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Puigdemont festgenommen: Kann Asyl ihn vor einer Strafe bewahren?


Kataloniens Ex-Präsident
Puigdemont will offenbar Asyl in Deutschland beantragen

Von dpa, reuters, df, mvl

Aktualisiert am 26.03.2018Lesedauer: 3 Min.
Der frühere katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont: "Die Vollstreckung eines europäischen Haftbefehls hat Vorrang vor einem Asylverfahren", heißt es vom schleswig-holsteinischen Innenministerium.Vergrößern des Bildes
Der frühere katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont: "Die Vollstreckung eines europäischen Haftbefehls hat Vorrang vor einem Asylverfahren", heißt es vom schleswig-holsteinischen Innenministerium. (Quelle: Manu Fernandez/ap)
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Der katalanische Ex-Regionalpräsident Puigdemont ist am Vormittag an der A7 in Schleswig-Holstein festgenommen worden. Kann er sich mit einem Asylantrag der Strafverfolgung entziehen?

Der in Schleswig-Holstein festgenommene katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont erwägt offenbar, einen Asylantrag in Deutschland zu stellen. Dies berichteten die "Kieler Nachrichten" unter Berufung auf Justizkreise. "Sollte er dies tun, wird der Asylantrag wie jeder andere vom Bundesamt für Migration (Bamf) geprüft werden", sagte Sprecher des schleswig-holsteinischen Innenministeriums der Zeitung.

Allerdings stünden die Chancen nicht gut: "Strafverfolgung beziehungsweise die Vollstreckung eines europäischen Haftbefehls hat Vorrang vor einem Asylverfahren." Letztlich obliege die Entscheidung aber der Generalstaatsanwaltschaft und dem Bundesamt.

Puigdemont war nach seiner Festnahme am Sonntagvormittag in die Justizvollzugsanstalt Neumünster gebracht worden. Ein dunkler Kleintransporter mit abgedunkelten Scheiben fuhr kurz nach 15 Uhr auf das dortige Gelände. Eine offizielle Bestätigung dafür, dass sich Puigdemont in dem Wagen befand, gab es nicht. Schleswig-Holsteins Vize-Generalstaatsanwalt Ralph Döpper wollte aus Sicherheitsgründen keine Angaben über den Aufenthaltsort des Politikers machen.

Puigdemont soll am Montag einem Amtsrichter vorgeführt werden. Das Gericht werde zunächst lediglich die Identität Puigdemonts prüfen, erklärte die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig am späten Sonntagnachmittag. Ob er in Auslieferungshaft genommen wird, werde dann das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht in Schleswig entscheiden. Das Gericht werde zudem prüfen, ob eine Übergabe von Puigdemont an die spanischen Behörden "rechtlich zulässig ist".

Wird Puigdemont an Spanien ausgeliefert?

Puigdemont war am späten Vormittag nach der Einreise aus Dänemark in Deutschland festgenommen worden. Grundlage für die Festnahme sei ein europäischer Haftbefehl, erklärte die Polizei. Derzeit prüft die Generalstaatsanwaltschaft, wie lange Puigdemont auf dessen Basis in Gewahrsam bleiben könne.

Entscheidung kam offenbar zu spät

Kräfte der Landespolizei Schleswig-Holstein hatten Puigdemont um 11.19 Uhr auf der A7 festgenommen. Der 55-Jährige habe sich auf dem Rückweg aus Finnland nach Belgien befunden, sagte sein Sprecher Joan Maria Pique. Der im Brüsseler Exil lebende Puigdemont war zuletzt zu Gesprächen im finnischen Parlament und hatte zudem am Freitag an der Universität Helsinki eine Rede gehalten. Finnland hatte sich auf spanischen Antrag bereit erklärt, Puigdemont zu verhaften, doch kam die Entscheidung offenbar zu spät.

Puigdemonts belgischer Anwalt Paul Bekaert hatte nach eigenen Angaben bis Samstagabend noch keinen neuen internationalen Haftbefehl aus Spanien für seinen Mandanten gesehen. Er rechne mit einer Freilassung Puigdemonts unter Auflagen, wie Bekaert der belgischen Nachrichtenagentur Belga sagte. Der Oberste Gerichtshof Spaniens hatte am Freitag Strafverfahren gegen Puigdemont und weitere Regionalpolitiker eröffnet. Ihnen drohen bis zu 25 Jahre Haft.

"Wäre missbräuchlich und illegal"

Bekaert hatte im Gespräch mit der belgischen Nachrichtenagentur "Belga" weiterhin betont: "Die Ausstellung eines neuen europäischen Haftbefehls wäre missbräuchlich und illegal." Der sogenannte Europäische Haftbefehl vereinfacht und beschleunigt die Auslieferung eines Verdächtigen zwischen zwei Mitgliedstaaten der EU. Die Justizbehörden arbeiten dabei direkt zusammen, der diplomatische Weg wie beim traditionellen Auslieferungsverfahren entfällt. Grundsätzlich gilt, dass Entscheidungen in Strafsachen gegenseitig anerkannt werden und daher ein Gesuchter unproblematisch ausgeliefert werden kann.

Die spanische Justiz wirft Puigdemont und den anderen Politikern Rebellion, Aufruhr und Veruntreuung öffentlicher Mittel vor. Nach dem Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien im Oktober hatte Spanien schon einmal einen europäischen Haftbefehl gegen Puigdemont beantragt. Noch während in Belgien Anhörungen liefen, zog das Oberste Gericht in Spanien dies aber Anfang Dezember überraschend zurück.

Linke fordert sofortige Freilassung

Die Linke fordert, Puigdemont sofort wieder frei zu lassen. Die Festnahme sei eine "Schande", sagte der europapolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Andrej Hunko: "Puigdemont wurde auf Grundlage des EU-Haftbefehls festgenommen, weil er in Spanien wegen ,Rebellion' angeklagt ist." Rebellion sei aber kein europäischer Straftatbestand und gehöre nicht zu den 32 Delikten, nach denen auf Grundlage des EU-Haftbefehls ausgeliefert werden muss. "Spanien ist der einzige EU-Staat, der diesen vordemokratischen Straftatbestand hat", so Hunko. "Die Strafverfolgung ist ganz offensichtlich politisch motiviert."

Die Grünen fordern Verhandlungen der spanischen Regierung mit Katalonien unter Beteiligung Brüssels. "Der Fall zeigt: Es ist höchste Zeit, dass in Spanien ein politischer Ausweg gefunden wird", sagte die europapolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Franziska Brantner. Die Bundesregierung solle sich für eine Vermittlung der EU-Kommission einsetzen. Wie es mit Puigdemont weitergehe, sei nun Sache der Justiz.

Lambsdorff fordert Stellungnahme der Bundesregierung

Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff forderte eine zügige Stellungnahme der Bundesregierung. "Rechtlich ist die Verhaftung von Herrn Puigdemont nicht zu beanstanden, politisch aber schafft sie große Probleme", sagte er der "Augsburger Allgemeinen". Deutschland werde damit Partei im innerspanischen Verfassungskonflikt, was Belgien "tunlichst vermieden" habe.

Verwendete Quellen
  • dpa, Reuters
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