Neue Studie "Weltuntergangsgletscher" schmilzt doppelt so schnell
Schmilzt der Thwaites-Gletscher weiter, drohen verheerende Folgen für den Meeresspiegel. Forscher beobachten nun einen dramatischen Rückzug.
Der antarktische Thwaites-Gletscher schmilzt deutlich schneller als bisher angenommen. Wegen der Erderwärmung hat das Eisschild einer neuen Studie zufolge das Potenzial, sich in den kommenden Jahren rasant zurückzuziehen, wie der US-Fernsehsender "CNN" berichtet. Der Gletscher wird auch als "Weltuntergangsgletscher" bezeichnet – wegen der drastischen Folgen, die sein Zusammenbruch für den globalen Meeresspiegel hätte.
"Der Thwaites hält sich heute wirklich mit den Fingernägeln fest", sagte Robert Larter, Co-Autor der Studie, in einer Mitteilung. Der Gletscher habe sich irgendwann in den vergangenen zwei Jahrhunderten vom Meeresboden gelöst. Seitdem schmelze das Eis von unten und ziehe sich mit einer Geschwindigkeit von 2,1 Kilometern pro Jahr zurück. Das ist doppelt so schnell wie die bisher von Forschern beobachtete Geschwindigkeit.
"Große Veränderungen in kleinen Zeiträumen"
Die Meeresbiologen haben den historischen Rückzug des Gletschers kartiert, um besser vorhersagen zu können, wie sich das Eisschild in den kommenden Jahren entwickeln wird. "Wir sollten erwarten, dass wir in Zukunft große Veränderungen in kleinen Zeiträumen sehen werden – sogar von einem Jahr zum nächsten – sobald sich der Gletscher über einen flachen Grat in seinem Bett zurückzieht", schreibt Larter. Das Abtauen des Gletschers könnte sich somit noch beschleunigen.
Ein voranschreitender Rückzug des Thwaites-Gletschers könnte den Meeresspiegel um mehrere Meter anheben. Das Eisschild in der Westantarktis ist einer der breitesten Gletscher der Erde und mehr als doppelt so groß wie Österreich. Die Region wird aufgrund der Klimakrise und der damit einhergehenden Eisschmelze von Forschern genau beobachtet.
Deutsche Gletscher ebenfalls in Gefahr
Auch in Deutschland schmelzen die Gletscher weiter. Das Eis des Blaueisgletschers, des Schneeferners auf der Zugspitze sowie des Höllentalferners ist in diesem Jahr erneut deutlich zurückgegangen. Am schlechtesten nachzuvollziehen ist der Schwund am Watzmanngletscher in den Berchtesgadener Alpen. "Wir tun uns beim Watzmanngletscher schwer, die Fläche zu bestimmen", sagte Christoph Mayer, Glaziologe an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Zum einen liege er in einer Mulde und sei damit relativ dick, sodass der Verlust an der Oberfläche weniger auffalle. Zum anderen sei er in Teilen von einer Schuttschicht bedeckt, die eine Bestimmung der Größe erschwere – ihn aber teilweise vor weiterem Abschmelzen bewahre, erklärte Mayer. Zuletzt sei der Gletscher noch rund fünf Hektar groß gewesen.
Neben der Hitze setzte den deutschen Gletschern in diesem Jahr Saharastaub zu. Er hatte sich im März als rötliche Schicht auf Skipisten und Gletschern abgelagert. Weil dunklere Flächen mehr Energie des Sonnenlichts absorbieren, beschleunigte das die Schmelze. Von den fünf deutschen Gletschern ist der südliche Schneeferner am schlimmsten vom Abtauen betroffen. Schon im nächsten Jahr könnte er demnach ganz verschwinden. "Vielleicht hält er sich auch noch zwei oder drei Jahre. Aber das ist sicher der Kandidat, der als Erster verschwinden wird", sagte Mayer. Zu den fünf deutschen Gletschern zählen auch der nördliche Schneeferner sowie das Blaueis in den Berchtesgadener Alpen.
- cnn.com: "'Doomsday glacier,' which could raise sea level by several feet, is holding on 'by its fingernails,' scientists say" (englisch)
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa