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HomePolitikGerhard Spörl: Der Welterklärer

Ampel: Grüne, FDP und SPD haben schon vor den Landtagswahlen aufgegeben


Meinung
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Wahlen in Ostdeutschland
Eine Absurdität

MeinungVon Gerhard Spörl

Aktualisiert am 26.08.2024Lesedauer: 4 Min.
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Lindner, Habeck und Scholz: Die Ampelkoalition übt sich in Selbstvergessenheit, das könnte gefährlich werden. (Quelle: Michael Kappeler/dpa/dpa-bilder)
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Ostdeutschland wählt, und die AfD ist zumindest in Thüringen der Macht nahe. Die Ampel aber treibt auf ein Fiasko zu und beschwört schon mal ihr eigenes Ende, das schneller kommen könnte, als sie glaubt.

Irgendwann einmal werden wir zurückblicken auf diese seltsame Koalition aus drei Parteien, die gut anfing, ins Stocken geriet und dann gar nicht mehr mit der Selbstzermürbung aufhörte. Zwischendurch nahmen sich die Lindners/Habecks/Scholzens vor, es müsse besser werden, also werde es auch besser werden. Diese Versuche in Selbstsuggestion liegen aber hinter ihnen. Jetzt ist das Stadium erreicht, in dem sich Resignation und Apathie, gepaart mit Selbstmitleid, in Berlin verbreiten.

In besseren Zeiten haben sich auch Regierungen aus FDP und CDU/CSU oder SPD und FDP Selbstvergessenheit geleistet, doch damals gab es eben keine starke Konkurrenz vom rechten Rand. Und meist verhielten sich diese Koalitionspartner einigermaßen diszipliniert, sobald wichtige Landtagswahlen anstanden, die ja jederzeit unabsehbare Rückwirkungen auf die Hauptstadt ausüben können.

Akte der Selbstverblendung

Diesmal ist es jedoch so, dass die Ampelregierung ihre schleichende Kapitulation frühzeitig eingesteht. Die Grünen verstehen sie nunmehr als Übergangsregierung, lassen den Finanzminister ihre Verachtung spüren, spekulieren über ein Folgebündnis mit der Union und wollen einen Kanzlerkandidaten stellen, auch wenn sie bei schmählichen 12 Prozent herumkrebsen.

Gerhad Spörl

Zur Person

Gerhard Spörl interessiert sich seit jeher für weltpolitische Ereignisse und Veränderungen, die natürlich auch Deutschlands Rolle im internationalen Gefüge berühren. Er arbeitete in leitenden Positionen in der "Zeit" und im "Spiegel", war zwischendurch Korrespondent in den USA und schreibt heute Bücher, am liebsten über historische Themen.

Wäre diese Summe der Absurditäten von Selbstironie untermalt, könnte man wenigstens sagen: Habt ihr nichts Ernsteres im Sinn – wolltet ihr nicht mal das Land auf Vordermann bringen? Dummerweise handelt es sich aber um Akte der Selbstverblendung.

Bei den beiden Landtagswahlen am kommenden Sonntag werden sowohl die Grünen als auch die SPD unter ferner liefen ins Ziel kommen, während die FDP noch nicht einmal an der Fünfprozenthürde kratzen kann, obwohl sie freies Parken für freie Bürger in Stadt und Land anpreist. Ihre Selbstvergessenheit führt zu kabaretthaften Übersprungshandlungen.

AfD verspricht, was gut ankommt

Dass in Ostdeutschland andere Bedingungen, ein anderer Zugang zur Politik und ein anderes Klima vorherrschen, ist schon länger bekannt. Dass aber eine Partei wie die SPD wehrlos aufgibt und die Grünen über ihre Verzwergung nur staunen, ist mir ein Rätsel. In Ländern wie Sachsen oder Thüringen genügt es eben nicht, wenn sich Olaf Scholz oder Robert Habeck an sorgsam ausgewählten Orten ohne Pöbelei und Randale kurz mal umsehen.

