Kommunalwahlen in der Türkei Nach Ankara geht wohl auch Istanbul an die Erdogan-Gegner
Bei den Kommunalwahlen in der Türkei zeichnet sich eine Niederlage der Erdogan-Partei AKP immer deutlicher ab. Die Türkische Gemeinde in Deutschland spricht von einer Chance für das Land.
Nach den Kommunalwahlen in der Türkei liegt auch in Istanbul der Oppositionskandidat in Führung. Der CHP-Kandidat Ekrem Imamoglu habe einen Vorsprung von fast 28.000 Stimmen, erklärte der Chef der Hohen Wahlkommission, Sadi Güven. Imamoglu kommt den vorläufigen Ergebnissen zufolge auf 4.159.650 Stimmen und der Kandidat der AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan, Ex-Ministerpräsident Binali Yildirim, auf 4.131.761 Stimmen.
In der Hauptstadt Ankara lag der Kandidat der CHP, Mansur Yavas, laut Wahlkommission bei mehr als 50 Prozent der Stimmen. AKP-Kandidat Mehmet Özhaseki kam dort auf rund 47 Prozent. Auch hier erklärte sich die CHP zum Sieger. Die AKP will nun Einspruch einlegen. Generalsekretär Fatih Sahin schrieb am frühen Morgen auf Twitter, die Partei werde "ihre Rechte nutzen". Es habe in Ankara "viele ungültige Stimmen und Regelwidrigkeiten" gegeben.
"Chance für die Türkei"
Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, hat die Ergebnisse der Kommunalwahlen begrüßt. Präsident Erdogan "hat die großen Städte verloren", sagte Sofuoglu den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschlands.
"Er muss jetzt mit oppositionellen Oberbürgermeistern arbeiten. Das ist eine Chance für die Türkei, miteinander in einen Dialog zu kommen." In jedem Fall zeigten die Wahlen und ihre Ergebnisse "die Sehnsucht der Menschen nach Demokratie", sagte Sofuoglu weiter.
Wahl von Gewalt überschattet
Rund 57 Millionen Türken waren am Sonntag aufgerufen, in 81 Provinzen Bürgermeister, Gemeinderäte und andere Kommunalpolitiker zu wählen. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 84 Prozent.
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Die Wahlen am Sonntag wurden von Zwischenfällen überschattet. In der Provinz Malatya wurden einem Parteisprecher zufolge zwei Mitglieder einer islamistischen Gruppierung erschossen. Laut Medienberichten wurde ein Verdächtiger festgenommen. Erdogan kündigte gründliche Ermittlungen an. Im ganzen Land waren rund 53.000 Polizisten und Sicherheitskräfte im Einsatz, um die Stimmabgaben zu sichern.
- Nachrichtenagenturen AFP, Reuters