Gebäude. Diese mussten erst die Polizei rufen, die den Helfern den Weg frei machte zu dem ohnmächtigen Sexarbeiter. Die zuständige Staatsanwaltschaft hat in dem Fall offenbar ein Ermittlungsverfahren wegen unterlassener Hilfeleistung eröffnet, berichtet die "Gazeta Wyborcza". Doch für die Kirche in Polen sind die juristischen Folgen der Party wohl nachrangig.
In einer Stellungnahme räumte die regionale Kirchenleitung am Freitag zunächst ein, dass es in einem ihrer Gebäude einen Einsatz von Sanitätern und Polizei gegeben habe, der jetzt von einer kirchlichen Kommission untersucht werde. Kurz darauf hieß es, dass die Erkenntnisse der Kirche "deutlich abweichen von dem, was in den Medien zu lesen ist". Doch die Position war offenbar nicht lange zu halten. Noch am Freitag teilte die Kirche mit, dass Tomasz Z., in dessen Wohnung die Sexparty stattgefunden haben soll, von allen kirchlichen Ämtern freigestellt sei, "bis der Vorfall aufgeklärt ist". Doch das ging dem zuständigen Bischof von Sosnowiec offenbar nicht weit genug.
"Kein Einvernehmen mit dem moralisch Bösen"
In einem Brief, der in allen Kirchen seines Sprengels verlesen wurde, verurteilte Grzegorz Kaszak die "schmerzhaften Ereignisse von Dąbrowa Górnicza" und die "beschämten Priester", die sich daran beteiligt hätten. "Ich bitte alle um Entschuldigung, die betroffen, traurig oder sogar aufgebracht sind über die Vorgänge", schreibt der Bischof an die Kirchgänger. "Es gibt kein Einvernehmen mit dem moralisch Bösen, und alle Beteiligten werden nach kirchlichem Recht bestraft werden, unabhängig vom Urteil eines Gerichtsprozesses."
Er bete dafür, dass Pfarrer Tomasz Z. von seiner sexuellen Orientierung geheilt werde, schreibt Bischof Kaszak weiter. Allein dieser Satz zeigt das extrem konservative Weltbild der katholischen Kirche in Polen. In Deutschland sind sogenannte Konversionstherapien zur "Behandlung" von Homosexualität seit 2020 verboten. Heikel ist die außer Kontrolle geratene Priesterorgie aber nicht nur für die polnische Kirche, die sich nach außen gerne als Hüterin einer strengen Sexualmoral darstellt.
Feiern, bis der Arzt kommt
Kurz vor der Parlamentswahl am 15. Oktober könnte der Fall auch für die regierende nationalkonservative Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) zum Problem werden. Die Partei, in der der Gründer Jarosław Kaczyński noch immer den Ton angibt, hat in den vergangenen Jahren immer wieder Stimmung gemacht gegen Homosexuelle und trans Menschen. Die gleichgeschlechtliche Ehe lehnt die PiS strikt ab, und mit der Verschärfung der Abtreibungsgesetze hat sie 2016 auch die Rechte von Frauen massiv eingeschränkt.
Vertreter der katholischen Kirche haben den harten gesellschaftspolitischen Kurs der Regierung stets unterstützt und öffentlich beworben. Gerade in der bäuerlichen Landbevölkerung ist der Einfluss der Kirche noch immer groß. Und dort hat auch die PiS ihre treueste Anhängerschaft. Katholische Priester, die in Räumen der Kirche buchstäblich feiern, bis der Arzt kommt, dürften bei der Mobilisierung für ein "moralisch sauberes Polen" eher hinderlich sein.
- sosnowiec.wyborcza.pl: Der Pfarrer der Basilika in Dąbrowa Górnicza während der Sonntagsmesse: „Ich verurteile die Tat von Pater Dr. Tomasz Z (polnisch, kostenpflichtig)