"Es brennt im Land, und in seinem Osten steht das Erbe der deutschen Einheit auf dem Spiel", schreibt die "Süddeutsche Zeitung". Selbstvergessenheit ist ein Luxus, den sich niemand erlauben kann.

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Viel Zeit ist verloren. Viele Gelegenheiten sind verpasst. Die AfD ist in Ostdeutschland zur Kümmerer-Partei aufgestiegen. Sie hat sich in der Vakanz wohlig ausgebreitet. Sie sammelt die Wut, die Verzweiflung und den Ärger über die da oben in Berlin ein und verspricht, was gut ankommt: weiteren Abbau der Braunkohle, billige Energie aus Nord Stream 1 und 2, Remigration der messerstechenden Immigranten etc.

Aber nicht nur die Verlustängstlichen finden in der AfD eine Wärmestube. Auch das gehobene Bürgertum, also eigentlich die klassische FDP-Klientel aus Ärzten/Apothekern/Anwälten, sympathisiert mit der AfD, obwohl sie, wie Umfragen herausfanden, Björn Höcke nicht als Ministerpräsidenten von Thüringen sehen wollen. Ja, wen denn dann?

Popularität reicht nicht

Das BSW ist keine Partei, sondern eine Plattform. Sie versammelt um sich, was sich als links versteht, aber rechte Politik bevorzugt. Sahra Wagenknecht ist die idealtypische Anführerin einer kleinen, parasitären Partei mit staunenswertem Echo. Vermutlich gibt es im BSW weniger Parteimitglieder als Wahlgewinner, die in die Landtage einziehen können. Eine Absurdität mehr in diesen seltsamen Tagen.

In Ostdeutschland gibt es vor allem zwei Ministerpräsidenten, die sich gegen die AfD stemmen. Der eine ist Bodo Ramelow, seit zehn Jahren ein solider Regent Thüringens. Sein Erbe verteidigt er unermüdlich gegen Björn Höcke. Gäbe es am Sonntag eine Direktwahl des Ministerpräsidenten, wäre Ramelow der Sieg kaum zu nehmen. Trotz seiner Popularität liegt die Linke aber nur bei 15 Prozent – bei der letzten Wahl waren es doppelt so viele gewesen.

Auf einer Gratwanderung befindet sich der andere Ministerpräsident, Michael Kretschmer in Sachsen. Was das Verhältnis zu Russland und das Öl anbelangt, argumentiert er ähnlich wie die AfD. Denn seine Strategie ist Wandel der CDU durch Annäherung an die Rechte, ohne sich mit ihr gemein zu machen. Friedrich Merz kann nur hoffen, dass am Ende die CDU vor der AfD liegen wird.

CDU trägt den Verfassungsbogen allein

Die CDU ist die einzige unter den etablierten Parteien, die in Ostdeutschland wie in Westdeutschland für 30 Prozent gut ist. Sie trägt den Verfassungsbogen in Sachsen und Thüringen allein. Darin liegt ihre Stärke. Ihre Schwäche wiederum liegt in der Stärke von AfD und dem Scheinriesen BSW. Die Koalitionsbildung nach den drei Wahlen (Brandenburg wählt am 22. September) kann gut zu einer Zerreißprobe für die CDU werden, gehetzt womöglich von der CSU.

Und wie schlagen die Wahlen in Berlin ein? Alle drei Ampelparteien werden aus ihrer Selbstvergessenheit erwachen und in Schockstarre übergehen. Dann werden sie in gewohnter Manier wortreich erklären, weshalb die beiden jeweils anderen größere Schuld auf sich geladen haben als man selbst.

Und daraus könnte sich durchaus eine Dynamik entwickeln, die den vorzugsweise schweigenden Kanzler, seinen beredten Vize und den pompösen Finanzminister hinwegfegt.

Verwendete Quellen
  • Eigene Überlegungen
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