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Koalitionsausschuss – Ampel-Streit: Wir sollten Habeck dankbar sein


Meinung
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Turbulenzen in der Ampel
Wir sollten Habeck dankbar sein

MeinungEine Kolumne von Gerhard Spörl

Aktualisiert am 27.03.2023Lesedauer: 3 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:230324-921-010663Vergrößern des Bildes
Robert Habeck: Der Wutausbruch des Vizekanzler im TV hat auch etwas Gutes. (Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa)
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Der Vizekanzler wütet, die Koalitionspartner verlieren das Vertrauen ineinander. Die Ampel gibt derzeit kein gutes Bild ab. Die größte Gefahr steht ihr aber noch bevor.

Vertrauen ist gut. Vertrauen kann tragen. Wenn jemand zu einem von uns sagt: Ich vertraue dir, dann stellt sich ein wohliges Gefühl ein. So können Menschen auch zueinander sein, so miteinander umzugehen ist schön.

Nun weiß man aus dem richtigen Leben, dass es ganz schön schwierig ist, auf Dauer Vertrauen zu haben und zu bekommen. So schön es ist, währt es selten lange. Es stellen sich Fragen – was das jetzt soll, es war doch ein anderer Ton vereinbart. Ein falscher Zungenschlag, vielleicht aus Versehen, kann massiv irritieren, bringt eine Unwucht ins Verhältnis.

Wir sollten Habeck dankbar sein für seinen Wutausbruch

Politik ist Konkurrenz. In der Politik gibt es selten eine Grundlage dafür, einander zu vertrauen. So gut wie niemand hat geglaubt, dass die Eintracht, die am Anfang der Dreierkoalition herrschte, ewigen Bestand haben würde. Aus dem Leben weiß man, dass Dreierkonstellationen ihre Tücken haben. Entweder einigen sich zwei und der Dritte fühlt sich ausgeschlossen, oder jeder der Drei macht das Seine – und so ergibt sich kein Ganzes mehr.

Im Grunde sollten wir Robert Habeck dankbar für seinen Wutausbruch zur besten Sendezeit sein. Er sprach ja nur aus, was jeder sehen konnte: Das Vertrauen ist verloren gegangen. Misstrauen ist gesät. Misstrauen aber zersetzt, gräbt sich in die Seelen. Hat es sich erst einmal ausgedehnt, gehen die Schotten herunter und jeder denkt nur noch an sein Überleben. Die existenziell bedrohte FDP denkt an ihre Klientel, die Grünen verzweifeln am gemeinsamen Projekt und die SPD wirkt geistesabwesend.

Das Ganze muss der Kanzler zusammenhalten, wer denn sonst. Wie er dafür sorgt, laut oder leise, mit Machtwort oder kraft seiner Amtsautorität, folgt aus seiner Mentalität. Olaf Scholz wirkt manchmal unbeteiligt, was eine Stärke sein kann, weil er den anderen erst einmal beim Tanzen zuschaut, bevor er eingreift. Es kann aber genauso gut eine Schwäche sein, wenn er zu lange passiv bleibt, wozu er neigt. Natürlich kann der Kanzler nicht andauernd dazwischen schlagen, aber er sollte schon zeigen, wo der Hammer hängt. Aber wo hängt er?

Berliner Entscheidungen waren eine Überraschung

Momentan hängt er anderswo. Der bundesweite Streik heute ist vielleicht nur der Anfang von Verhältnissen, die nicht unbedingt wie in Frankreich ausarten müssen, aber die Regierung hat zweifellos ein Problem – eines mehr neben all den anderen. Und da ist noch ein Zeichen an einer anderen Wand, das die Koalition lesen sollte. Geschrieben haben es die Berliner gleich zweimal kurz hintereinander: Zuerst wählten sie ihr Dreierbündnis wegen Kompetenzmangels ab, und am Sonntag haben sie den Volksentscheid für beschleunigten Klimaschutz abgelehnt. Beides war eine Überraschung in diesem hitzigen, experimentierfreudigen Biotop.

Da dreht sich vielleicht etwas, da ändert sich womöglich etwas im Land. Die Herren Scholz, Lindner und Habeck tun gut daran, diesen Zeichen Beachtung zu schenken. Womöglich haben die Wähler und Bürger in den letzten Jahren genug an Zumutungen erlebt, von der Pandemie über die Folgen des Ukraine-Krieges bis zum Klimawandel. Diese Erfahrung, dass Zumutungen endlich sind, mussten etliche Vorgänger von Olaf Scholz machen, zum Beispiel Helmut Schmidt mit seiner eigenen Partei oder Helmut Kohl im Gefolge der Wiedervereinigung. Jeder von ihnen musste einsehen, dass Überpolitisierung zu ihrem Nachteil ausschlägt.

Regierung sollte Dinge neu sortieren und besser erklären

Wenn das Vertrauen innerhalb der Koalition aufgebraucht ist, wie sollen dann die Wähler, vor allem diejenigen, die diese Regierung nicht gewählt haben, das nötige Vertrauen entwickeln, dass der Klimawandel im richtigen Tempo, mit den richtigen Optionen traktiert wird? Vertrauensverlust dort wird mit Vertrauensverlust hier erwidert. Das ist menschlich verständlich und politisch nur konsequent. Und es ist fatal für die ökologische Transformation der Gesellschaft.

Die Regierung sollte die Dinge neu sortieren und besser erklären. Wärmepumpen ja, aber ohne Sanierung der Gebäude sind sie unwirksam, aber was kostet das alles zusammen? Autos wird es weiterhin geben, aber muss Stigmatisierung sein? Die Reihe kann beliebig fortgesetzt werden.

Die Menschen mitnehmen, heißt das im politischen Gefühlsdeutsch. Die Regierung muss Vertrauen in sich selber zurückgewinnen, sonst wird sie scheitern. Und nur, wenn sie Vertrauen ausstrahlt, kann sie Vertrauen zurückgewinnen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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